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Die 50 besten Alben des Jahres 2021 | Platz 5-1

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Die 50 besten Alben des Jahres 2021 | Platz 5-1

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Zwölf Monate, hunderte von neuen Alben, tausende von Songs – gute, schlechte, grandiose Stücke.
Wer kann da den Überblick behalten? Gut, dass es die CLASSIC ROCK-Redaktion gibt! Wir haben uns auf
Zeitreise begeben, uns für euch angestrengt erinnert, haben gesammelt, recherchiert, diskutiert, bewertet und auch gekämpft. Das ist dabei herausgekommen: die 50 besten Alben des Jahres 2021!

Texte: Matthias Jost, David Numberger, Paul Schmitz, Markus Werner.

Platz 5: Mastodon – HUSHED AND GRIM

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich die seit je her in ihrer Musik angelegte Neigung zu ausufernden, komplexen Strukturen endgültig Bahn brechen würde, nun legen Mastodon also ihr erstes Doppelalbum vor. Das Faszinierende an dem neunzigminütigen Mammut… äh Mastodonwerk: Der Vierer aus Atlanta packt in jeden Song derart viele Ideen, Tempo- und Stilwechsel wie andere Bands in ein ganzes Album. Dadurch bleibt HUSHED AND GRIM über die gesamte Laufzeit hinweg spannend, die durchschnittliche Songlänge von ca. sechs Minuten wirkt zu keinem Zeitpunkt künstlich gestreckt. Produzent David Bottrill (u. a. Tool, Rush, Muse, Peter Gabriel) verstand es wie kein anderer, gänzlich neue Facetten des Quartetts zu Tage zu fördern. So beginnt ›The Beast‹ mit einer von dieser Band noch
nie gehörten, konventionellen Country-Blues-Passage inkl. Clear Vocals, bis nach guten zwei Minuten das titelgebende Biest von der Leine gelassen wird. ›Had It All‹, mit äußerst dezenten Elektronik-Tupfern, ist eine Ballade für die Ewigkeit, die auch dem hartgesottensten Fan einen Kloß in den Hals drücken dürfte
– auch hier beeindruckend: die Gesangsleistung, die auf diesem Album ein neues Level erreicht. Als hätten sie sich nicht ohnehin schon mit ihren letzten Longplayern fortwährend gesteigert, legen Mastodon mit HUSHED AND GRIM ihr vorläufiges Opus magnum vor. Sprachlosigkeit vor Staunen.
Anspieltipp: ›Had It All‹

Platz 4: Israel Nash – TOPAZ

Er ist gekommen, um zu lernen. Besser gesagt ist Israel Nash Gripka, von 2009 aus und damals noch in New York ansässig, bei seinem mittlerweile sechsten Studioalbum angelangt, um immer weiter dazuzulernen – für Nash ein zentraler Lebenssinn und -inhalt. Und so hat der sanfte Eigenbrötler und philosophisch denkende, große Mensch methodisch und stilistisch sein Repertoire auf TOPAZ konsequent erweitert. Immer mehr auf eigenen Beinen stehend, in seinem Studio auf dem wilden Stück Land in Texas, das er seit etlichen Jahren bewohnt, unternahm er 2020 das Unterfangen, erstmals ein Album vollkommen selbstständig zu produzieren. Dafür ließ er sich Zeit und nahm sich die nötige Ruhe sowie neue Vorbilder. Denn, so erklärte er im März gegenüber CLASSIC ROCK: „Ich bin als Songwriter an einen Punkt gekommen, an dem ich mich von Musik inspirieren lassen und meine eigene Interpretation davon kreieren kann, ohne mich dabei in einen vorformulierten Rahmen pressen lassen […] zu müssen.“ All das hört man auf TOPAZ: Die einjährige Entstehungsphase der insgesamt zehn neuen Stücke und die Ungestörtheit im einsamen Arbeiten (›Dividing Lines‹), die Weite der Umgebung von Dripping Springs (›Canyonheart‹), den 70s-Soul (›Indiana‹), den Nash zu jener Zeit in sich aufsog. Hatten die früheren
Veröffentlichungen Nashs ihren festen Stand im amerikanischen Rock, fügte er ihnen über die Jahre mehr und mehr Psychedilica und Folk hinzu, zuletzt auf LIFTED von 2018 um einigen Sunshine-Pop und Kaugummiblasenschimmer aufpoliert. Diese Strömungen vereint TOPAZ erneut, zeigt sie aber in schärferen Konturen und bereichert sie durch soulige Bläsersätze und Backing-Vokalistinnen. Ein gereifter, mutigerer und neu inspirierter Israel Nash: 2021, du hattest auch deine guten Seiten.
Anspieltipps: ›Southern Coasts‹, ›Canyonheart‹

