Ein Roman-Einstand nach Maß: Das Buch liest sich, als hätte der Country-Sänger schon Dutzende Bücher verfasst.
Als Americana-, Country- sowie Folk-Songwriter ist es Steve Earle schon gelungen, sich in unsere Herzen zu spielen beziehungsweise zu singen – nun hat er sich auch hineingeschrieben. Sein erster Roman dreht sich um Doc: einen Morphium-abhängigen Arzt, der seine Zulassung verloren hat, sich deswegen mit medizinischen Hilfstätigkeiten im Armenviertel der texanischen Stadt San Antonio durchschlagen muss und zu allem Überfluss auch noch von Hank Williams’ Geist verfolgt wird. Wobei: Eigentlich erscheint der Country-Haudegen dem Protagonisten Doc nur, wenn dieser sich einen ordentlichen Schuss verpasst hat. Am Hals hat er Williams, weil er ihm in dessen Todesnacht Morphium verabreicht und nicht gemerkt hat, dass sich Hank heimlich Hochprozentiges eingeflößt hatte. Abwechslung in Docs Leben bringt eines Tages Graciella – ein ausgestoßenes Mädchen, bei dem er eine Abtreibung vornimmt und das fortan bei ihm wohnt. Dem alten Hank gefällt es allerdings gar nicht, dass Doc so einen Narren an Graciella gefressen hat. Eine Situation, die Earle nicht treffender hätte umschreiben können als mit dem Titel eines Williams-Songs von 1952: ›I’ll Never Get Out Of This World Alive‹. Der „Nachwuchsautor“ überzeugt mit abgründigem Humor und einem untrüglichen Gespür für seine Figuren.