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STATUS QUO

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STATUS QUO

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Was noch vor wenigen Jahren als undenkbar galt, wurde im März 2013 bei neun ausverkauften Shows Realität: eine Wiedervereinigung der klassischen Besetzung von STATUS QUO. Wie kam es Anfang der 80er überhaupt zum Zerwürfnis? Und wie vor zwei Jahren zur Versöhnung? Und noch eine wichtige Frage: Wird es eine Fortsetzung der „Frantic Four“-Konzerte geben? Zu all diesen Themen beziehen die vier Beteiligten in CLASSIC ROCK ausführlich Stellung.

Text: Matthias Mineur

Den Pulitzer-Preis wird Francis Rossi wohl nicht bekommen, aber der sarkastische und zugegeben nicht ganz jugendfreie Humor und die Selbstironie, mit denen der Status-Quo-Chef einst die Möglichkeiten eines Comebacks der klassischen Besetzung bewertete, sind wahrlich druckreif: „Die Chancen stehen in etwa so gut wie die, seinen Schwanz in den eigenen Arsch schieben zu können unmöglich!“ Okay, diese Äußerung ist reichlich 20 Jahre her, aber sie dokumentiert, wie verhärtet die Fronten Anfang der 90er waren. Im Herbst 2013 sieht die Situation gänzlich anders aus: Noch immer kann sich Rossi zwar nicht seinen … na, sie wissen schon … aber das Comeback von Status Quo hat stattgefunden. Und irgendwie steht momentan sogar eine Fortsetzung der Feierlichkeiten im Raum. Man kann es kaum glauben.

Francis Rossi, Rick Parfitt, Alan Lancaster und John Coghlan, diese vier waren bis Anfang der 80er Status Quo, oder intern auch The Frantic Four, wie die Band 1977 auf ihrem ersten Livealbum angekündigt wurde. Ende der 70er befand sich das britische Quartett auf seinem ganz großen Höhenflug, füllte mühelos die größten Hallen und landete Hit an Hit. Geschmeidig war in den Jahren zuvor der Übergang von einer eher braven Popband zur Boogie-angetriebenen Rockgruppe gelungen. ›Pictures Of Matchstick Men‹ gehörte unwiderruflich der Vergangenheit an, ab 1972 schoss die Band aus allen Rohren: ›Down Down‹ war Quos erster Nummer-1-Hit in ihrer Heimat England, nur wenig später belegte das dazugehörende Album ON THE LEVEL ebenfalls die absolute Spitzenposition. Auch Songs wie ›Caroline‹ und ›Roll Over Lay Down‹ zeigten unmissverständlich die neue Richtung, in der lange Haare und Jeans, laute Gitarren und raue Riffs, aber auch wilde Partys, Alkohol und Drogen zu regieren begannen und die Atmosphäre zwischen den vier Musikern sukzessive verschlechterten.

Anfang der 80er war die Stimmung innerhalb der Band bereits nahe dem Nullpunkt angekommen. Schlagzeuger John Coghlan hatte als erster die Nase voll. Während der laufenden Produktion zu NEVER TOO LATE feuerte er in einem Schweizer Tonstudio, in dem die Band gerade arbeitete, mehrmals wütend die Drumsticks quer durch den Aufnahmeraum, bis Francis Rossi entschied: „Du bist raus! Endgültig!“ Rossi meinte es ernst und hatte innerhalb kürzester Zeit mit Pete Kirchner auch schon einen Ersatzmann gefunden. Der Mythos der eingeschworenen Gemeinschaft war damit nur noch Legende.