Platz 3: Blackberry Smoke – YOU HEAR GEORGIA

Im Prinzip war jedes 2021 erschienene Album zwangsläuf ig ein Lockdown-Album, auch wenn Charlie Starr bekräftigte, YOU HEAR GEORGIA sei zwar im ersten Pandemiejahr entstanden, aber nicht wirklich davon inspiriert worden. Dennoch scheint es mehr als passend, in einer Zeit, in der alle zuhause saßen und Reisen kaum noch möglich war, ein Loblied auf die eigene Heimat zu singen. Oder auch zehn. Wie die in Atlanta ansässige Band ihren Bundesstaat feiert, hat dabei nichts mit störrisch-reaktionärem Redneck-Patriotismus à la Kid Rock oder Ted Nugent zu tun, sondern bemüht sich vielmehr, genau dieses Bild zu widerlegen und die Kunde von einem Ort der Kultur, der Offenheit und Akzeptanz in die Welt zu tragen. Dass darin auch beklagt wird, wie weit manche Menschen von diesen Idealen entfernt sind, belegt, dass Blackberry Smoke nicht durch die rosarote Brille auf ein Südstaaten-Utopia ohne Probleme
blicken – sich aber sehr wohl eine neue Welt herbeisehnen, in der man einander respektvoll begegnet.
Und wie könnte man das besser tun als mit einem Sound, der gleichsam innigst mit dieser besonderen Region der USA verbunden ist und doch auf dem ganzen Planeten Menschen vereint? Das Kunststück, mit dem die Band es in ihrer nunmehr gut 20-jährigen Karriere immer zu vermeiden wusste, als gestrig-hängengebliebene Klischeetruppe abgetan zu werden, besteht dabei darin, dass sie sich nie vollständig den Southern-Rock-Konventionen ergab, sondern immer auch zu Soul, Country oder leicht psychedelischen Anwandlungen geschielt hat. Spätestens seit THE WHIPPOORWILL von 2012 ist dieses Rezept zu erhabener Güte gereift und somit zu jener Eigenschaft, die so vielen zugeschrieben wird, die aber nur die wenigsten wirklich je erreichen: Zeitlosigkeit. Dass diese Songs genauso gut aus dem Jahr 1978 stammen könnten, ist unerheblich, und wo ein Prachtstück wie ›All Rise Again‹ (mit Warren Haynes) sich richtig traditionell gibt, zeigt das Highlight ›Morningside‹, wie muskulös und kraftvoll dieser Cocktail zubereitet werden kann. Die wichtigste Zutat im Sound von Blackberry Smoke hingegen durchdringt alle Strömungen, Stilrichtungen und Facetten auf wunderbarste Weise: Wärme. Und die können wir momentan wirklich mehr denn je brauchen.
Anspieltipp: ›Morningside‹

Platz 2: Black Label Society – DOOM CREW INC.

Die beiden Zankäpfel, dieses Mal sind sie getrennte Wege gegangen. Die On/Off-Beziehung von Ozzy Osbourne und seinem Stammgitarristen Zakk Wylde stand eigentlich zuletzt auf „On“, dennoch wurde Letzterer nicht zur Arbeit am jüngsten Werk von Ersterem eingeladen. Angeblich, weil die Sessions an ORDINARY MAN (2020) derart zwanglos und ohne erklärte Absicht, etwas Verwertbares zu produzieren, vonstatten gingen, dass sie sich gar nicht wie Albumsessions angefühlt hätten. Was in der Folge den Gedanken an eine Beteiligung Wyldes gar nicht erst aufkommen ließ. Klingt irgendwie nach billiger Ausrede, oder? Dem Außenvorgelassenen kann’s recht sein, konnte er doch so all die in ihm schlummernden Songideen für sein eigenes Album aufsparen. Und dass es derer nicht wenige gegeben
haben muss, davon legt DOOM CREW INC. eindrucksvoll Zeugnis ab, Wyldes Elfte berstet nahezu vor großartigen Momenten. Betitelt nach dem Spitznamen, den er selbst seiner Road Crew gegeben hat, und als Verbeugung vor ebendieser und den Fans gedacht, finden sich auf DOOM CREW INC. zwölf Titel im typischen Black-Label-Society-Signature-Sound, von denen nicht einer auch nur ansatzweise als Füller
bezeichnet werden kann. Beginnend mit dem knochentrockenen Banger ›Set You Free‹ über die unsterbliche Ballade ›Forever And A Day‹ und das 90er-Vibes atmende ›Gospel Of Lies‹ bis hin zu ›Farewell Ballad‹, dem Gänsehaut-garantierenden Abschied von allen Von-uns-Gegangenen inkl. Kloß-im-Hals-Garantie, berstet diese Platte nur so vor ausladenden Melodien, Soli und Twin Guitars. Auch
DOOM CREW INC. zeigt sich wieder klar inspiriert von Zakks musikalischen Helden aus Teenagertagen, darunter Black Sabbath, Led Zeppelin, Cream und Deep Purple. „Diese Riffs sind für mich der Maßstab, wie ein Song zu klingen hat. Mein Amp ist zwar vergleichsweise leise, aber dafür mit ganz viel Hall eingestellt. Wenn man die Augen schließt, hört sich der Sound so an, als stehe man im New Yorker Madison Square Garden. Das sind so kleine Tricks, die eine ungeheure Wirkung entfalten.“ Man muss Ozzy wirklich dankbar sein.
Anspieltipp: ›Farewell Ballad‹

