Vor seinem Tod im Dezember 2016 trafen wir Rick Parfitt zu einem exklusiven Interview, in dem er ahnte, dass er möglicherweise zum letzten Mal mit Status Quo „all over the world“ gerockt hatte.
Nach einem Status Quo-Konzert am 14. Juni 2016 erlitt Rick Parfitt einen Herzinfarkt und war mehrere Minuten lang klinisch tot. Nach seiner Rückkehr unter die Lebenden wurde er von den Ärzten angewiesen, sich „mindestens für den Rest des Jahres“ soviel Ruhe wie möglich zu gönnen. Bei den letzten „elektrischen“ Konzerten der Band konnte er somit nicht dabeisein. Schlimmer noch: Der Manager Simon Porter räumte ein, dass „Rick unter Umständen seine letzte Show mit Quo gespielt hat, auch wenn die endgültige Entscheidung erst im nächsten Jahr fällt“, wenn die Band den Stecker zieht und zum Akustik-Act wird.
Nach dieser Tortur sagte Parfitt zu „Sky News“: „Ich will nicht auf die Bühne gehen und vor den Fans tot umfallen.“ Seine kognitiven Fähigkeiten wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, wofür er sich einer neuropsychologischen Therapie unterzieht. Den Fans wurde außerdem mitgeteilt, dass nicht nur die körperlichen Anstrengungen, sondern auch Ricks Angst, ein Konzert in ganzer Länge oder auch nur einen kurzen Gastauftritt absolvieren zu müssen, lebensbedrohliche Komplikationen auslösen könnten.
Während unseres exklusiven Interviews erholt er sich gerade unter der Sonne des Mittelmeers mit seinem Sohn Harry. „Ich halte mich auf ärztliche Anweisung von der letzten elektrischen Tour fern“, fängt er an und klingt entspannt, glücklich und ruhig. „Bis Weihnachten muss ich mich ausruhen. Und das nehme ich sehr ernst, also bin ich hier in Spanien, sitze herum, schreibe Songs und habe eine tolle Zeit.“
Wie geht es dir jetzt gesundheitlich?
Ich würde sagen, ich habe mich vollständig erholt. Mit jeder Woche geht es mir besser und besser. Ich weiß nicht, ob das noch viel besser werden kann, denn ich fühle mich so gut wie vor dem Infarkt. Also kann ich nicht klagen. Die Fahrprüfung habe ich auch gerade bestanden – in meinem Alter [68] ein unglaublicher Stress –, also bin ich wieder mobil, was einen großen Unterschied macht.
An was kannst du dich von den Geschehnissen in der Türkei erinnern?
Rein gar nichts. Davor spielten wir [am 9. Juni] auf dem Isle Of Wight Festival, und das Letzte, woran ich mich erinnere, ist dass ich in meiner Koje im Tourbus war und über den Bug des Schiffs auf die Insel am Horizont blickte. Ich kann mich weder an den Auftritt dort erinnern noch an den Flug in die Türkei oder die Show dort. Und ich habe keine Ahnung, wie ich plötzlich auf dem Boden gelandet bin. Was noch unglaublicher ist: Der komplette Monat danach ist weg.
Du hast einen ganzen Monat verloren?
Ich habe keinerlei Erinnerung daran, wie ich [nach England] zurück gekommen bin. In der Türkei war ich, glaube ich, zwei Wochen auf der Intensivstation. Daran kann ich mich auch nicht erinnern. Man hat mir gesagt, dass die Ärzte sehr bemüht waren, aber wenig Hoffnung hatten, dass ich durchkommen würde. Meine Familie kam. Mein zweitältester Sohn Harry zeigte mir später Aufnahmen von mir im Bett am Tag danach. Da trage ich eine Sonnenbrille, einen Hut, spiele ›Imagine‹ auf der Gitarre – und auch daran habe ich keinerlei Erinnerung.
Du wurdest dann zurück nach Großbritannien geflogen.
Offenbar habe ich an Bord eine Szene gemacht, weil ich das Flugzeug selber fliegen wollte. Sie mussten mich festbinden – zumindest sagte man mir das. Ich erinnere mich an nichts. Meine erste Erinnerung zurück in London ist mein Herzchirurg Jonathan Craig, der mich fragte, ob ich wüsste, wo ich bin. Ich sagte: „Natürlich, ich bin in Marbella.“
Gab es vor der Türkei irgendwelche Warnsignale?
Eine Freundin erzählte mir, ich hätte ihr vorher gesagt, dass ich mich nicht gut fühlte und nicht fliegen wollte. Aber richtig schlecht ging es mir auch nicht. Rhino [Quo-Bassist John Edwards] sagt, ich habe beide Shows perfekt gespielt – das waren tolle Gigs. Ich wünschte, ich könnte mich an sie erinnern. Das ist das erste Mal, dass ich fünf Wochen meines Lebens verloren habe.
Du hast ja oft behauptet, dass du in den letzten Jahren gesund gelebt hast. War das wirklich wahr?
(etwas pikiert) Natürlich! Ich bin auf ein paar Partys bei Freunden gewesen, wo es mich total genervt hat, den ganzen Abend Wasser zu trinken, während alle anderen ein schönes Glas Rotwein genossen. Mein Herzchirurg hat gesagt, ich könne ein oder zwei Gläser trinken, aber nicht die ganze Flasche, und daran halte ich mich auch. Ich trinke zwei, maximal drei Gläser Wein. Das reicht, damit ich zu kichern anfange und mich entspanne.
Wir fragen, weil uns Francis Rossi mal erzählt hatte, dass du „getrunken und heimlich draußen geraucht“ hast, als er dich nach einem dreifachen Bypass 1997 im Krankenhaus besuchen kam …
Das war nach der allerersten Operation. Damals gab ich noch Vollgas und lebte noch den Rock‘n‘Roller-Lifestyle.
Aber du siehst vermutlich, worauf wir hinaus wollen … Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht?
Na ja, wie ich sagte, die zweite Operation hat mich dann auf den Boden der Tatsachen geholt. Ich konnte nicht mehr weitermachen wie zuvor.
Du hast auch gesagt, dass du jetzt den Preis für ein ganzes Leben voller Rock‘n‘Roll-Exzess bezahlst.
Das ist wohl wahr. Anders kann man das nicht betrachten.
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