Umso mehr, als 1985 nach dem spektakulären Auftritt im Londoner Wembley Stadion anlässlich des Live-Aid- Spektakels auch Bassist Alan Lancaster die Band verließ. Zwischen ihm und Rossi hatte es länger schon gekriselt. Nach Lancasters Ausstieg schienen Status Quo am Ende zu sein, zumal auch Rossi keine Lust mehr hatte und sich als Solokünstler (Single: ›Jealousy‹) versuchte. Erfolglos. Als sich dann Vertigo, die Plattenfirma der Band, meldete und auf Einhaltung eines Vertrags pochte, der ein weiteres Status-Quo-Album vorsah, entschieden Rossi und Parfitt, ihre beiden ehemaligen Weggefährten Lancaster und Coghlan außen vor zu lassen. Stattdessen heuerten die beiden Quo-Gitarristen zur Komplettierung ihrer neuen Besetzung Bassist John Edwards und Schlagzeuger Jeff Rich an. Der in Australien lebende Alan Lancaster tobte und erwirkte einen richterlichen Beschluss, dass die neu- formierte Gruppe den legendären Namen nicht tragen dürfe. Kurzzeitig schien eine Fortsetzung von Status Quo gefährdet, aber Rossi und Parfitt legten Berufung ein und bekamen Recht.

Gleich ihr erster Versuch in neuer Konstellation war ein Millionenseller: IN THE ARMY NOW, dessen Titelsong, eine Covernummer aus der Feder des niederländischen Produzentenduos Bolland & Bolland (das Original erschien 1981), die Hitparaden hochschoss. Bis heute darf das Stück auf keiner feuchtfröhlichen Fete fehlen. Logisch, dass sich Rossi und Parfitt in ihrer Entscheidung bestätigt fühlten und in den kommenden fast 25 Jahren nur wenig Interesse an einer Wiederbelebung der Originalbesetzung hatten wobei Originalbesetzung eigentlich nicht ganz korrekt ist, denn zu der gehörte Ende der 60er Jahre auch Keyboarder Roy Lynes, der 1970 ausgestiegen war.

Rossis und Parfitts Einstellung änderte sich im Herbst 2011, als sich die vier ehemaligen Freunde erstmals wieder trafen, um an HELLO QUO teilzunehmen, einer Filmdokumentation über ihre eigene Karriere. Der zweieinhalbstündige Streifen erzählt in enger Zusammenarbeit mit den Bandmitgliedern die 50-jäh- rige Geschichte der englischen Rocklegende, von den ersten Anfängen als Schülerband bis in die Gegenwart hinein. Bei ihrem ersten Treffen nach über 30 Jahren kam es sogar zu einer kurzen Jamsession, die sofort Gerüchte schürte, dass es irgendwann tatsächlich noch einmal zu einem Comeback der Frantic Four kommen würde. Am 22. Oktober 2012 hatte HELLO QUO seine Premiere am Londoner Leicester Square, und siehe da: Plötzlich waren mit Rossi, Parfitt und Coghlan zumindest drei der vier Musiker auch öffentlich wieder friedlich vereint.

Rossi und der gesundheitlich angeschlagene Lancaster hatten sich zwei Jahre vorher in Australien ausgesprochen und ihre Animositäten beigelegt. Danach traf sich Rossi auch mit Lancasters Bruder, seiner Cousine und sogar mit der Mutter des früheren Quo-Bassisten: „Ich musste sie einfach wiedersehen, all diese wundervollen Menschen. Scheinbar musste ich erst 60 werden, um zu verstehen, wie sehr ich sie all die Jahre vermisst hatte. Leider konnte ich Alans Vater, der vor einigen Jahren verstorben ist, nicht mehr treffen.“

Die Teilnahme an der Filmdokumentation, vor allem aber die kurze Jamsession im November 2011 in einem Studio in Shepherd’s Bush, sorgten letztendlich dafür, dass im März 2013 etwas stattfand, worauf nicht einmal die treuesten Fans zu hoffen gewagt hatten: Neun Konzerte der klassischen Status Quo-Besetzung. Zwei Shows am 15. und 16. März 2013 im Londoner Hammersmith Apollo wurden mitgeschnitten und stehen seit Ende September unter dem Titel BACK 2 SQ1–LIVE AT HAMMERSMITH in den Plattenregalen. Auch wenn das spielerische Niveau mitunter zu wünschen übrig lässt und speziell Rossi mit der Menge an kleinen Ungereimtheiten und missglückten Einsätzen nicht so recht glücklich ist („Vieles von dem, was wir auf der Bühne geboten haben, war für meinen Geschmack zu unausgereift. Es gab Momente, in denen ich dachte: Mein Gott, klingt das schrecklich!“), hat er generell einen Schlussstrich unter die Zerwürfnisse der frühen 80er gezogen: „Ich finde den Gedanken unerträglich, dass Alan von seinen Anwälten damals regelrecht verarscht wurde. Sie ließen ihn glauben, dass man uns auf 30 Millionen englische Pfund Schadensersatz verklagen könnte. Der arme Bastard wurde schamlos ausgenutzt.“

