Der 35-jährige Brite kann nicht leugnen, dass ein gewisser Paul McCartney sein Vater ist. Wenn man dem schüchtern wirkenden Mann ins Gesicht blickt, erkennt man sofort die Züge des berühmten Beatle, hört seine Stimme, sieht sein zaghaftes Lächeln. Doch nicht nur das hat James vom Vater geerbt, sondern auch sein musikalisches Talent. Wie sagt man so schön: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
„Eigentlich wollte mein Vater nie, dass ich in seine Fußstapfen trete. Er hat immer mehr versucht, mich abzuschrecken“, sagt er, doch sein verschmitztes Lächeln zeigt, dass er das wohl eher ironisch meint. Vor einigen Jahren sagte James einmal, dass es Michael J. Fox war, der ihn durch seine Rolle in „Zurück in die Zukunft“ dazu brachte, sich eine Gitarre zu wünschen. Papa Paul ließ sich nicht zweimal bitten. „Als ich neun war, kaufte mir mein Vater meine erste Gitarre“, erinnert er sich zurück. „Das war eine kleine Martin Junior mit vier Saiten. Er zeigte mir einfache Akkorde, und so lernte ich langsam, wie man spielt.“ Nicht nur das Ta-lent, sondern auch die Berufung zum Musiker wurde ihm in die Wiege gelegt. „Musik war immer Teil meines Lebens“, erzählt er. „Als Kind war ich ständig mit meinen Eltern auf Tour. Auch meine Geschwister sind sehr künstlerisch veranlagt. Ich war immer von Musik und Kunst umgeben. Deswegen war es für mich ganz natürlich, auch selbst diesen Weg einzuschlagen.“
Seine Eltern unterstützten ihn bei seinem Vorhaben. So wirkte er bei einigen ihrer Werke mit, wie Paul McCartneys Solo-Alben FLAMING PIE (1997) und DRIVING RAIN (2001) sowie bei Lindas Solo-Platte WIDE PRAIRIE (1998). Er spielte dabei nicht nur Gitarre oder Schlagzeug, sondern schrieb mit seinem Vater auch einige Songs zu DRIVING RAIN wie ›Spinning On An Axis‹ oder ›Back In The Sunshine Again‹. Seinen Eltern war jedoch auch wichtig, dass James eine normale Schullaufbahn durchläuft. So verließ er 2004 erst einmal das sichere Heim, um in Brighton zu studieren. Während er an eigenen Songs arbeitete, verdiente er sich ein wenig Geld als Kellner .
Wenn man James nach seinen musikalischen Einflüssen fragt, muss er grinsen. „Als Sohn eines Beatles kann ich natürlich nicht leugnen, dass die Fab Four einen großen Einfluss auf mich ausgeübt haben. Aber mich inspirieren auch Nirvana, The Cure, PJ Harvey oder Radiohead – gute Musik eben.“ 2010 veröffentlichte James schließlich seine erste eigene EP AVAILABLE LIGHT. 2011 folgte CLOSE AT HAND. „Ich habe über zehn Jahre an diesen Songs geschrieben”, erzählt er. „Und 2008 war dann einfach die Zeit gekommen, diese auch aufzunehmen.“ Ein Teil davon wurde in den berühmten Abbey Road Studios eingespielt. Auch hier hatte Papa Paul wieder seine Finger im Spiel. Zusammen mit David Kahne produzierte der Beatle die Stücke seines Sprösslings. Zu seiner Musik selbst sagt James: „Im Grunde ist es Rock’n’Roll – sehr rein, und sie kommt von Herzen. Meine Texte beziehen sich auf Spiritualität, Liebe, Familie und viele andere Dinge.“
Es ist nie leicht, aus dem Schatten eines berühmten Elternteils zu treten – und wenn der Vater auch noch einer der Beatles war, ist der Schatten umso größer. Doch James hat gar nicht die Ambitionen, an dessen Erfolge anzuknüpfen. „Ich möchte einfach nur auf der Bühne stehen“, erzählt er. „Als ich 16 Jahre war, trat ich zusammen mit ein paar Freunden in unserer damaligen Schule auf. Wir spielten ein Cover von ›Should I Stay Or Should I Go‹ von The Clash. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich auf eine Bühne möchte. Mir ist egal, ob ich nun vor 200 oder 20.000 Menschen spiele. Mir geht es um das Gefühl auf der Bühne.“
Seine Bescheidenheit scheint sich auszuzahlen. Seine beiden EPs, die bis dato nur digital zu haben waren, verkauften sich ausgesprochen gut, so dass jetzt beide zusammen als THE COMPLETE COLLECTION auf CD erschienen sind. Zusätzlich zu den bekannten Songs hat James noch fünf neue Tracks und zwei weitere Coverversionen draufgepackt. Bei all dem Erfolg könnte man meinen, James Ambitionen würden wachsen. Doch er bleibt bescheiden: „Ich möchte einfach auf der Bühne stehen, Spaß haben und vielleicht ein paar Menschen mit meiner Musik erreichen.“