Gäbe es den Preis „The Gentleman of Rock“, müssten sich Tony Iommi und Ian Paice seit Jahren um diese Trophäe streiten. Kaum jemand ist so höflich, nett und zuvorkommend wie der Deep Purple-Drummer.
Über seine Zunft spricht er unprätentiös und mit kumpelhaftem Unterton: „Wenn irgendwo Trommler aus meiner Generation zusammenkommen, erwähnen sie ihr Set für etwa 20 Sekunden. Dann wird über andere Sachen geredet und ein paar Biere dürfen natürlich auch nicht fehlen. So stelle ich mir eine sehr glückliche Kameradschaft vor.“ Hier präsentiert Ian Paice seine liebsten Platten aller Zeiten.
Gene Krupa – PERCUSSION KING
Da mein Vater selbst Musiker in einer Tanzkapelle war, hatte ich das Glück ein sehr aufgeschlossenes Elternhaus zu haben, wenn es um das Thema Musik ging. Schon, als ich selbst kaum laufen konnte, liefen viele Jazz- und Orchester-Sachen daheim auf einem alten Grammophon, so dass ich fast schon mit der Muttermilch den Spirit dieser Musik eingesogen habe. Einer, der mich schon in ganz frühen Jahren quasi zu meinem Instrument gebracht hatte, war Gene Krupa. Er spielte einen völlig eigenen Stil und so beschlagen virtuos, als würde er mit Stricknadeln anstelle von Sticks spielen. Diese Art von Drumming fasziniert mich bis heute.
Buddy Rich – WEST SIDE STORY
Klassischer Jazz hat eine ganz eigene Wirkungskraft – und ist durch die typische Instrumentierung mit einem klassischen, differenzierten und für meine Begriffe auch zeitlosen Drive ausgestattet. Dieser Vibe ist direkt spürbar, denn in jedem Moment dieses Albums liegt sehr viel Magie. Ich sah Buddy Rich als Heranwachsender im Fernsehen, die Präzision, mit der er Note für Note spielte und dann noch raffinierte Fill-Ins dazu packte, hat mich völlig umgehauen. Als Musiker ist Buddy Rich zweifellos ein pedantischer und absoluter Perfektionist, der eine eigene rhythmische Welt bedient. Er sah zudem aus wie ein Wahnsinniger, so wollte ich auch sein.
Little Richard – GREATEST HITS
Natürlich schlug Rock‘n‘Roll bei mir wie eine Bombe ein. Das war was völlig neues, mit einer ganz eigenen Handschrift. Hier wälzte sich die Aggression des Blues in der Unterhaltungsmusik der westlichen Welt – diese obsessive Mixtur klopfte zur richtigen Zeit an unsere Türen. Obwohl ich zugeben muss, dass ich kein sonderlicher Fan von Elvis war. Mein großer Held war Little Richard. Wenn man sich heute, also runde 55 Jahre nach der Erstveröffentlichung, Klassiker wie ›Good Golly Miss Molly‹, ›Long Tall Sally‹ oder ›Tutti Frutti‹ anhört, zaubert einem der Charme dieser Aufnahmen sofort ein Lächeln ins Gesicht.
Miles Davis – KIND OF BLUE
Als Musikfan komme ich immer wieder zurück zum Classic Jazz. Natürlich war Rock ‘n‘ Roll eine aufregende Sache, keine Frage. Doch hier atmet jede Note und der Drumsound ist einfach fantastisch. Bei Miles Davis ist viel improvisiert, aber dennoch ist alles an seinem Platz. Auch wenn ich zu Zeiten von KIND OF BLUE noch sehr jung war, sind diese Klänge tief in meinem Gehirn verwurzelt. Diese Rhythmik ist einfach da und es macht „klick“ bei mir. Wenn ich jetzt neu anfangen und eine andere Art von Musik spielen würde, bin ich doch sicher, dass diese Einflüsse aus meinem Unterbewusstsein durchschimmern würden. Es lohnt sich wirklich, diese Platte zweimal im Monat aufzulegen.
Frank Sinatra – SINATRA AT THE SANDS
Gar keine Frage: Auch Musiker haben einen Recht auf den „Montagmorgen-Blues“. Denn wie in jedem anderen Beruf gibt es eben Zeiten, in denen sich das Spielen nicht richtig anfühlt. Wie in anderen künstlerischen Bereichen auch, bieten Musiker vor allem Handwerk: auf der Bühne stehen, spielen und das dargebotene Gefühl ist sofort greifbar für das Publikum. Bei diesem Sinatra-Album kommt die Kraft der Performance besonders gut zur Geltung – als Zuhörer denkst du, dass du ein Teil des Ganzen bist. Was mir extrem wichtig ist, ist auf das eigentliche Wesen der Musik hinzuweisen. Denn für die meisten Menschen, die Musik professionell spielen, ist es immer auch eine Art Hobby – natürlich ein ganz Großartiges.