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Das letzte Wort: Mark Lanegan

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Das letzte Wort: Mark Lanegan

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Das Seattle-Urgestein über finstere Zeiten, den Segen der Kreativität und das beschauliche Leben in der irischen Provinz.

Mit den Screaming Trees schaffte er es in die zweite Garde der (imaginären) Grunge-Szene, während er die tiefsten Drogenabgründe durchschritt. Der Titel seiner Autobiografie, „Alles Dunkel dieser Welt“, ist dabei keineswegs übertrieben, doch lesenswert ist sie nicht nur wegen der verstörenden Einblicke in das Denken und (Beinahe-Ab)Leben eines hoffnungslosen Junkies. Bis zu seinem Tod im Februar 2022 genoss der Amerikaner mit dem einmalig gegerbten Timbre eine vielfältige Karriere als hochangesehener Musiker, Künstler und Autor, der kreativ nie stillstand.

Hallo Mark, wie geht es dir so in Irland?
Gut, danke. Ich wollte schon lange umziehen, aber es gab immer irgendwelche Verpflichtungen, die mich in den USA hielten. Die Pandemie gab mir dann die Chance, weil ich keine Arbeit und keine anstehenden Tourneen mehr hatte, also verkaufte ich meine Bleibe und bin im Sommer 2020 endlich hierhergekommen.

Dann hast du dich wohl auf der Smaragdinsel schon eingelebt. Obwohl zumindest das Wetter und die Landschaft keine so große Umstellung von deiner Heimat gewesen sein dürften.

Ich war ja schon viele Male hier, es war also nichts völlig Neues. Und ja, so anders als im pazifischen Nordwesten der USA ist es hier nicht, allerdings habe ich die letzten 20 Jahre in Los Angeles gelebt, von daher war es also schon ziemlich anders, wieder zu Regen und Winterwetter zurückzukehren.

Wie hast du die Pandemie durchlebt?
Tag für Tag, wie alle anderen auch. Das war schon ziemlich verrückt manchmal, als wären wir plötzlich in dem Film „Children Of Men“ aufgewacht. Und man fragt sich nur noch, was kommt als Nächstes? In den USA war es komplett durchgeknallt, das hatte auch viel mit mei- nem Umzug zu tun.

Dein Buch ist alles andere als leichte Kost, aber ich musste stellenweise auch herzhaft lachen, vor allem bei der Passage über deine Begegnung mit Liam Gallagher …
Naja, das war vor 30 Jahren. Wenn wir uns unter anderen Bedingungen getroffen hätten oder ich in einer besseren Stimmung gewesen wäre, hätte ich vielleicht eine ganz andere Meinung von ihm. Aber es ist schön, dass du lachen konntest. Das Buch ist ja ziemlich finster, da war es gut, auch ein paar lustige Momente zu
haben.

Es ist schon schmerzhaft, es zu lesen. Wie schwer war es für dich, das alles niederzuschreiben?
Es war keine spaßige Erfahrung, das kann ich dir sagen. Da war vieles, worüber ich sehr lange nicht mehr nachgedacht hatte. Das war schwer und ich war sehr unglücklich. Die Leute sagen, es sei eine kathartische Erfahrung, sowas aufzuschreiben, aber für mich war es eher das Gegenteil. Es war das Öffnen der Büchse der Pandora. Ich wollte es nur hinter mich bringen und versank teilweise so tief in dem Prozess, dass ich manchmal 12–14 Stunden am Stück arbeitete, ohne zu essen, trinken oder pinkeln zu gehen. Und zum Glück sind noch ein paar der Leute darin am Leben, die mir einige der Fakten bestätigen konnten.

Die Tourerlebnisse, vor allem mit Alice In Chains, waren verrückt, aber es ist herzerwärmend, wie sehr du sie auch als Künstler und Menschen geschätzt hast.
Wir waren alle völlig außer Kontrolle mit unserer Drogensucht, aber es war immer der Wahnsinn, sie spielen zu sehen. Layne Staley war nicht nur ein unglaublich lustiger, liebenswerter und intelligenter Mensch, sondern auch einer der überragendsten Musiker und Performer, die ich je gesehen habe. Es war trotz all des kranken Mists eine wunderbare Erfahrung, das miterleben zu dürfen.

Was hat dich überhaupt dazu veranlasst, das Buch zu schreiben, wenn es eine so schmerzhafte Erfahrung war?

Ein paar Freunde schlugen das vor, und wenn man mal den Vertrag unterschrieben hat, muss man es auch machen. Ich wollte nur keine dieser kitschigen Rockstar-Biografien abliefern. Doch Anthony Bourdain, mit dem ich gut befreundet war, gab mir dann den besten Ratschlag: „Um das zu erreichen, musst du so ehrlich sein, dass es dir selbst unangenehm ist“. Und ich erkannte, dass es wirklich ein gutes Buch abgeben würde, weil es einfach wahr ist. Viele Leute werden da in keinem guten Licht dargestellt, aber ich habe mir von allen noch
Lebenden, die erwähnt werden und mir etwas bedeuten, die Genehmigung eingeholt. Nie mand von ihnen verweigerte sich oder wollte Änderungen. Und letztlich bin ich derjenige, der darin am schlechtesten wegkommt.

Zum Glück hat sich das Blatt für dich gewendet. Was hast du aus dieser Zeit gelernt?
Meine Frau sagt, nichts! (lacht) Aber nein, ich weiß heute, dass ich Dinge vermeiden muss, die mir und/oder anderen Menschen um mich herum schaden und wehtun. Und je mehr geliebte Menschen man verliert, desto mehr lernt man, sich von den Flammen fernzuhalten.

Das Buch trieft nur so vor Selbstverachtung. Trägst du dieses Gefühl immer noch mit dir oder bist du heute mit dir im Reinen?
Wenn ich das nicht überwunden hätte, wäre ich nicht mehr am Leben. Ich kann nicht sagen, dass ich immer glücklich bin, aber ich erlebe viel Freude, ich würde mich als jemanden beschreiben, der das Leben liebt. Ich finde Glück in meiner Arbeit, ich liebe es, zu singen und Musik zu machen, ich zeichne gerne, schreibe gerne Gedichte. Und ich finde Glück in alltäglichen Dingen, wie Kaffeetrinken mit meiner Frau, Abendessen mit Freunden, Wandern an der Küste.

Und was steht nun an? Glaubst du, dass Tourneen bald wieder möglich sein werden?
Ich habe einiges im Köcher, eine neue Platte, einen Gedichtband und mehr. Aber live spielen … Ich weiß, viele Leute verhalten sich, als sei alles wieder okay, und viele Acts buchen schon wieder fleißig Konzerte, aber ich finde, das ist voreiliger Optimismus. Natürlich möchte ich wieder spielen, denn ich liebe es und das ist schließlich mein Lebensunterhalt. Aber auch geimpfte Menschen werden noch krank und sterben, also
halte ich das alles noch längst nicht für ausgestanden. Es ist eine verrückte Zeit und niemand weiß wirklich, was passieren wird.

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