Rätselhafte, dunkle Songs mit Jazz-Vibe
Wenn Grenzen dichtgemacht werden und einzelne Länder auf diese Weise versuchen, sich von den Problemen der Welt abzuschotten, dann ist es vielleicht schon ein Statement, sein Album FREE zu nennen. Dem möglichen Drang, eine gute alte Protestplatte zu machen, hat Iggy Pop aber nicht nachgegeben. So einfach macht er es sich, und uns, nicht. „Words don’t mean shit to society“, ätzt er, um dann doch recht viele davon mit eherner Stimme sprechzusingen. Und tatsächlich meint man hier und da Verweise auf die Flüchtlingsthematik, auf Umweltzerstörung und kaltblütigen Kapitalismus herauszuhören, Spuren, die jedoch immer wieder verwischt werden. Die Dinge sind zu komplex, um sich bequem im Gut-Böse-Denken einzurichten. Es geht um fehlende Liebe, um einen weiblichen James Bond, um Cam-Girls, „big tits“ und „big dicks“. „If there’s more slaves today than there was yesterday/Then you gotta be fucking kidding me“, heißt es in ›Dirty Sanchez‹. Die Musik ist durchgehend karg und finster, der Beat monoton und unheilschwanger, das klassische Popsong-Schema mit Strophe, Refrain und Bridge quasi aufgehoben. In diese Verlorenheit hinein schicken jazzige Trompeten wiederum Momente größter Schönheit, wie die „few moments that make life any fucking good“, von denen Pop singt. „Rage, rage against the dying of the light“, fordert er gegen Ende in ›Do Not Go Gentle In The Good Night‹, um uns danach in die Dunkelheit zu entsenden: „Love and sex are gonna occur to you, and neither one will solve the darkness.“
8/10
Iggy Pop
FREE
CAROLINE/UNIVERSAL