Interview mit Rick Parfitt

»Ich nenne das, was wir heute machen, Quo Light.«

Rick, weshalb hat es eigentlich so lange gedauert, bis Francis und du euch mit John und Alan versöhnen konntet?
Der Konflikt und die Missverständnisse zwischen uns waren einfach zu groß. Es war eine schreckliche Situation, über die ich lange sehr traurig war. Immerhin haben wir vier unsere gesamte Jugend miteinander verbracht, und eigentlich ist das Leben doch viel zu kurz, um aus Freunden auf ewig Feinde zu machen.

Worin bestanden denn die Miss- verständnisse überhaupt?
Alan dachte offenbar, dass wir ihn wegen des Geldes rausgekickt hätten. Aber so etwas würden Francis und ich nie tun. Die Wahrheit ist, dass es einen Vertrag mit unserem Management gab, den Francis und ich aber nie gesehen haben. Als Alan dann seine Sachen packte, beschwerte er sich bei John, und der solidarisierte sich aus meines Erachtens falscher Loyalität mit ihm.

Es müssen aber doch noch andere Dinge zwischen euch im Raum gestanden haben, sonst hättet ihr doch 1986 stärker dar- auf gedrängt, dass Alan und John wieder mit im Boot sind.
Tatsache war, dass Francis nicht mehr mit Alan zusammenarbeiten wollte. Die beiden konnten einfach nicht mehr miteinander. Francis hatte 1984 die Nase voll und verließ die Band, damit war Status Quo am Ende. Doch ein Jahr später meldete sich unsere Plattenfirma und forderte: „Wir bekommen von euch laut gelten dem Vertrag noch ein Studioalbum.“ Wir hatten zu diesem Zeitpunkt jedoch überhaupt keine Band. Also schlug ich vor, dass John Edwards und Jeff Rich, mit denen ich mein Soloalbum RECORDED DELIVERY aufneh- men wollte, mit uns ins Studio gehen. Es funktionierte großartig und wir landeten mit IN THE ARMY NOW sofort einen riesigen Hit.

Wie war es, als ihr zur Vorbereitung der Reunion-Tour erstmals wieder mit John Coghlan und Alan Lancaster geprobt habt?
Natürlich war es eine tolle Sache, wir hatten uns so viel zu erzählen. Andererseits waren die ersten Versuche, wieder miteinander Musik zu machen, ziemlich grauenvoll. Wir merkten sofort, dass wir uns mächtig am Riemen reißen müs- sen, wenn dies nicht zur Blamage werden soll. Die Proben in der ersten Woche klangen fürchterlich, in der zweiten Woche wurde es dann etwas besser.

Warst du deshalb besonders nervös, als es dann schließlich auf die Bühne ging?
Und wie! Ich war seit ewigen Zeiten nicht mehr so aufgeregt. Dabei dachte ich, dass die Zeiten der Nervosität für mich endgültig vorbei seien. Man muss zugeben, dass die erste Show spielerisch nicht gerade die allerbeste war. Wir spielten nicht besonders tight, manche Song- Enden wurden sogar ziemlich vermurkst. Aber die Zuschauer feierten uns trotzdem, sie haben Status Quo sowieso noch nie als Pink Floyd angesehen.

Apropos: Du bist ein riesiger Fan von DARK SIDE OF THE MOON und erklärst häufig in Interviews, dass du immer noch darauf hoffst, dass Status Quo irgendwann ein ähnliches Meisterwerk gelingt.
Richtig. Oder ein Album wie HOTEL CALIFORNIA von den Eagles. Man muss sich ja immer neue Ziele setzen, sonst kann man als Musiker nicht weiterarbeiten. Und mein Ziel ist es nun einmal, eine Art Quo-Gegenstück zu DARK SIDE OF THE MOON oder HOTEL CALIFORNIA zu produzieren.

