Der Pate des britischen Blues regiert seit einem halben Jahrhundert. Hier sind die Alben, die man nicht ablehnen kann.

Unverzichtbar: BLUES BREAKERS WITH ERIC CLAPTON John Mayall And The Bluesbreakers (1966)
Der unvermeidliche erste Kauf. Das BEANO genannte Album von 1966 ist der Höhepunkt des britischen Blues-Booms der 60er Jahre, Mayalls größter Moment und Claptons Sprungbrett. Vom gemächlichen Opener ›All Your Love‹ von Otis Rush über das feurige ›Hideaway‹ bis hin zu beschwingten Mayall-Stücken wie ›Key To Love‹ und ›Little Girl‹ – dies ist aufgedrehter Bluesrock, der den Balanceakt zwischen ehrfürchtig und aufregend perfekt beherrscht. Fast 50 Jahre, nachdem es Platz 6 der britischen Charts erreichte, behaupten einige, dass keiner der Beteiligten je wieder solche Höhen erklommen hat.

Unverzichtbar: A HARD ROAD John Mayall And The Bluesbreakers (1967)
Produzent Mike Vernon ging an die Decke, als die Bluesbreakers ohne Eric Clapton in den Decca-Studios ankamen. Er hätte keine Panik verbreiten müssen. Der neueste Schützling des gerissenen Mayall, ein 20-jähriger Nobody namens Peter Green, war absolut ebenbürtig, ob er seine Seele zum selbstverfassten Instrumental ›The Supernatural‹ bluten ließ, Freddie Kings ›The Stumble‹ explodieren ließ oder sich auf hervorragenden Originalen wie dem traurigen Titelstück mit Mayall duellierte. Green und Bassist McVie verabschiedeten sich noch im selben Jahr in Richtung Fleetwood Mac, doch ihr Vermächtnis ist ein Bluesbreakers-Album, das dem Clapton-Opus kaum nachsteht.

Wunderbar: CRUSADE John Mayall And The Bluesbreakers (1967)
Mayall war erzürnt, dass der Tod von J.B. Lenoir kaum gewürdigt wurde. CRUSADE war sein Versuch, dem Mainstream den Blues in den Rachen zu rammen. Nach Greens Ausstieg war sein Blick auf den Teenager Mick Taylor gefallen. CRUSADE wurde in nur sieben Stunden aufgenommen und gemixt, vielleicht der Grund für seine raue, spontane Genialität. Die Band erweist der Legende mit ›The Death Of J.B. Lenoir‹ die Ehre, während Taylor mit seinem umwerfenden Instrumental ›Snowy Wood‹ vielleicht sogar Eric Claptons ›Hideaway‹ den Rang abläuft.

Wunderbar: BLUES FROM LAUREL CANYON (1968)
Mayall verbrachte den Sommer 1968 in Frank Zappas Zuhause in Laurel Canyon. Dieses lose Konzeptalbum ist seine Postkarte und eröffnet mit dem Donnern eines landenden Flugzeugs (›Vacation‹), um dann mit pikanten Erzählungen von Musikern (›The Bear‹) und L.A.-Groupies (›Miss James‹) fortzufahren. Schlagzeuger Colin Allen und Bassist Steve Thompson sorgen für ein strammes Rückgrat, doch der Star hier ist der frühreife Mick Taylor, dessen beseelte Fingerarbeit seinen Einstieg bei den Stones im folgenden Jahr wie einen Abstieg erscheinen ließ.

Wunderbar: BARE WIRES John Mayall And The Bluesbreakers (1968)
Ein mutiger Schritt: Die CRUSADE-Rhythmussektion flog raus, dafür kamen Bläser, und das Album begann mit einer 23-minütigen Titel-Suite. Jazziger und textlich introspektiver, wurden weltoffene Hörer mit einer ganzen Reihe von Stücken belohnt, die bis heute glänzen, vom erdigen Funk auf ›No Reply‹ (Mick Taylor bearbeitete das Wah-Wah-Pedal mit der Hingabe eines Jimi Hendrix) zum trötenden Slow-Blues auf ›I‘m A Stranger‹. Traditionelle Bluesfans wurden hier auf die Probe gestellt, aber am Ende waren sich alle einig: Platz 3 in UK.

