Es war definitiv das Comeback des Jahres 2009, aber aufs I-Tüpfelchen mussten die Fans noch weitere 24 Monate warten: Doch am 21. Januar veröffentlicht die amerikanische Hard Rock-Band Mr. Big erstmals wieder ein Studioalbum mit den Originalkräften Eric Martin (Gesang), Paul Gilbert (Gitarre), Billy Sheehan (Bass) und Pat Torpey (Schlagzeug). Es ist das erste in der Urbesetzung seit HEY MAN vor über 14 Jahren. Der Titel des neuen Werks heißt: WHAT IF…
Was schon der Albumtitel unterschwellig suggeriert, schlägt sich auch in den zwölf Songs der Scheibe nieder, denn WHAT IF… klingt, als ob hier die besten Freunde der Welt ihrer liebsten Beschäftigung nachgehen. Was also wäre wohl damals geschehen, wenn es nie Streitereien, Eifersüchteleien oder frappierende Managementfehler gegeben hätte? Und was passiert heute, wenn diese Band jetzt endlich (endlich!) ihr ganzes Potenzial abruft?
„Unser Produzent Kevin Shirley sagte zu uns: ‚Seit Jahren erzählt ihr mir davon, dass eure Vorbilder Free und Cream sind, dass ihr eigentlich wie die Protagonisten der British Blues Rock-Invasion in den Siebzigern klingen wollt’“, sprudelt es aus Eric Martin heraus, der ziemlich aufgekratzt in einem feinen Londoner Hotel sitzt und noch immer kaum glauben mag, wie erdig und vital sein neues Opus klingt. „Kevin schimpfte geradezu mit uns. Er fragte: ‚Wenn das doch eure großen Idole sind – warum verdammt noch mal klingt ihr dann nicht endlich auch mal so wie sie?’“
Ganz offenkundig war Shirley der perfekte Mann für diesen Job, denn er ließ sich nicht von den früheren Chart-Erfolgen, vom glatten Saubermann-Image und Singlehit-Ambitionen blenden. Ganz im Gegenteil: Der berühmte Produzent (Aerosmith, Black Crowes, Rush etc.) verordnete den reformierten Mr. Big einen Sound, der sich durch Lebendigkeit und Bodenständigkeit auszeichnet und spürbar mehr auf Rockclubs denn aufs Mainstream-Radio ausgerichtet ist.
Kernige Nummern wie der raue Opener ›Undertow‹, das bei Led Zeppelin beziehungsweise Jimmy Page adaptierte Riffing von ›Nobody Takes The Blame‹ oder die an Paul Rodgers zu Free- und Bad Company-Zeiten erinnernde Kraftrock-Nummer ›On-ce Upon A Time‹ runden eine Scheibe ab, die pure Energie atmet und von der immensen Spielfreude der vier Beteiligten im Studio kündet. Natürlich gibt es auch ein, zwei Balladen (›Stranger In My Life‹, ›All The Way Up‹), die durchaus Querverweise zu den früheren Smash-Hits ›To Be With You‹ oder ›Wild World‹ zulassen.
Summa summarum jedoch geht WHAT IF… kaum Kompromisse ein, auch nicht im Sound. „Es war harte Knochenarbeit“, stöhnt Martin, „denn dieses Album ist ohne irgendwelche Studiotricks entstanden. Wenn sich jemand verspielt hatte, wurde nicht einfach die Stelle ausgebessert, sondern das gesamte Stück komplett noch einmal aufgenommen. Manche Nummern haben wir bis zu 15 Mal gespielt, bis wirklich alles stimmte.“