Du siehst keinen Klassiker in eurem Back-Katalog?
Oh doch, ich bin mit QUID PRO QUO (2011) oder HEAVY TRAFFIC (2002) sehr zufrieden. Und ich mag natürlich besonders unser 1973er- Album HELLO.

Damals noch in Originalbesetzung und mit mehr Rockattitüde als heute, oder?
Ja, da muss ich dir zustimmen: Die Originalbesetzung war härter, lauter und aufregender. Man kann dieses Line Up nicht reproduzieren, es waren damals einfach völlig andere Zeiten. Die originalen Status Quo waren absolut einmalig. Heute spielen wir zwar deutlich kommerzieller, wobei man aber dazu sagen muss, dass es technisch auf deutlich höherem Niveau als damals abläuft. Dennoch nenne ich das, was wir heute machen, Quo Light.

Du würdest dir also wünschen, dass es mehr als nur diese neun bisherigen Comeback-Shows geben würde. Eine Reunion- Besetzung auf Dauer?
Nein, das würde nicht funktionieren. John Coghlan und Alan Lancaster sind solch exzessives Touren, wie Francis und ich es seit vielen Jahren betreiben, gar nicht gewohnt. Das könnte nicht funktionieren. Ich würde das auch nicht wollen, denn wenn wir das versuchen, würde der Glanz dieser neun Reunion-Shows schnell verblassen. Es würde zur Normalität werden, das Außergewöhnliche wäre dann vorbei. Unsere Fans haben die Reunion-Konzerte genossen, sie sind aus allen Teilen der Welt zu diesen Shows gekommen, aber damit muss es nun auch beendet sein.

Keine einzige Fortsetzungsshow?
Ehrlich gesagt wird darüber momentan nachgedacht, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das machen sollten. So wie es bislang lief, war alles toll, man sollte dies Konzept nicht überstrapazieren.

Welche Songs der Reunion- Konzerte hast du am meisten genossen?
Die Stücke ›Blue Eyed Lady‹ und ›April Spring, Summer And Wednesdays‹ haben wir noch nie zuvor live gespielt, das war für mich natürlich ein besonderer Spaß. Auch ›Roadhouse Blues‹ gehörte viele Jahre nicht zum Programm, und ›Junior’s Wailing‹ als Opener zu spielen hat mir natürlich auch sehr gut gefallen.

Was sind deine Ziele mit der aktuellen Status-Quo-Besetzung für die nächsten Jahre?
Ach, ich weiß nicht, irgendetwas Neues, Spannendes kommt ja immer wieder auf uns zu, sei es ein weiterer Film, irgendwelche tollen Werbekampagnen. Ich bin jeden- falls mächtig gespannt auf die kommenden Jahre.

Interview mit John Caughlin

»Ich hatte die Nase voll von den endlosen Reisen, mich ödete es an, immer wieder das gleiche Zeugs zu spielen.«

John, wie war das für dich als du nach über 30 Jahren zu Status Quo zurückkamst: ein Deja-Vu?
Es war, als wenn man alte Freunde trifft. Wir hatten 31 Jahre nicht zusammen gespielt und ich war mächtig gespannt, wie das Publikum wohl reagieren würde. Die Zuschauer waren total aus dem Häuschen, es war eine Riesensause.

Wann wurdest du gefragt, ob du bei dieser Reunion mitmachst?
Im Herbst 2012. Sie fragten mich und ich zögerte keine Sekunde. Ich wusste, dass ich es machen will, weil es eine gute Sache ist.

Kamen dabei Erinnerungen an eure Anfänge in den frühen 60ern auf?
Oh ja, absolut, als ob es gestern gewesen wäre. Wir erlebten als junge Band eine aufregende Zeit. Wir spielten Gigs, hatten einige Hits und konnten plötzlich von unserer Musik leben. Wir mussten nicht mehr frühmorgens aufstehen und zu irgendeinem langweiligen Job gehen.