Wunderbar: THE TURNING POINT (1969)
Ende der 60er war der Mann, der den elektrischen Blues ins Rollen gebracht hatte, so ruhelos, dass er die Bluesbreakers entließ und ein Live-Album aufnahm, das er als „leise Musik“ bezeichnete. Ohne Trommeln und krachende Gitarren, dafür gab es nun John Almonds Saxofon und Jon Marks akustische Zupfnuancen – für einige sind dies die folkigsten und erdigsten Stücke in Mayalls gesamter Karriere. ›So Hard To Share‹ trieft vor Atmosphäre, ›I‘m Gonna Fight For You‹ klingt nach Lagerfeuer, aber das Highlight ist ›Room To Move‹, bis heute ein Höhepunkt bei Mayall-Konzerten.

Anhörbar: USA UNION (1970)
Eine komplett amerikanische Band zu rekrutieren, widersprach zwar dem Nationalstolz, doch das Line-up aus Harvey Mandel und Larry Taylor neben der emotionsgeladenen E-Geige von Don Harris erwies sich als potenter Mix. Mit seiner entspannten Stimmung ist es der Nachfolger im Geiste von THE TURNING POINT, und während das Material nicht ganz an dessen Klasse heranreicht, findet sich bei ›You Must Be Crazy‹ und ›Crying‹ immer noch reichlich Magie. Am besten ist ›Nature‘s Disappearing‹ mit seiner beißenden Polemik: „Der Mensch ist eine dreckige Kreatur, die Land, Wasser und Luft vergewaltigt“.

Anhörbar: BACK TO THE ROOTS (1971)
Starbesetzt war dieses Album: Neben Mayalls damaliger US-Band kehrten die Ex-Bluesbreakers Clapton, Taylor und Keef Hartley kurzzeitig zurück. Die Chemie ist zwar nicht dieselbe wie einst, doch es finden sich immer noch genug Juwelen auf dieser Platte, um in diese Aufstellung zu passen. ›Prisons On The Road‹ ist die Abrechnung mit dem täglichen Weg zur Arbeit und Taylor klang selten besser als auf ›Marriage Madness‹. Der Höhepunkt ist ›Accidental Suicide‹, in dem die Gastgitarristen gegeneinander antreten. Remixe erschienen auf ARCHIVE TO THE EIGHTIES, aber …ROOTS ist besser.

Anhörbar: JAZZ BLUES FUSION (1972)
Man sollte sich nicht vom Titel abschrecken lassen. Mayall lockte ein Spitzenteam aus Jazzern an – inklusive Gitarrist Freddy Robinson und Trompeter Blue Mitchell –, aber dieses Live-Album ist alles andere als Künstler-Gepose. Zwischen der Anarchie von ›Good Time Boogie‹ und dem metallischen Schwung von ›Mess Around‹ findet sich viel für Hardcore-Blueser, während die Fähigkeiten des Bandleaders an der Mundharmonika selten so beeindruckten wie auf ›Exercise In C Major‹. Mayall bezeichnete diese kurzlebige Truppe als „Dynamit“. Ein Album wie ein verdammt guter Abend auf der Piste.

Sonderbar: BIG MAN BLUES (2012)
John Mayall macht keine wirklich „schlechten“ Alben, aber hin und wieder gibt er sich etwas weniger Mühe. Man kann dieser Platte, aufgenommen Anfang der 80er und seither diverse Male neu aufgelegt, nicht viel vorwerfen. Das Line-up – insbesondere James Quill Smith ist ein fähiger Gitarrist – behauptet sich gut auf Stücken wie Jimmy Reeds ›Baby, What You Want Me To Do‹ und J.B. Lenoirs ›Mama Talk To Your Daughter‹. Doch es dominieren leider durchschnittliche Mayall-Originale wie ›John Lee Boogie‹ . Kein wirklicher Totalausfall, eher ein weiteres mittelmäßiges Bluesalbum. Und davon gibt es weiß Gott genug.
John Mayall und Alexis Korner sind die Schlüsselfiguren der britischen Bluesrockszene der 1960er Jahre.
Ohne sie wäre der Blues heute vermutlich tot, gestorben mit den vielen Blues-Heroen aus dem Mutterland des Blues, den
USA.
Happy Birthday, John Mayall!
Wie haben denn die aktuellen Werke oder die ’90 er Jahre Veröffentlichungen A sense of Place oder Wake up Call abgeschnitten?