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Rückblende: Genesis mit ›Supper‘s Ready‹

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Rückblende: Genesis mit ›Supper‘s Ready‹

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Es war weit mehr als die Summer seiner vielen Teile, textlich rätselhaft, gebührend ausladend, ein bisschen albern und wurde so nicht nur zu einem Meilenstein des Prog, sondern auch einem der großen, epischen Monumente des Rock.

Ich finde nicht, dass es verrückt ist, nein“, sagt Gitarrist Steve Hackett. Ich würde auch nicht sagen, dass es besonders missverständlich ist. Allerdings lässt es sehr viel Interpretationsspielraum.“ Er spricht von ›Supper‘s Ready‹, dem mehr als 23-minütigen Opus, das fast die gesamte zweite Seite von FOXTROT einnimmt, dem Album, das Genesis 1972 zu ihrem Durchbruch verhalf. Mit diesem Stück, einem Meilenstein in der Historie des Prog Rock, erreichte das noch junge Genre einen Höhepunkt. Schon zuvor hatte es Albumtracks von zehn oder mehr Minuten Länge gegeben – nicht zuletzt ›The Musical Box‹ von Genesis selbst –, aber nichts war konzeptuell so episch und so ambitioniert in seiner Ausführung wie ›Supper‘s Ready‹. Aufgebaut aus sieben Akten, die ein zerklüftetes musikalisches Ganzes ergaben, wurde es umgehend zu dem vielleicht berühmtesten und einflussreichsten Abenteuer eines Genres, das mit ewigen Klassikern seine kreativen Grenzen immer mehr ausweitete: eine Blaupause für die verschnörkelte, von klassischer Musik beeinflusste, LSD-getränkte, heldenhaft verrückte und eigentümlich englische Spielart des progressiven Rock, der damals die Welt regierte. Keyboarder Tony Banks: „Als wir anfingen, dachten wir, dass wir eine Art Nachfolger zu ›The Musical Box‹ schreiben, und es lief ganz gut. Dann hatten wir dieses nette, liebliche Liedchen ›Willow Farm‹ und dachten, was wäre, wenn es plötzlich in diese hässliche, absteigende Akkordfolge übergehen würde? Niemand würde es erwarten. Und als wir das entwickelten, dachten wir: ‚Jetzt, wo wir schon dabei sind, machen wir weiter, in völliger Freiheit, und sehen, wo es hinführt‘. Als wir das Ganze zusammensetzten und es zum ersten Mal anhörten, sagten wir: ‚Oh, das ist ja ziemlich gut‘.“ Heute besteht der einstige Genesis-Gitarrist Steve Hackett aber darauf, dass er damals alles andere als überzeugt davon war: „Ich dachte, das wird doch niemand kaufen, denn es ist zu lang. Die [textlichen] Bezüge sind zu weit her geholt. Es ist total zweideutig. Ich dachte, dass [Charisma-Records-Chef] Tony Stratton-Smith beim ersten Anhören sagen würde: ‚Sorry, Jungs, das Spiel ist vorbei, der Vertrag ist gekündigt, ihr werdet von unseren Anwälten hören‘.“ Doch laut FOXTROT-Produzent David Hitchcock war es vielmehr Stratton-Smith, der die Band sogar ermutigte, ihren musikalischen Horizont so weit wie möglich zu erweitern.

Hitchcock, der seine Rolle „im Wesentlichen als Unterstützer“ begriff, sagt, sein größter Beitrag zu dem Lied war, „zu erklären, dass sie es nicht am Stück spielen mussten, um es aufzunehmen, dass wir es Abschnitt für Abschnitt machen konnten, mit Crossfades und Nachbearbeitung, und es nachher zusammenfügen würden. So konnten sie sich auf die drei oder vier Minuten jeder Sequenz konzentrieren und verschiedene Klänge für jede davon einbringen, statt alles auf einmal mit einem langen, homogenen Klangbild zu spielen.“ Doch die Band stand auch unter Druck, Charterfolge zu liefern. „Nicht in dem Sinn, sie kommerzieller klingen zu lassen“, so Hitchcock, „sondern in dem Sinn, das, was sie taten, so weit wie möglich weiter zu bringen.“