Du warst Automechaniker, nicht wahr?
Richtig. Meine Eltern waren der Meinung, dass es eine gute Sache sei, aber ich hasste den Job. Er war schmierig, schmutzig, ich musste früh aufstehen und kam spät heim. Ich fand’s schrecklich und war heilfroh, als ich endlich von der Musik leben konnte.

›Pictures Of Matchstick Men‹ spielt dabei eine wichtige Rolle, oder?
Absolut! ›Matchstick Men‹ war unser erster großer Hit. Eine grandiose Sache, die uns viele wichtige Türen öffnete. Danach kamen weitere tolle Songs, aber auch Phasen, in denen es nicht ganz so gut lief: Im Anschluss an ›Ice In The Sun‹ hatten wir keinen weiteren Singlehit, und das wurde zum Problem. Also entschieden wir, unser Image zu ändern.

Mehr Rock als Pop, längere Haare…
… ja, und natürlich Jeans. Wir erfanden uns gewissermaßen neu.

Griff das Konzept sofort?
Nein, nicht sofort, aber wir waren Schwierigkeiten gewohnt. Auch in den 60ern mussten wir häufig kämpfen. Andererseits gab es damals noch all die vielen Clubs, in denen man bis zu fünf Nächte pro Woche spielen konnte. Heute gibt es so etwas nicht mehr, mittlerweile sind alle diese Clubs geschlossen.

In den 70ern kamen dann die großen Tourneen.
Es war toll, wir spielten mit Gene Pitney, mit Amen Corner und Don Partridge, irgendwie waren wir pau- senlos unterwegs. Die 70er waren völlig anders als die 60er, auch weil unser neues Image zu greifen begann und einige großartige Hits hervorbrachte.

Welches sind deiner Meinung nach die Höhepunkte dieser Ära?
Für mich sind ›Down The Dustpipe‹, ›In My Chair‹, ›Paper Lane‹, ›Caroline‹ und ›Down Down‹ diejenigen Songs, an die ich mich besonders gerne erinnere. Wir wurden rockiger, ich fand das toll.

Ihr habt den Amerikanern vorgemacht, wie Rockmusik klingen sollte.
Na ja, die Amerikaner hatten ja auch großartige Bands. Wir tourten in den Staaten mit ZZ Top und Aerosmith. Aber es stimmt, dass wir irgendwie anders klangen. Wir waren halt Engländer, die amerikanischen Bands hatten mehr dieses Blues-Ding in ihren Songs.

Warum bist du 1981 ausgestiegen?
Ich war müde von den endlosen Tourneen. Ich brauchte eine Pause und stieg aus. Ein komplettes Jahr machte ich Urlaub, bevor ich wieder Lust verspürte, etwas Neues auszuprobieren. Ich hatte von den endlosen Reisen die Nase voll, mich ödete es an, immer und immer wieder das gleiche Zeugs zu spielen, die gleichen Dinge zu machen, die ständig gleichen Tagesabläufe. 1983 war ich dann wieder voller Ideen, formierte zusammen mit Phil Lynott die Gruppe Rockers, gründete anschließend Partners In Crime und danach die Band Diesel, ein anderer musikalischer Ansatz, der sich zwar stark von dem bei Status Quo unterschied, mir aber ebenfalls riesigen Spaß machte.

Du hast Status Quo also nie vermisst?
Nein, nie.

Hattest du Kontakt zu ihnen?
Kaum. Ich fuhr mal zu einem ihrer Gigs nach Oxford, um Hallo zu sagen, aber das war’s dann auch.

Haben sie dich vermisst?
Kein Ahnung, wenn ich ehrlich sein soll. Die Fans haben mich ja immer als den besten Drummer von Status Quo bezeichnet, weil ich diesen Shuffle-Groove perfektioniert hatte. Möglicherweise nervte es sie, dass die Fans immer nach mir fragten.