Platz 1. Neil Young & Crazy Horse – BARN

Scheunen mochte Neil Young schon immer. Das Meisterwerk HARVEST wurde in einer aufgenommen,
gern parkt der Songwriter seine Biosprit-Oldtimer-Autos darin, jetzt heißt auch eins seiner Alben so: BARN. Scheune. Es passt zu Youngs Musik, die sich ja seit den Anfängen in den 60ern – von einigen
Ausreißern in den 80ern abgesehen – nicht grundlegend verändert hat: Seine Lieder haben was Altes, Archaisches an sich, hatten sie schon immer. Ob er sich jetzt allein mit Gitarre und Mundharmonika
hinsetzte oder mit seinen treuen Crazy Horse einen urzeitlichen Gitarrensturm entfachte. Er lag damit zwar immer wieder mal im Trend, allerdings ohne selber einem zu folgen. Auf BARN kommt jetzt nochmal beides zusammen: der Songwriter und der Krachmacher. Die Scheune hat auch was mit Youngs Weltzugang zu tun, beziehungsweise seiner Weltverarbeitung. Sie ist sowas wie sein Ort der Reflexion des zuvor Erlebten, Erfahrenen, von einem neuen Standpunkt aus. Die räumliche Distanz macht es einfacher, darüber zu singen. Und diesmal kam das Ganze tatsächlich einem Rückzug gleich. Denn die Scheune, in der Young zusammen mit Billy Talbot, Ralph Molina und Nils Lofgren (der heutigen Inkarnation von Crazy Horse, Youngs „Band aus Brüdern“) die Stücke für BARN aufgenommen hat, steht hoch oben in den Rocky Mountains. Es ist dieselbe wie auf dem Coverfoto. Die Natur, das Abgeschiedene als Hintergrund für den Blick auf die Zivilisation, und darauf, wie beide Sphären aufeinander wirken, wie eine die andere bedroht. Das beschauliche ›Song Of The Seasons‹ – akustische Gitarre, Ziehharmonika –
lässt noch Raum für Romantisierung. Songs wie der Bar-Bluesrock ›Change Ain’t Never Gonna Come‹ oder das gewaltig wütende ›Human Race‹ hauen dazwischen. Young schießt gegen einen „Benzin verbrennenden Mob“, prophezeit Waldbrände, Überschwemmungen, die die heutige Generation ihren Kindern hinterlässt, wenn nicht endlich ernsthaft was gegen den Klimawandel gemacht wird. Das Umwelt-Zivilisation-Thema ist zentral auf BARN. Young nimmt sich aber auch Zeit für den Blick zurück (›Heading West‹ erzählt davon, wie er einst als junger Musiker aus Kanada nach Kalifornien gekommen ist) und macht Wortspielchen mit seinem noch relativ neuen Status als US-Kanadier (›Canerican‹). ›Tumbling Through The Years‹ ist ein ganz zartes Klavier-Liebeslied. Absolut großartig sind das maximal reduzierte, verlorene ›They Might Be Lost‹ und die achteinhalb Minuten ›Welcome Back‹ mit Youngs charakteristischer, schleppender, suchender E-Gitarre.
Anspieltipp: ›They Might Be Lost‹

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