Das bestgehütete Geheimnis der Pop-Historie: zwei verkannte Meilensteine vom Meister der Rock-Satire.
Auf wie vielen Tonträgern Kim Fowley seit seinem Karrierestart 1959 mitwirkte, weiß der 74 Jahre alte amerikanische Pionier selbst nicht so genau. Auch nicht, bei wie vielen Plattenfirmen er mal irgendwann unter Vertrag stand. Im kollektiven Rock-Gedächtnis vor allem als Mentor und Produzent der All-Girl-Formation The Runaways haften geblieben, lieferte der Sohn von Hollywood-Mime Douglas Fowley über Dekaden kontinuierlich ausgezeichnete Alben abseits des Mainstreams. Nach den visionären Longplayern BORN TO BE WILD, OUTRAGEOUS und GOOD CLEAN FUN für das Label Imperial mit stilidentischem Stoff wie ihn in etwa zeitgleich auch MC5 und The Stooges propagierten, setzt der Exzentriker seine bizarren Rock-Delikatessen 1972 mit eindeutig betiteltem I’M BAD fort: Ein definitiver Flop bei Erstveröffentlichung, der wenige Monate nach Erscheinen als Cut Out in Wühltischen landete – gut erhaltene Originale erzielen heutzutage auf Börsen recht stolze Summen. Völlig zu Recht! Derbe knurrt, schreit, flucht und rotzt sich der Sänger, Komponist, Texter und Produzent durch spartanisch inszenierten und enorm zeitlosen Rock-Nihilismus mit so verheißungsvollen B-Movie-Titeln wie ›Queen Of Stars‹, ›Forbidden Love‹, ›Human Being Blues‹ und ›California Gypsy Man‹. Vergisst auch nicht völlig unpatriotisch und absichtlich provokant eine frevelhafte Hymne über ›Red China‹ zu lancieren. Mit dem finalen Blues-Boogie ›Let It Loose‹ – nicht identisch mit gleichnamiger Stones-Nummer – inszeniert er sich als Rockstar-Hybride aus Iggy Pop, Mick Jagger und Alice Cooper. Ein ganzes Stück ruhiger und harmonischer geht es ein Jahr später auf INTERNATIONAL HEROES zu. Fowley liefert seine urige Version von Glam Rock mit hitverdächtigen Ohrwürmern wie ›King Of Love‹ und ›Dancing All Night‹. Im hymnischen Titelsong setzt sich Fowley zwischen Bowie und Jobriath. Esoterisch im Transzendentalen fischt ›E.S.P. Reader‹. Ländlich rustikal im Country-Zuschnitt mit Banjo-Geklimper erzählt er unglaubliche ›Ugly Stories About Rock Stars And The War‹. Als prophetische Liebeserklärung, die das lyrische Potenzial des Punk vorweg nimmt, versteht sich das balladeske ›I Hate You‹. ›Something New‹ schließlich parodiert schlicht exzellent Bob Dylans Manierismen.