Du warst also nie eifersüchtig auf ihre riesigen Erfolge.
Nicht die Spur. Ich hatte genug anderes um die Ohren, kümmerte mich um meine Familie und so weiter. Immerhin habe ich heute eine Enkelin, auch nicht schlecht, oder?

Welches Gefühl war es, als du im März wieder mit ihnen auf der Bühne standest?
Zunächst handelte es sich ja nur ein kurzes Treffen bei der Premiere von HELLO QUO im Londoner Leicester Square. Die ersten richtigen Proben fanden erst statt, als die neun Shows der Reunion-Tour im März 2013 anstanden. Ich kannte zum Glück die meisten Songs in und auswendig, insofern war es für mich kein großes Problem, sondern purer Spaß.

Magst du alle Songs, die heute zum Repertoire von Status Quo gehören?
Na ja, zumindest die meisten. Wie alle anderen finde ich ›In The Army Now‹ toll. Aber es gibt auch Nummern, die mir nicht so sehr zusagen. Eine davon ist auf alle Fälle ›Marguerita Time‹, das Video dazu finde ich schrecklich albern, diese quietsche-gelben Jacken, einfach grauenhaft.

Wird es eine Fortsetzung der Reunion-Konzerte geben?
Keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Ich bin selbst sehr gespannt.

Interview mit Alan Lancaster

»Der reine Wahnsinn: eine Band zu zerstören, die vor 30.000 Fans spielt und viel Geld verdient. Kokain muss der Grund dafür gewesen sein.«

Alan, hast du eigentlich trotz all der Streitereien in den 80ern gute Erinnerungen an deine Zeit bei Status Quo?
Oh ja, absolut. Status Quo waren immer schon eine ganz besondere Band. Wir betrachteten unsere Anhänger nie als Fans sondern als Gefolgschaft, so wie beispielsweise beim Fußball. Dieses ganz besondere Verhältnis zwischen Musikern und ihren Anhängern hat sich nie geändert, es ist und war Teil des Konzepts. Unseren Anhängern haben wir alles zu verdanken, deshalb waren Status Quo auch nie ein Hype und wurden auch nie durch gezielte Werbung aufgebaut.

Was aber passierte 1985, als du gefeuert wurdest?
Gefeuert ist ein zu hartes Wort, ich würde es eher ausgebootet nennen. Was genau passiert ist, kann ich nur erahnen, aber ich denke, dass bei uns und beim Management zu viel Kokain im Spiel war. Anders kann ich es mir nicht erklären, denn man ist doch wahnsinnig, eine Band zu zerstören, die permanent vor 30.000 Fans spielt und viel Geld verdient. Wie gesagt: Kokain muss der Grund dafür gewesen sein.

Francis und Rick schienen mit dieser Entscheidung aber doch einverstanden zu sein.
Ich denke, dass sie im Grunde genommen gar nicht so genau wussten, was hinter den Kulissen gespielt wurde. Francis und Rick wollten uns ja überhaupt nicht loswerden. Aber die beiden waren in einer Zwickmühle, denn laut Vertrag mussten sie weiter als Status Quo arbeiten. Francis wollte mit der Sache damals eigentlich gar nichts mehr zu tun haben, aber er musste, weil es der Vertrag so vorsah.

Du hattest also keinen Groll mehr auf Francis, als du wegen der Reunion-Konzerte angefragt wurdest?
Nein, ich freute mich über die Anfrage. Francis und ich haben uns längst ausgesprochen, für uns ist die Beziehung wie eine Ehe oder Partnerschaft, in der es auch Höhen, Tiefen und Missverständnisse gibt. Das Problem ist doch:

Was immer hinter den Kulissen vermurkst wird, wir halten dafür den Kopf hin. Francis, John, Rick und ich wüssten doch gar nicht, wie man die finanziellen Angelegenheiten einer solch großen Band regelt. Wir brauchen Manage- ments und Plattenfirmen, die uns bei der Vermarktung helfen. Nein, zwischen Francis und mir gibt es keine Animositäten mehr, es stand sowieso nie etwas Persönliches zwischen uns.

