Schottlands Rocktitanen erobern Englands Hauptstadt auf leisen Pfoten.
„MTV Unplugged“, das war mal ein Markenzeichen mit Tragweite, bei dem Musikliebhaber sofort die Ohren spitzten, und von Nirvana über Eric Clapton bis Alice In Chains entstanden im Rahmen der Serie einige Platten, die als Meilensteine gelten dürfen wie nur wenige Live-Alben. Die Strahlkraft des „steckerlosen“ Etiketts hat seither ebenso abgenommen wie die der einst ikonischen drei Buchstaben, doch das hinderte Biffy Clyro nicht daran, sich nach zwei regulären Konzertmitschnitten auch mal in diesem Format zu versuchen. Die Songauswahl (die ersten drei Alben bleiben komplett außen vor) und deren Interpretation führen dabei einmal vor Augen, dass das Trio heute eine ganz andere Band ist als in ihren Anfangstagen – metallische Härte und kantige Strukturen sind passé, dafür glänzen Simon Neil & Co. als Lieferanten hochkarätiger Melodien, die mit großer Emotion und unwiderstehlicher Eingängigkeit ins Schwarze treffen. Und das funktioniert natürlich umso besser bei jenen Songs, die ohnehin schon eher im Midtempo- oder Balladenbereich angesiedelt waren, allen voran das ergreifende ›Folding Stars‹, das epische ›Many Of Horror› und das zarte ›Re-Arrange‹. Knackigere Rocknummern à la ›The Captain‹, ›Mountains‹, ›Bubbles‹ oder ›Black Chandelier‹ verstehen allerdings auch hier mitzureißen, denn es sind einfach grandiose Songs! Ein vielversprechendes neues Stück gibt es ebenfalls zu hören, das Cover von ›God Only Knows‹ sorgt allerdings eher für fragendes Schulterzucken. Frühe Fans mögen diese „Verweichlichung“ mit Entsetzen wahrnehmen. Ursympathisch sind die Jungs aber wie immer, weswegen auch diese solide, aber gewiss nicht unverzichtbare Variante ihres Schaffens absolut Spaß macht. Neue Musik wäre uns aber deutlich lieber!
7/10
Biffy Clyro
MTV UNplugged (Live At Roundhouse London)
Warner