Tipps zum korrekten Plattenkauf, spannende Fakten aus der flugzeugverarbeitenden Industrie und ein total konstruktiver Recycling-Plan (unter Realisierungsvorbehalt).
Record Store Day hin oder her: Kauft mehr Platten, denn das ist gut! Einerseits für Sie, liebe Lesenden, denn dann müssen Sie nicht immer den gleichen Quark hören, den Sie mittlerweile ohnehin schon in- und auswendig kennen. Oder sich gar darauf verlassen müssen, dass irgendetwas Relevantes im Radio läuft, was zu Enttäuschung, Frust und Bitterkeit führen kann. Gut ist es auch für die Plattenfirmen: Sobald Sie ihnen eine Scheibe abgekauft haben, fühlen die sich womöglich motiviert, noch eine weitere zu veröffentlichen. Was dann wiederum vorteilhaft für die Plattenhändler ist, wenn in ihren Regalen mehr als zwei unter schiedliche Tonträger auf Kundschaft warten. Und gut für uns ist es natürlich auch, das soll an dieser Stelle gar nicht verschwiegen werden, denn ein Rezensionsteil ohne Rezensionen birgt zwar jede Menge Raum für eigene Notizen, demoralisiert aber all jene Autorinnen und Autoren, die lieber fachlich kompetent über Musik schreiben wollen als über Saurierknochenfunde auf der schwäbischen Alb, die jüngste Novellierung des Bundeswasserstraßengesetzes unter Einbeziehung der Flutpolderverordnungsverordnung (zweite Lesung) oder die korrekte Ernährung von mexikanischen Rennmäusen.
Apropos korrekt: Aufrufen zu mehr Konsum, und darum handelt es sich ja beim eingangs erwähnten „Kauft mehr Platten!“, haftet dieser Tage natürlich der Ruch des potenziellen Klimakillers an. Vor dem geistigen Auge erscheinen missgelaunte Halbwüchsige mit Transparenten, die meine Neuerwerbungen – trotz mancher Zuckerstücke und Raritäten – partout nicht gegen ihre Zukunft eintauschen wollen. O je … schnell an etwas anderes denken! Hundewelpen! Hundewelpen!
Dabei gibt es einen Ausweg aus der Misere: Gebrauchtkauf, denn die Ökobilanz bereits gepresster Vinyl- oder Polycarbonatscheiben, mithin die erdölbasierten Stoffe, aus denen unsere LP- und CD -Träume sind, ist so schlecht nicht. Klang gewordene Wiederverwertung, die den Müllberg schrumpfen lässt, Weltmeere und Gewissen entlastet! Der Haken an der Sache: Vor allem in Flohmarktkisten mit der Aufschrift „Zehn LPs für einen Euro“ wimmelt es gemeinhin nur so von schwer vermittelbarer Ware, die prädestiniert ist für deutlich rustikalere Recyclingtechniken. Konkret: den Schredder.
Keine Ahnung, ob das heute noch so ist, aber früher war es tatsächlich gängige Praxis, das fein zerkrümelte Vinyl dem Asphalt bei zumischen, mit dem dann sonnengegerbte, lederhäutige Männer unsere Bundesautobahnen um weitere Stauspuren verbreiterten. Wir fuhren also quasi auf Musik, die niemand mehr hören wollte. Mit der CD ist es leider nicht ganz so einfach. Bisweilen entdeckt man Fahrzeughalter, die sich einen ausgedienten Silberling an den Rückspiegel hängen, was einerseits mit wirren Lichtreflexionen irritieren kann, andererseits auch nur quantitativ begrenzt zur Entsorgung beiträgt. 37 silberne Scheiben am Rückspiegel werten Ordnungshüter zu Recht als „ Sichtbehinderung“ , die mit einem Bußgeld geahndet wird. Wohin also damit? Das Zeug landet, sofern legal entsorgt und zerhäckselt, entweder im Müllverbrennungswerk oder wird (hoffentlich) fachgerecht recycelt – je nach Marktlage. Aus Polycarbonat lassen sich theoretisch nämlich – außer CDs – noch allerlei andere, mehr oder minder sinnhafte Dinge herstellen. Etwa Brillengläser und Gewächshäuser. Oder Flugzeugfenster.
Ich räume ein: Der Gedanke, dass man in 10.342 Mete n Höhe und bei einer Geschwindigkeit von 917 Stundenkilometern von der bitterkalten und auch ansonsten reichlich lebensfeindlichen Stratosphäre nur durch aufgebackene Ex-CDs getrennt wird, kann empfindsamen Gemütern Anlass zur Beunruhigung geben. Falls man beim Blick aus der Boeing einen blass verschwommenen GEMA-Aufdruck entdeckt, sollte man vielleicht doch besser die Fluggesellschaft wechseln. Aber das mit dem Fliegen ist ja eh so eine Sache, ebenso wie das Autofahren auf ehemaligen Heintje-Platten. Genau: Hundewelpen! Hundewelpen! Konstruktiver Vorschlag: ein Pfandsystem für ungeliebte CDs. Die schiebt man, sofern dezidiert unverkäuflich, in ein Gerät beim Plattenhändler und kassiert dafür 20 Cent pro Scheibe, die umgehend in den Erwerb neuer Ware investiert werden können. Das Presswerk holt den Kram, schleift ab, beschichtet neu und verwandelt Scheiße in Gold. Alchemie des frühen 21. Jahrhunderts. Wenn jetzt irgendein diplomierter Polymerisations-Nerd behauptet, dass das leider nicht so einfach ginge: L a la la … will ich gar nicht hören! Und schon wieder: Hundewelpen! Hundewelpen!