Aber scheinbar ist es doch Francis, der eine Fortsetzung der Reunion-Shows ablehnt, oder?
Ja, es hängt offenbar von Francis Entscheidung ab. Francis mag die aktuelle Quo-Besetzung, er liebt die verbesserten Studiomöglichkeiten und die Art, wie er heutzutage Quo-Alben aufnimmt. Aber genau das hat mit der Originalbesetzung natürlich nichts mehr zu tun. Nur das originale Line-Up hat auch den originalen Sound. Status Quo klingen für mich nur dann nach Status Quo, wenn Francis, Rick, John und ich zusammen spielen.

Rick Parfitt nennt die aktuelle Besetzung nicht Status Quo sondern Quo Light.
Ja, ich weiß, das hat er mir auch erzählt. Für ihn ist Quo Light sein Broterwerb, aber dies hat nur wenig mit der Urbesetzung zu tun. Quo Light spielen einfach einen anderen Stil als Status Quo damals. Das konnte jeder hören, als wir jetzt unter dem Motto „The Frantic Four“ wieder loslegten.

Hast du dich gezielt auf diese Reunionkonzerte vorbereitet?
Nein, der Sound war automatisch sofort wieder da. Für mich war alles sogar noch leichter als damals, weil die Technik und die Rahmenbedingungen heutzutage viel professioneller geworden sind. Das Licht war toll, die PA großartig, wir hatten exzellente Monitorboxen, ich hätte noch viel länger spielen können. Man muss vor der Crew seinen Hut ziehen, sie hat einen wirklich professionellen Job abgeliefert.
Die Reaktionen der Leute waren geradezu umwerfend.

Stimmt. Die ersten Shows waren innerhalb weniger Stunden aus- verkauft, und das völlig ohne Werbung, woraufhin die Anzahl der Konzerte sofort verdoppelt wurde. Für mich war es ein Riesenspaß, meine Familie kam aus Australien angereist, mein Sohn und meine Tochter, um dabei zu sein. So gesehen war es für mich auch ein privates Highlight, obwohl das vorher so gar nicht geplant war.

Apropos Australien: Existiert deine Band Party Boys noch?
Oh ja, wenn wir in Australien mit den Party Boys auftreten, kommen bis zu 25.000 Zuschauer. Ich mag das, wohingegen ich Gigs in kleinen Clubs nicht sonderlich liebe. John ist da anders, er mag auch kleine Clubs. Ich dagegen möchte vor großem Publikum spielen, weshalb ich auf eine Fortsetzung der Tournee mit Status Quo hoffe. Falls Francis und Rick mich fragen, bin ich natürlich sofort wieder dabei.

Francis, hast du eigentlich ganz spezielle Erinnerungen an die Anfänge von Status Quo?
Nein, eher ein generelles Gefühl zu dieser Zeit. Wir waren damals viel jünger und hatten das Gefühl, dass wir gemeinsam die Welt besiegen könnten. Status Quo waren seiner- zeit eine verschworene Gemein- schaft, mit dem frühen Erfolg stieg unser Selbstbewusstsein natürlich weiter. Aber große Erfolge haben schon so manche Band zerstört, uns ist das zum Glück nicht passiert. Vielleicht lag es daran, dass die Presse in den ersten Jahren immer schrieb: „Aus dieser Band wird nie etwas Großes werden.“ Solche Sätze animierten uns natürlich, es allen zu zeigen.

Waren die 60er und 70er für Rockbands im Vergleich zu heute die angenehmere Ära?
Nun, es gab damals ja noch nicht diese unbegrenzten Möglichkeiten der Technologie. Wir wuchsen in einer Phase auf, in der Studioauf- nahmen noch die reinsten Abenteuer waren. Wir waren sozusagen Pioniere dieser Technik. Vielleicht waren die 50er und 60er Jahre des- wegen auch so magisch, weil man erst lernen musste, wie all diese Dinge funktionieren. Heute ist die Welt eine völlig andere. Letztens sprach mich ein Fan darauf an, dass wir zwölf Millionen Hits auf Spotify haben. Ehrlich gesagt wusste ich zunächst gar nicht, wie man auf eine solche astronomische Zahl kommen kann. Heute ticken die Uhren nun einmal völlig anders.

