Tief im Westen …und hoch im Norden noch dazu, führte Bruce Fairbairn sein Little Mountain Sound Studio. Und plötzlich war Vancouver für zahlreiche Rockacts „the place to be“. Damals, in den 80ern.
Dafür, dass der 1949 geborene Bruce Earl Fairbairn zu einem der erfolg- reichsten Rockproduzenten der
Schulterpolsterära aufstieg, spielte er eigentlich das völlig falsche Instrument. Sunshyne hieß die Jazzrock-Combo, für die er in den frühen 70ern die Trompete blies – in deren Umfeld er aber auch erste Erfahrungen als Produzent sammelte. Mit ehemaligen Sunshyne-Mitstreitern konzipierte er 1977 die Hardrock-Band Prism, deren von ihm produziertes Debüt im heimischen Kanada prompt Platinstatus erreichte. Nun war Erfolg im Ahornland sicher eine feine Sache, doch wer am ganz großen Rad drehen wollte, der brauchte zweifellos einen
Hit in den USA. Loverboy hieß die ebenfalls kanadische Band, deren Erstlingswerk – betreut von Fairbairn und Toningenieur Bob Rock – 1980 auch im südlichen Nachbarland ordentlich Eindruck machte. Womit einer
internationalen Karriere nun nichts mehr im Wege stand.
Blue Öyster Cult ließen Fairbairn 1983 THE REVÖLUTION BY NIGHT produzieren, für die Schweizer Hardrocker Krokus zündete er ein Jahr später THE BLITZ. Doch Fairbairns größter Coup war zweifellos SLIPPERY WHEN WET, das Bon Jovi 1986 – nach zwei durchaus erfolgreichen Werken – in eine ganz neue kommerzielle Umlaufbahn katapultierte. Allein in den USA ließen sich bislang über zwölf Millionen Exemplare absetzen. Der
Nachfolger NEW JERSEY ging ebenfalls auf sein Konto, doch zwischenzeitig hatte Fairbairn bereits neue Kundschaft akquiriert: Aerosmith etwa, deren PERMANENT VACATION ihrer leicht angeschlagenen Karriere neuen Schwung verpasste, der sich dann auf PUMP eindrucksvoll fortsetzen sollte. Auch auf Werken der Scorpions, von Poison, Van Halen und auf AC/DCs THE RAZORS EDGE konnte sich Fairbairn verewigen, denn seit Ende der 80er Jahre galt er als erste Wahl für bereits etablierte Rockacts auf der Suche nach frischer Inspiration. Letztere war in Zeiten des popkulturellen Wandels eine faktische Überlebensfrage, denn einerseits klopfte der Grunge an die Tür, der so manche Rocktradition infrage stellte, andererseits boten sich mit HipHop und der aufkommenden Technokultur Alternativen fürs amüsierwillige Publikum: Rockmusik, selbst jene Spielart mit möglichem Mainstream-Potenzial, war nicht mehr völlig konkurrenzlos.
Bis heute rätselhaft ist sein verfrühter Tod im Jahr 1999. Fairbairn sollte Songs von Yes’ neuem Album THE LADDER abmischen. Als er nicht erschien, suchte ihn Yes-Sänger Jon Anderson in seiner Wohnung auf – und fand den 49-Jährigen leblos vor. Ob es ein Herzanfall oder ein Blutgerinnsel war, an dem Fairbairn verstarb, ist bis heute nicht restlos geklärt. Kein Zweifel besteht allerdings daran, dass er einer der erfolgreichsten Produzenten seiner Zeit war – und dass er tatkräftig mitgewirkt hat, den „klassischen Rock“ in die 90er Jahre zu transportieren.