Yacht-Pop-Sampler – für die Disse zu langsam, zum Wegwerfen viel zu schade!
Wer kennt nicht stereotype Bilder wie aus einer perfekten TV- Produktwerbung: Endlose Fahrten im Sportcoupé auf den kurvigen Highways von Los Angeles bei stets sonnigem Wetter und samtener Luft zum Anfassen. Albert Hammond vermittelte noch hemdsärmelig in ›It Never Rains In Southern California‹ ebenso einen Eindruck davon wie eine Dekade später Phil Carmen in ›On My Way To L.A.‹ Höher, schneller, weiter! Schöner, bunter, luxuriöser und kostspieliger könnte alternativ das Mantra von TOO SLOW TO DISCO VOL. 1 lauten – eine von Marcus Liesenfeld (DJ Super-markt) zusammengestellte Compilation über ein Genre aus einer noch durch Überfluss geprägten Ära. Von handfesten Rockanhängern mehr oder minder verächtlich Westcoast Pop, Soft Rock, Yacht Pop, Middle Of The Road oder amtlich AOR (Adult Oriented Rock) betitelt. Aus einer Zeit, als der seinerzeit modern Singer/Song-writer bezeichnete Troubadour aus der Hippie-Gegenkultur plötzlich den linken Politdiskurs wegsteckte, das Luxusleben entdeckte und glaubte, er müsse „funky“ Afroamerikanismen in seine Musik integrieren. Möglich machten das junge Manager in den Plattenkonzern wie David Geffen (Asylum, Geffen Records), die Produk-tionsbudgets noch unbegrenzt üppig bemaßen, anstatt elektronische Synthese noch ganze Orchester mit Bläsern und Streichern im Studio auffuhren und denen es schlicht egal war, über wie viele Monate ihr Künstler für ein Album im Studio hantierte. Für den perfekten Auftakt sorgt ›Get It Up For Love‹, durch eine nicht minder famose Version von David Cassidy zu Hitehren gelangt, im Original aber von Ned Doheny, dem im Studio schon mal die kompletten Eagles aushalfen. ›Escape (The Piña Colada Song)‹ oder ›Him‹ dürften die zwar größeren Hits von Multitalent Rupert Holmes sein, dafür federt sein ›Deco Lady‹ aber majestätisch zwischen Philly Soul und Latin Jazz. Kein Geringerer als New-Orleans-Produzentenlegende Allen Toussaint nahm sich des ironischen ›Liverpool Fool‹ vom damals blutjungen Browning Bryant an. Als Harmoniesängerin von Linda Ronstadt und Neil Young kam die 1997 verstorbene Nicolette Larson zu Künstlerehren. ›Lotta Love‹, produziert von Ted Templeman (Montrose, Van Halen) und Mithilfe der Doobie Brothers eingespielt, rotierte seinerzeit auch in Deutschlands Diskotheken. Apropos Doobie Brothers: Auch sie dürfen nicht fehlen, allerdings mit dem mainstreamigen ›Losin’ End‹, als Tom Johnston schon sein Mikrofon an Michael McDonald übergeben hatte. Reichlich blitzblanken Soul und Funk verabreichen Bill und Bob Alessi, eineiige Zwillinge, mit ›Do You Feel It?‹. Als wohl bekannt erweist sich ›Saturday In The Park‹ von Chicago vom 72er Werk CHICAGO V. Fleetwood Macs ›Sugar Daddy‹, komponiert und gesungen von Christine McVie, stammt von jenem selbstbetitelten Werk, als Lindsay Bucking-ham und Stevie Nicks gerade das einstige britische Blues-Flaggschiff zu amerikanisieren begannen. Tony Joe White, ewig unterschätzter Sänger und Komponist, steuert komplett Laid Back ›I’ve Got A Thing About You Baby‹ bei. Space-Age-Jazz-Fusion liefert die Jan Hammer Group mit ›Don’t You Know‹. Schließlich wirkte Hammer, bevor er in die Staaten emigrierte, bei Peter „Raumpatrouille“ Thomas im Studio mit – und gelernt ist schließlich gelernt.