Symphony X

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Symphony X

Symphony XStarke Wehen

Mit ihrem jüngsten Album ICONOCLAST setzen SYMPHONY X mehr denn je auf Eigenständigkeit. Marktforscher hätten ihnen allerdings mehr Dringlichkeit empfohlen.

So groß wie in den zurückliegenden Monaten war die Chance einer Wachablösung wohl noch nie: Seitdem Schlagzeuger Mike Portnoy die Prog Metal-Fürsten Dream Theater mit Pauken und Trompeten verlassen und damit für Ratlosigkeit bei Plattenfirma, Management und Fans gesorgt hat, ist die Position des Szene-Olymps scheinbar unbesetzt. Die heißesten Anwärter auf eine legitime Thronfolge wären Symphony X, doch die denken gar nicht daran, in den Wettbewerb einzusteigen: „Ich habe unser Verhältnis zu Dream Theater noch nie als Konkurrenzsituation betrachtet“, erklärt Gitarrist Michael Romeo, „es gibt zwar sicherlich ein paar Ähnlichkeiten, aber insgesamt überwiegen die Unterschiede.“

Mittlerweile ist es ohnehin etwas zu spät, an der bisherigen Hierarchie zu kratzen – denn während das neue Symphony X-Opus ICONOCLAST ein ums andere Mal verschoben worden ist und erst jetzt, rund zehn Monate nach der ursprünglich geplanten Veröffentlichung, offiziell erscheint, haben Dream Theater bereits wieder Fahrt aufgenommen. Für Portnoy ist Mike Mangini gekommen, die Arbeiten am neuen Opus laufen bereits auf Hochtouren. „Für uns spielen all diese Überlegungen sowieso keine Rolle“, legt Romeo noch einmal nach. „Wenn wir auf Dream Theater schielen würden, müssten wir ja auch ein ähnliches Produkt abliefern. Doch davon kann bei ICONOCLAST ja keine Rede sein.“

Nun, das zumindest ist so eindeutig nicht. Symphony X zeigen sich anno 2011 durchaus auf Augenhöhe mit den Kollegen, kompositorisch und handwerklich sowieso. Was da an filigranen Fingerfertigkeiten und Virtuosität zu Tage tritt, hätte so oder ähnlich auch von den Herren Myung, Petrucci oder Rudess stammen können. Doch Romeo geht es um etwas ganz anderes: „Als ich anfing, die ersten Ideen für ICONOCLAST zu sammeln, fiel mir die Ähnlichkeit zu unserem Vorgängeralbum PARADISE LOST auf. Daher suchte ich nach einem neuen Ansatz, nach einer Idee, die sich von unseren bisherigen Scheiben abhebt. Es dauerte einige Zeit, bis ich das richtige Konzept gefunden hatte.“

Der Symphony X-Gitarrist charakterisiert das thematischen Zentrum von ICONOCLAST mit zwei Worten: mechanisch und künstlich. „Ich fing an zu experimentieren, den Song-Bruchstücken ein mechanisches Grundgerüst zu verpassen. Dann schickte ich ein paar Muster-Dateien zu meinen Bandkollegen und fragte sie nach ihrer Meinung. Ihre Reaktionen waren absolut positiv. Von da an war klar, dass die neuen Songs in diese Richtung gehen würden.“
Für Michael Romeo unterscheidet sich ICONOCLAST aber nicht nur in Sachen Grundidee von Scheiben wie eben PARADISE LOST (2007) oder THE ODYSSEY (2002), sondern zusätzlich auch in punkto Sound und Attitüde. „Wir probten die Songs vor dem Studiotermin absichtlich nicht allzu ausgiebig, um uns während der Aufnahmen noch Improvisationsmöglichkeiten offen zu halten. Wir wussten, dass wir den Stücken einen ganz eigenen Charakter verleihen müssen, einen Klang, der nicht so organisch ausfällt wie auf PARADISE LOST, sondern ein eher künstliches Flair hat. Man hört dies vielleicht nicht sofort, aber unterschwellig ist es stets vorhanden.“

Damit erklärt sich auch der Zeitverzug des Albums, obwohl Romeo bereits im Sommer 2009 mit dem Komponieren angefangen hatte: Es waren die langen Tage und Nächte im Studio, die letztendlich dazu führten, dass er das Veröffentlichungsdatum immer weiter nach hinten verschieben musste. Als verschwendete Zeit betrachtet Romeo die harte Songwriting- und Arrangement-Phase aber nicht: „Jeder Tag, ach, jede Stunde im Studio war es wert. Denn es geht mir ja nicht darum, eine andere Band zu übertrumpfen, sondern vielmehr unserer eigenen Geschichte etwas Neues hinzuzufügen. Und das wäre bei einem Schnellschuss kaum möglich gewesen.“

Matthias Mineur

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