Wie es klingt, wenn eine Band über die Americana-Grenze geht.
Als sich in den 90ern die Bezeichnung „Americana“ als eine Art Oberbegriff für verschiedene Formen von Roots Music aus den USA durchsetzte, gehörten die Jayhawks, die damals mit ihrer Mischung aus Country, Rock und Indie/Alternative ein größeres Publikum fanden, zu den Bands, die genau in dieses Raster zu passen schienen. Doch es stellte sich bald heraus, dass sich die 1985 in Minneapolis gegründete Formation um Gary Louris und Mark Olson nicht in diese Schublade zwängen ließ. Denn die experimentierfreudige Truppe arbeitete auch schon mal mit Drum-Loops, für die sie in einer texanischen Country-Bar wohl von der Bühne gebuht worden wäre. Auf dem von Peter Buck (R.E.M) co-produziertem PAGING MR. PROUST gehen die Jayhawks nun wieder bis an die Americana-Grenze und darüber hinaus, wenn sie verschiedene US-Stile kongenial zusammenführen, aber auch keine Angst davor haben, beim Jam-Track ›Ace‹ nach Krautrock zu klingen und die Synthies blubbern zu lassen. Die aktuelle Jayhawks-Besetzung ohne den erneut ausgestiegenen Olson, die 1997 bereits SOUND OF LIES und 2000 SMILE aufgenommen hatte, versteht sich heute als eine Band, die gerade wegen der stilistischen Öffnung ihren ureigenen Sound mit himmlischen Melodien, Rockrhythmen, Gitarren-Jangle und mehrstimmigen Gesangssätzen frisch und aufregend gehalten hat. Und viel besser als mit dem Byrds’n’Beatles-seligen ›Quiet Corners & Empty Spaces‹ oder dem puren Pop von ›Lovers Of The Sun‹ kann man Americana 2016 kaum definieren.
Text: Dietmar Schwenger
The Jayhawks
PAGING MR. PROUST
SHAM RECORDS/THIRTY TIGERS/ALIVE
8/10