Ein paar Minuten später schließt er ab: „Es ist für mich unmöglich zu verstehen, wie manche Menschen denken. Wieso sehen sie nur das, was sie nicht haben können? Sie haben ein Problem damit, sich zu bedanken. Statt sich zu bedanken, sagen sie: ‚Fuck you!‘ Im Übrigen kopiert niemand Phil Mogg. Auf Wiedersehen.“ Dann gab es Meinungsverschiedenheiten bei der Zusammenstellung des Albums im Record Plant Studio in New York. Schenker verlangte zum Beispiel, dass ein anderer Take von ›Rock Bottom‹ verwendet werden sollte als der, den Nevison ausgewählt hatte. Als STRANGERS am 2. Januar 1979 veröffentlicht wurde, war Schenker schon nicht mehr in der Band. „Er ist ganz schön viel gelaufen, nicht wahr?“, sagt Mogg. „Er hat das Leder seiner Schuhe abgewetzt. Du liebe Güte. Er läuft immer vor irgendwas davon. Ich weiß gar nicht mehr, wann er tatsächlich ausgestiegen ist. Ich kann mich daran erinnern, dass er das Album noch mit genauso viel Begeisterung gemacht hat wie alle anderen. Und dass er ständig irgendwas austauschen wollte, bis Ron schließlich sagte: ‚Ich werde verdammt noch mal nichts austauschen. Das ist ein Livealbum‘. Und Michael sagte: ‚Armes, armes ›Rock Bottom‹, und verließ den Raum. Dann sahen wir ihn eine Weile nicht.
Das Traurige für alle Beteiligten war, dass dies geschah, als die Band einen Höhepunkt erreicht hatte. UFO entwickelten sich dann zu einem poppigeren Sound weiter. Schenker stieg kurzzeitig wieder bei den Scorpions ein und gründete dann seine eigene Band. Keinerv on ihnen machte je wieder bessere Musik als das, was sie bis zu jenem Zeitpunkt abgeliefert hatten. Dazu kamen noch Geldprobleme. Als UFO 1980 beim Reading Festival als Headliner auftraten, kassierten sie dafür 86.000 Pfund, doch die Bandmitglieder bekamen davon nur jeweils 1.000 Pfund, außer dem Neueinstieg Neil Carter, der die Hälfte erhielt. Als UFO schließlich 1983 das Handtuch warfen, war Mogg so arm, dass er bei einem Freund wohnen und Arbeitslosengeld beantragen musste.
Doch STRANGERS war eine besondere Zeit für UFO. Es ist eines jener seltenen Livealben, auf denen die Interaktion zwischen allen Mitgliedern perfekt ist –nicht nur Schenkers grandiose Leadgitarre, sondern auch Moggs Macht über das Publikum (interessanterweise erwähnt Schenker die „Monotonie“ von Moggs Stimme, hält aber fest, dass sie sich perfekt mit seinem eigenen Melodiegespür zu etwas Großem vereinte, das sie jeder für sich allein nicht hätten erzielen können). Parkers Schlagzeug ist bombastisch, und man sollte nicht die Leistungen der beiden schon Verstorbenen vergessen: Way und Raymond waren ebenso unverzichtbare Bestandteile des Sounds von STRANGERS IN THE NIGHT wie Mogg und Schenker. Die neue, erweiterte Fassung des Albums zollt ihnen Tribut.
Selbst Schenker, der sich nach dem Erscheinen des Albums gnadenlos über die Mängel äußerte, hat seinen Frieden damit geschlossen: „Heute klingt STRANGERS IN THE NIGHT für mich gut, weil ich nicht mehr drinstecke. Ich habe Abstand dazu und höre es anders. Es wirkt sich anders auf mich aus, weil es so beliebt wurde. Alle mögen es und man wird automatisch Teil dieser Welle. Alles beeinflusst deine spätere Meinung.“ Parkers Reaktion ist weniger komplex: „Wir waren am Gipfel unserer Karriere und es verkörpert einfach die Band. Es wird immer mein Lieblingsalbum sein.“ Und seien wir ehrlich, meines und wahrscheinlich deines auch. STRAN-GERS IN THE NIGHT ist eben das definierende Statement von UFO.
(Text: Michael Hann)