Die Stimmung im Studio war angespannt, „vor allem zwischen Tony und Peter. Es gab keine großen Streitereien, aber viel Schmollen.“ Banks gibt zu, dass er „ziemlich angepisst war“, als Gabriel anfing, über das Keyboard-Solo in dem Abschnitt „Apocalypse In 9/8“ zu singen. „Du singst auf meinem Part! Dann wurde mir klar, dass es jetzt all die Spannung hatte, die wir zu erschaffen versucht hatten, vor allem der Abschnitt ‚Six six six‘. In den Akkorden selbst steckt viel Dramatik, und was er dann darüber legte, brachte es auf ein ganz anderes Level. Ja, diese halbe Minute oder so ist unser Zenit.“ Der andere große Kampf, den Gabriel gewann, war der um den Text. „Bei FOXTROT hatten wir gemeinsam Texte beigesteuert“, sagt Hackett, „aber Pete bestand darauf, den Text zu ›Supper‘s Ready‹ allein zu verfassen.“ Daraufhin verbreitete sich das Gerücht, der Kern der Erzählung basiere auf einer „übernatürlichen“ Erfahrung, die Gabriel mit seiner damaligen Frau Jill gemacht habe: Er sei überzeugt gewesen, dass sie besessen war, und sie habe heftig auf ein improvisiertes Kreuz aus Kerzen reagiert, dass er schwenkte. Laut Hackett war das Problem jedoch wesentlich weniger abgehoben: „Ich glaube, da waren einige Drogen im Spiel. Sie hatte wohl einen schlechten Trip und war auf Horror oder so, und Pete und ein Freund schafften es, sie wieder zu beruhigen. Darum geht es also teilweise in dem Song, aber dazu kommt auch zumindest eine gewisse Andeutung von Erlösung.“

Gabriel behauptete später, andere Teile des Texts drehten sich darum, wie er mal spät nachts sieben verhüllte Männer in seinem Garten gesehen habe. Es gab aber auch heiterere Momente wie ›Willow Farm‹, das Hackett nicht untreffend als „teils ›Teddy Bears‘ Picnic‹, teils ›I Am The Walrus‹“ bezeichnet, sowie beiläufige Erwähnungen von scheinbar willkürlichen Themen wie Winston Churchill in Frauenkleidern, Feuerwehrmännern, das neue Jerusalem und, nicht zu vergessen: eine Blume. Was auch immer man aus diesem Text zog, ›Supper‘s Ready‹ wurde umgehend zum ewigen Publikumshit jedes Genesis-Konzerts, in dem Gabriel mehrmals seine immer verwegeneren Kostüme wechselte, bis er am Höhepunkt in einem silbernen Anzug in den Himmel der jeweiligen Halle empor stieg. Heute thront ›Supper‘s Ready‹ zusammen mit ›Stairway To Heaven‹ und ›Dark Side Of The Moon‹ unter den Monumentalwerken am Mount Rushmore des Rock. „Es gefällt mir immer noch“, sagte Gabriel kürzlich. „Ich dachte darüber nach, es mit meiner regulären Band zu spielen, aber sie wehrten sich dagegen, es lernen zu müssen. Ich würde es immer noch gerne tun, oder vielleicht nur Teile davon.Oh, ich weiß nicht, eigentlich wäre es schon schön, es in seiner Gesamtheit aufzuführen.“

Text: Mick Wall

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3 Kommentare

  1. Das lied hat meine Lebensgefühle und Gedanken, meine Liebe zur Musik bis heute geprägt – vieles deutet darauf hin man dann früher oft zu mir sagte was ich *wohl nehmen würde ?* das ich das verstehe und liebe. Das hat mich zu einem Junkie der Verückheiten gemacht …Schade das das vorbei ist …wirklich schade

    Vielleicht sollten alle Musiker die Freiheit besitzen LSD zu konsumieren 🙂

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