Wie lange hast du gebraucht, um deine Zustimmung für eine Reunion mit Alan und John zu geben?
Sagen wir es mal so: Viele Jahre wäre eine solche Reunion undenkbar gewesen, dazu waren die Fronten zu verhärtet. Vor vier Jahren waren wir mit Status Quo in Australien, da nutzte ich die Gelegenheit, um Alan anzurufen und den Streit auszuräumen. Wir arbeiteten die damaligen Dispute auf, ich erklärte ihm, dass es von unserer Seite keine böse Absicht gewesen sei und im Grunde genommen unser Management damals die Entscheidung gegen Alan getroffen hatte.

Hat er akzeptiert, dass du es einfach aufs Management geschoben hast?
Na ja, so war es ja nicht. Ich weiß sehr gut, dass auch andere Umstände zu dieser Entscheidung geführt haben. Damals war viel Alkohol und Kokain im Spiel, und Kokain verändert nun einmal die Persönlichkeit von Menschen. Rick, Alan und ich haben damals Kokain genommen und uns sukzessive verändert. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber meine erste Frau hat mich immer wieder darauf hingewiesen, dass ich mich durch das Kokain menschlich verändere. Und es stimmt tat- sächlich, man merkt es nur selbst nicht. Man muss sich das vorstellen: Alan und ich waren seit unserem elften Lebensjahr zusammen, irgendwann weiß man bestimmte Dinge nicht mehr richtig zu schätzen. Andererseits: Es musste wohl so kommen und war sicherlich auch für irgendetwas gut. Die Animositäten zwischen Alan und mir sind jedenfalls ausgeräumt.

Man sagt, dass du bislang dennoch kein Okay für eine Fortsetzung der Reunion-Konzerte gegeben hast.
Die neun bisherigen Shows waren großartig, das Publikum war begeistert, und das ist die Hauptsache. Aber in spielerischer Hinsicht war ich nicht zufrieden. Wir hatten nicht bedacht, dass Alan und John ein Leben auf Tournee nicht mehr gewohnt sind. Vieles von dem, was wir da auf der Bühne geboten haben, war für meinen Geschmack zu unausgereift. Okay, es ist Nostalgie und alle liebten es, aber nur deshalb, weil es die meisten Fans nicht mit dem gleichen Anspruch wie ich gehört haben. Es gab Momente auf der Bühne, in denen ich dachte: Mein Gott, klingt das schrecklich! Insofern müsste schon gewährleistet sein, dass beim nächsten Mal alles auf einem höheren spielerischen Niveau stattfinden damit ich meine Zustimmung gebe.

Hat Rick recht, wenn er das aktuelle Line Up der Band als Quo light bezeichnet?
Rick liebt solche Schlagworte, er sagte mehrmals „Wow, das ist jetzt endlich wieder richtig heavy!“ Dabei war eigentlich nur das Tempo ein anderes. Mag sein, dass man Songs wie ›Oh Baby‹, ›Little Lady‹, ›Blue Eyed Lady‹, ›Backwater‹ und ›Railroad‹ nur mit der originalen Besetzung wirklich authentisch spielen kann, aber das, was Rick als „richtig heavy“ bezeichnet, ist meines Erachtens einfach nur in einem anderen Tempo gespielt.

Dein Ziel ist es demnach nicht, in den nächsten fünf Jahren die Originalbesetzung wieder so richtig fit zu machen?
Oh Gott, in fünf Jahren bin ich 69! Wer weiß schon, was dann ist? Ehrlich gesagt habe ich keine Ziele für die kommen- den fünf Jahre, ich fühle mich generell wie ein Pferd, dem sie mit einer langen Angel eine Karotte vor die Schnauze gehängt haben. Seit ich zwölf bin, versuche ich gewissermaßen diese Wurzel zu fressen, komme aber einfach nicht an sie heran. Aber was wäre überhaupt, wenn ich die Wurzel eines Tages tatsächlich bekommen würde.

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