Billy Corgan verhebt sich mit seiner Rockoper
ATUM, eine Rockoper in drei Akten, ist der letzte Teil einer Konzeptalbum-Trilogie, die 1995 mit MELLON COLLIE AND THE INFINITE SADNESS begann und 2000 mit MACHINA/THE MACHINES OF GOD fortgesetzt wurde. Frontmann Billy Corgan hatte die Idee für die neue Rockoper bereits vor Jahren, aber erst die Pandemie gab ihm die nötige Zeit, sie zu vollenden. ATUM enthält insgesamt 33 Tracks, auf vier LPs. Außerdem gibt es eine limitierte Box, in der sich weitere zehn unveröffentlichte Stücke finden, verteilt auf fünf 7-inch-Singles. Neben Corgan (Gesang, Gitarre, Bass, Keyboards) und Langzeit-Gitarrist Jeff Schroeder gehören nach wie vor die Originalmitglieder James Iha (Gitarre) und Jimmy Chamberlain (Schlagzeug) zur Besetzung. 33 Songs zu verdauen ist erstmal eine harte Aufgabe. Vor allem, weil es darunter einige wirklich schlimme Momente gibt, mit einem Schlagzeug-Sound geradewegs aus der Hölle. Die Frage sei hier erlaubt, was zum Henker ein großartiger Drummer wie Chamberlain wohl davon hält, scheinbar überwiegend durch Doktor Avalanche ersetzworden zu sein. Nach CYR sind auf ATUM zwar wieder ein paar mehr Gitarren enthalten, leider ist die Produktion derart unangenehm, dass man sich im falschen Film wähnt. Unerfreuliche 80s-Synthie-Keyboard-Klänge (und das sage ich mit allem nötigen Respekt für Depeche Mode, Ultravox, New Order, Tears For Fears, OMD) in einer seelenlosen und glatten Studio-Atmosphäre. Beispiele gefällig? ›Hooray!‹, eine Melange aus Gottlieb Wendehals und Boney M. mit Karneval-Orgel, oder auch ›The Gold Mask‹. Der Rauswerfer ›Of Wings‹, eine totale Verarsche, macht einen dann echt wütend. Erzählt wird auf dem Album eine epische interplanetarische Geschichte, die in einer nicht allzu fernen Zukunft spielt (kein Wunder, dass es für unsere Zukunft düster aussieht). Zur Aufklärung kann man Corgans Podcast „Thirty Three“ hören, in dem er alle Lieder in epischer Form auseinandernimmt und mit der ATUM-Story verknüpft. Natürlich ist nicht alles schlecht, es gibt auch charmante Momente, nur sind die viel zu rar. ›Beguiled‹ hat ein gutes Riff (auch wenn die Drums nerven), selbiges gilt für ›Harmageddon‹ (hier nervt nicht mal das Schlagzeug). Bei ›Empires‹ sind sogar die Drums echt. ›Spellbinding‹ ist toller Pop, hier passt der unsägliche Doktor wenigstens mal ins Bild. Insgesamt gilt aber: zu lang, zu viele Songs, zu wenig Ideen, zu viel Stückwerk. „What could go wrong?“ fragt Corgan in ›Hooligan‹ – die Antwort liefert er mit ATUM selber.
4 von 10 Punkten
Smashing Pumpkins
ATUM: A ROCK OPERA IN THREE ACTS
MARTHA’S MUSIC/THIRTY TIGERS/MEMBRAN