Er war der Mann mit den zwei Gesichtern: Einerseits liebte Jonathan Douglas Lord die Barockmusik von Johann Sebastian Bach, schätzte den virtuosen Jazz des Hammond-Organisten Jimmy Smith. Ein klassisch trainierter Pianist, ein Gentleman und Schöngeist. Doch wenn er auf der Bühne bei ›Space Truckin’‹ seine Hammond-Orgel traktierte, ihr mittels mechanischer Stöße auf die Hallspirale krachende Geräusche entlockte und hochgradig virtuos solierte, dann war er zweifelsfrei ein Rocker, ungestüm und expressiv.
Seine Karriere begann bei der Jazzcombo von Saxophonist Bill Ashton, Mitte der 60er wechselte Lord zur Londoner R&B-Kapelle The Artwoods, geleitet von Ron Woods Bruder Arthur. Doch unsterblich machte er sich natürlich als Gründungsmitglied von Deep Purple, denen er zunächst von 1968 bis 1976 angehörte: In den Anfangstagen war er innerhalb der Band die musikalisch dominante Persönlichkeit, leitete Klassik/Rock-Experimente wie das CONCERTO FOR GROUP And Orchestra und brachte stilistische Hybride wie ›Anthem‹ und ›April‹ im Repertoire unter.
Ab 1970, als Gitarrist Ritchie BlackmoreGitarrist Ritchie BlackmoreGitarrist Ritchie Blackmore die Band verstärkt ins Hardrock-Fahrwasser steuerte, schwand sein Einfluss, doch seine mitunter klassisch angehauchten Solos und Melodien blieben ein Erkennungsmerkmal Deep Purples.
Experimentellere Arbeiten veröffentlichte er fortan auf Soloalben, etwa dem brillanten SARABANDE von 1975. Nach Deep Purples zwischenzeitigem Aus gehörte er von 1978 bis 1984 David Coverdales neuer Band Whitesnake an, in der sein großartiges Spiel jedoch nicht immer standesgemäß zur Geltung kam. Von 1984 bis 2003 begleitete er die reformierten Deep Purple.
Die Metamorphose der Hammond-Orgel vom Jazz- zum Rock-Instrument ist zu einem nicht unerheblichen Teil Jon Lords Verdienst, er erweckte „the beast“ mittels Verzerrung zum Leben, prägte damit nachhaltig die Klangästhetik der Rockmusik seit den 70ern: ein großartiger Musiker, dessen überaus kompetentes, ausdrucksstarkes Spiel Genregrenzen mühelos überwand. Jon Lord erlag am 16. Juli seinem langjährigem Krebsleiden, er wurde 71 Jahre alt. Seine Kunst ist jedoch unsterblich.
Ich als eingefleischter Deep Purple Fan finde diesen Beitrag großartig. Allein schon, das man Jon Lord nicht vergessen kann, zollt großes Lob.