Bon Jovi: Solide Mittelklasse, soweit das Auge reicht

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Bon Jovi: Solide Mittelklasse, soweit das Auge reicht

Trotzdem war es der Legende nach lediglich John Bongiovi, der kurze Zeit später einen Plattenvertrag mit Mercury Records unterzeichnete. Er soll sich zwar ein wenig gesträubt haben, aber letztlich beugte er sich doch dem Labelwunsch und lieh der Band seinen Namen. Gleichzeitig wurde er zu Jon Bon Jovi, und nicht viel später griff auch David Rashbaum auf das ethnisch unverfänglichere David Bryan zurück. Das zeigt, dass die Band – oder zumindest ihre Drahtzieher im Hintergrund – von Anfang an auf ein pflegeleichtes Image bedacht waren. Rock’n’Roll-Rebellion? Fehlanzeige! Kurz darauf löste Richie Sambora Dave Sabo an der Gitarre ab, Bon Jovi nahmen 1983 ihr selbstbetiteltes Debütalbum auf und feierten mit ›Runaway‹ ihren ersten Billboard-Top-40-Hit – auch wenn außer Jon Bon Jovi selbst kein Bandmitglied an der Nummer beteiligt war.

Das war allerdings nicht der einzige versteckte Hinweis darauf, dass Bon Jovi von Anfang an wie eine Pop-Band agierten. Auch eine von Produzent Tony Bongiovi angestrengte Klage auf Einnahmebeteiligung mag als Indiz dafür gewertet werden: Er betrachtete sich als Miterfinder des Bon-Jovi-Sounds. Die breite Öffentlichkeit sah das Quintett derweil in einem anderen Licht, denn erste Arena- und Stadionluft schnupperte die Band 1984 im Vorprogramm von Kiss und den Scorpions. Musikalisch verfolgten sie aber schon damals andere Ziele: Der prominente Einsatz der Keyboards auf ihrem ersten Album und das bereits unverkennbare Faible für poppige Eingängigkeit und Mitsing-Refrains unterstrich, dass sich Bon Jovi von Anfang an zu Größerem berufen fühlten.
Kaum ein Jahr nach dem Erstling erschien mit 7800° FAHRENHEIT bereits das zweite, stilistisch ähnlich angelegte Album. Kommerziell trat die Band damit allerdings etwas auf der Stelle und Singles wie ›Only Lonely‹ und ›In And Out Of Love‹ waren schnell wieder vergessen. Im Mai 1985 absolvierten Bon Jovi dann ihre ersten Auftritte als Headliner in Deutschland. In Sälen wie dem Kulturhaus Käfertal in Mannheim oder dem Volksbildungsheim in Frankfurt beschlich die Band allerdings vermutlich das Gefühl, dass es nicht verkehrt sein könne, eine Abkürzung in den Rockstar-Himmel zu nehmen.

1986 änderten Bon Jovi ihre Strategie. Anstatt sich auf selbst geschriebene Titel zu verlassen, baten sie Songwriting-Profi Desmond Child um Unterstützung. Außerdem griffen sie auf die Hilfe des kanadischen Produzenten Bruce Fairbairn zurück, der zuvor gerade erfolgreich mit Blue Öyster Cult und – für Bon Jovi die größere Inspiration – Loverboy zusammengearbeitet hatte. Um ganz sicherzugehen, wurden die fertigen Songs dann sogar Teenagern in und um New Jersey vorgespielt, bevor das finale Tracklisting und die Reihenfolge des dritten Albums festgelegt wurden. Ein Genickschuss für die Glaubwürdigkeit der Band, doch kommerziell zahlte es sich aus: SLIPPERY WHEN WET verkaufte sich bis heute weltweit fast 30 Millionen Mal, die Singles ›You Give Love A Bad Name‹, ›Livin‘ On A Prayer‹ und ›Wanted Dead Or Alive‹ stürmten die Charts und erfreuen sich bis heute ungebrochener Beliebtheit.

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