Obwohl sie auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher wirken könnten, so strahlen Sam, Jan und Sascha im Interview doch denselben Feuereifer, dieselbe Leidenschaft für The Pill aus – jene Band, die sie erst vor kurzem gemeinsam aus der Taufe gehoben haben. „Durch Sams Anwesenheit in der Band habe ich viel dazugelernt, vor allem was die Kommunikation untereinander betrifft. Unter Männern trinkt man gerne mal was weg oder man klopft sich nur kurz auf die Schulter, jetzt sprechen wir wirklich miteinander. Das ist etwas ganz Wundervolles!“, so Bassist Jan ehrlich erfreut über die psychologische und künstlerische Dynamik des Quintetts aus Frankfurt. Die Instrumentalisten von The Pill kennen sich lange, haben seit den 90ern gemeinsam in Hardcore-Bands gespielt und ihre Jugendjahre in aufgeheizten Clubs und stickigen Vans verbracht. Nach einer längeren Pause juckte es Sascha, Jan, Tobias und Philipp erneut in den Fingern, während Corona fanden sie deswegen musikalisch wieder zueinander. Doch ein entscheidendes Puzzle-Teil wollte sich auch nach diversen Casting-Versuchen nicht finden lassen: eine passende Person hinter dem Mikro – da man laut Drummer Sascha „nicht diese*n klassische*n Hardcore-Shouter*in“ suchte. Geklickt hat es erst – Obacht: digitales Märchen im Anmarsch – als sich beide Seiten in letzter Verzweiflung bei einer Musik-Dating-App anmelden und durch den Hashtag #blackflag zueinander finden.
„Als wir uns zum ersten Mal im Proberaum trafen, war das für mich wie eine Offenbarung. Innerhalb kürzester Zeit hatten wir alle ein richtig fettes Lächeln im Gesicht, weil jeder gespürt hat, dass hier gerade etwas Besonderes passiert. Ich dachte mir nur: ‘Oh Gott, hoffentlich fühlen die das auch, hoffentlich wird das was.’“, erzählt Sängerin Sam, die auf den ersten, klischee-behafteten Blick nicht zwingend wie die Frontfrau einer Hardcore-Band wirkt. Die Künstlerin und Influencerin strahlt neben Lebensfreude und Selbstbewusstsein eine gewisse Zerbrechlichkeit aus, doch wenn sie das Mikrofon an die Lippen führt, wird ein gewichtiger Kontrast zu diesem zarten Eindruck zementiert. Sie kann shouten, singen, dem Publikum vokal eins auf die Fresse geben, all dies mit kritischen Texten, die gesellschaftliche Fassaden einreißen. In Kombination mit den vier Männern eine ungewöhnliche, dabei absolut authentische und energiegeladene Mischung, die dazu führte, dass The Pill schon nach sechs Monaten gemeinsamer Sache ihr erstes Album HOLLYWOOD SMILE aufnahmen. Zehn Tracks in DIY-Manier, 20 Minuten, „kein Ballast“, keine Umwege. „Klar haben wir uns kurz gefragt, ob es zu früh ist, eine Platte aufzunehmen. Doch dann dachten wir uns: ‘Scheißegal, was später ist, wir wollen dieses Momentum einfangen, das wir gerade haben.’ Wir wussten: so ein Gefühl, das kriegen wir vielleicht nie wieder. Sturm und Drang sozusagen.“, erklärt Jan und Sascha ergänzt: „Ich bin total froh, dass diese Band in der Lage war, diesen Moment zu erkennen. Als wir die Platte zum ersten Mal gehört haben, war uns allen klar: Wir haben noch nie so geile Musik gemacht!“ Seitdem läuft es für das kreative Kollektiv: das Quintett hat das Hamburger Label Sounds Of Subterrania von sich überzeugen und schon nach ein paar Konzerten große Support-Shows an Land ziehen können, die selbstgedrehten Videos werden zehntausende Male bei Youtube geclickt – kurzum: die Menschen haben Bock auf eine Band wie The Pill.