Sich mit seiner eigenen Arbeit Gänsehaut verpassen: Das dürften nur die wenigsten Künstler im Laufe ihrer Karriere schaffen. Bruce Hornsby – Klaviervirtuose, Songwriter und Erschaffer des 80er-Jahre-Hits ›The Way It Is‹ – erklärt selbstbewusst, dass ihm Selbiges mit seinem aktuellen Album mehrmals gelungen ist. Welche Platten ihn während des kreativen Entstehungsprozesses maßgeblich beeinflusst haben, verriet uns der studierte Musiker und Piano-Nerd in einem charmanten Telefon-Interview.
Ursula Oppens
ELLIOT CARTER, THE COMPLETE PIANO MUSIC (2008)
Ein Album einer großen Klaviervirtuosin mit zehn Stücken darauf. Eines davon namens ›Caténaires‹ ist eine Art Perpetuum-Mobile-Stück, sehr schnell und schwer zu spielen. Ich musste es wirklich lange üben, dafür macht der Lernprozess sehr viel Spaß. Diese Komposition beeinflusste sowohl ›The Blinding Light Of Dreams‹ als auch den Mittelpart von ›Take You There Misty‹.
Joe Cocker
MAD DOGS & ENGLISHMEN (1970)
Ich liebte Joe Cocker schon immer und tue es bis heute. Wenn ich eine Platte auf eine einsame Insel mitnehmen müsste, dann diese. Besonders das Stück ›Blue Medley‹ wartet mit einer Akkordfolge auf, die mich jedes Mal wieder umhaut, weswegen ich den Song ›Meds‹ um diese Akkorde herum geschrieben habe. Leon Russell übrigens, der diese Band angeführt hatte, ist einer meiner Helden und wurde später mein Freund. Letztes Jahr habe ich an seiner Beerdigung eine Grabrede gehalten.
Pierre-Laurent Aimard
LIGETI ÉTUDES (1996)
Das hier ist seine Interpretation eines der monumentalsten Piano-Werke des 20. Jahrhunderts, zumindest was klassische Musik betrifft: Die Études des großartigen, ungarischen Komponisten Ligeti. Der Titeltrack meines Albums ist maßgeblich hiervon beeinflusst und auch ›The Blinding Light Of Dreams‹. Man hört den Tritonus, den „diabolus in musica“, also den Teufel in der Musik.
The Beatles
REVOLVER (1966)
Ich bin ein Fan der späteren Beatles, ab RUBBER SOUL haben sie irgendwie mehr Tiefe und Seele erreicht. Auf meinem Album ist ein Song namens ›White Noise‹. Der wiederum hängt mit einem Cue zusammen, den ich für einen Film geschrieben habe. Ich betitele meine Cues in Gedenken an ihre Inspirationsquelle und der Cue, den ich dann ›White Noise‹ nannte, war vorher „Eleanor Supreme“. Eben weil er musikalisch etwas von ›Eleanor Rigby‹ hatte, gleichzeitig aber auch die Anfangsmelodie stark vom großartigen John-Coltrane-Stück ›Love Supreme‹ beeinflusst ist. Die Beatles und Coltrane, schwer zu toppen.
Stevie Wonder
SONGS IN THE KEY OF LIFE (1976)
Eigentlich muss ich hier noch ein sechstes Album, nämlich Princes GREATES HITS, hineinschmuggeln. Mein Song ›Voyager One‹ bezieht sich auf einen Cue, den ich für einen Spike-Lee-Film geschrieben habe. Der Streifen begleitete ein Basketball-Videospiel und ich war mir nicht sicher, wie ich da etwas beisteuern sollte. Sollte ich jetzt plötzlich irgendeine Art von Rap oder Hip-Hop machen? Nein, das wäre nicht möglich gewesen. (lacht) Also besann ich mich auf alten R&B aus den 70er-Jahren. Mein Drummer sollte zu ›I Wish‹ spielen und ich nahm diese Spur und schrieb einen Song dazu. Und voila: ›Voyager One‹ (lacht). Erst später fiel mir der Prince-Vibe des Stücks auf.
Bruce Hornsby ist einer der großartigsten Musiker, Komponisten und Pianisten. Jedes seiner Alben ist fantastisches Songwriting. Besonders die späteren Alben mit den Noisemakers sind einzigartig. Man wird ihrer nie!!! überdrüssig.
Ich würde mir wünschen, dass Bruce mit den Noisemakers mal nach Deutschland auf Tour käme.