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Clive Burr

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Clive Burr

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Hard Rock Cafe DVD Launch Party with Proceeds Benefiting the Clive Burr MS TrustDer Rhythmus des Lebens

Als Clive Burr 1982 bei Iron Maiden gefeuert wird, bricht eine Welt für ihn zusammen. Er denkt, dass es nicht schlimmer kommen kann. Doch dann wird bei ihm Multiple Sklerose diagnostiziert, und sein Leben ändert sich radikal. CLASSIC ROCK besucht den Drummer zu Hause in London.

Text: Lee Marlow

Es beginnt in seinen Händen, ausgerechnet. In seinen Händen, den wichtigsten Körperteilen, den Arbeitswerkzeugen. Zunächst ist es nur ein prickelndes Gefühl, nichts allzu Beunruhigendes. Eher unangenehm als schmerzhaft. Aber es will nicht aufhören. Mehr noch: Es wird stetig schlimmer. Clive Burr vermutet anfangs, dass das Kribbeln vom vielen Schlagzeugspielen komme. Schließlich prangt seit jeher der Spruch „Immer feste druff!“ als Schriftzug von seinen Drumsticks. „An dieses Motto habe ich mich immer gehalten“, erinnert sich Burr heute, „also bin ich dazu übergegangen, alle Sorgen zu verdrängen und nicht über diesen Mist nachzudenken.“ All das passiert in den Jahren 1988 und 1989, also eine ganze Zeit nach seinem Aus bei Iron Maiden 1982. Burr hat inzwischen bei etlichen anderen Acts auf dem Schlagzeug-Hocker gesessen, bei Trust, Stratus oder Gogmagog etwa.

1994 verschlimmert sich Burrs Leiden jedoch so sehr, dass er es nicht mehr ignorieren kann. „Mir fielen dauernd Sachen runter“, erzählt er. „Ich konnte nicht mehr ordentlich greifen, meine Drumsticks kaum noch halten.“ Als er die Sticks nicht mehr zwischen seinen Fingern kreisen lassen kann – den Trick, den er noch ein paar Jahre zuvor mit geschlossenen Augen aufgeführt hat –, ist es an der Zeit, zum Arzt zu gehen. Die Diagnose dauert Monate. Burr lässt Tests und Untersuchungen über sich ergehen, dann weitere Tests, bis ihm letztendlich ein Facharzt mit versteinerter Miene eine äußerst schlechte Nachricht überbringt. Übler geht’s kaum für ihn, den Drummer: Multiple Sklerose. Und noch dazu handelt es sich um einen besonders bösartigen, aggressiven Erregerstamm, der primär progrediente Multiple Sklerose auslöst. Das bedeutet, dass die Krankheit kontinuierlich voranschreitet und nur schwer zu behandeln ist. Clive Burrs Leben wird nie mehr dasselbe sein.

ÜBLE NACHREDE
Heute sitzt der Mann, der das getriebene, aber stets unverwechselbare Rhythmusgerüst der ersten drei Maiden-Platten gezimmert hat, im Rollstuhl. Manchmal ist es für ihn schon ein Kampf, am Morgen eines neuen Tages aus dem Bett zu kommen. „Ich werde schnell müde“, berichtet er, „ich kann nicht immer das tun, was ich gerne tun würde.“ Seine Trommeln stehen in der Garage seines speziell für seine Bedürfnisse umgebauten Hauses im Londoner Vorort Wanstead. Dort wohnt er mit seiner Freundin Mimi, einer ehemaligen Lehrerin an der Sonntagsschule, die ebenfalls an Multipler Sklerose leidet. „Meeeeeeeeemes“, ruft er mehrmals während des Interviews, „wo ist mein Rosie?“ (Tee der Marke „Rosie Lee“ – Anm.d.A.) „Ich hole das Schlagzeug nur noch raus, wenn meine Neffen vorbeikommen“, so Clive, „sie scheinen es zu mögen.“ Mehr ist für den 54-Jährigen nicht drin.

In einer anderen Garage lagert ein Haufen beschädigter Paiste-Becken, die bei verschiedenen Gigs auf der 1982er-„Beast Of The Road“-Tour kaputt gegangen sind. Ein schmerzliches Andenken an das Kraftpaket von einem Drummer, das er einst war. Doch die Tage des Schlagzeugspielens sind für Burr definitiv vorbei.

Nichtsdestotrotz kommt es nur selten vor, dass ihn seine Krankheit runterzieht, emotional fertigmacht. Dann schaltet er den DVD-Player ein und sieht sich ein altes Maiden-Konzert an. „Ich mag das“, sagt Burr lachend, „Ich sitze mit Meemes herum, lege meine Füße hoch und bin im Geiste wieder hinter den Drums. Ich grinse dann die ganze Zeit. Wir waren wirklich eine gute Band.“

Burr sagt das ohne Zorn. Dabei hätte er allen Grund, wütend zu sein. Denn sein Abgang bei Iron Maiden, ach, nennen wir es beim Namen, sein Raufwurf, hat während der vergangenen 30 Jahre stets an ihm genagt. Vielleicht auch deshalb, weil in der Presse so viel und so oft darüber berichtet worden ist, wie die Trennung zwischen Burr und Maiden während der US-Tour im Sommer 1982 abgelaufen ist. „Das meiste davon stimmt nicht, vieles war totaler Quatsch“, sagt Burr heute. „Ich habe z.B. gelesen, dass exzessiver Drogenkonsum oder zu viel Alkohol der Grund für meinen Abgang gewesen sein sollen, aber das ist nicht wahr.“ Die Wahrheit ist – wie so oft – ein bisschen dunkler und bitterer.

Mit einem Telefonanruf fängt es an. Burr ist zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg nach London, denn sein Vater Ronald, gerade 57 Jahre alt, hat unerwartet eine Herzattacke erlitten und ist gestorben. Obwohl Iron Maiden gerade im Begriff sind, ihre Tour durch die Staaten zu beginnen, reist Burr nach Hause. „Ich musste einfach heim“, betont er. Alle Bandmitglieder scheinen damit einverstanden zu sein, also steigt Clive in die Concorde und fliegt von New York nach London.

Damit die Tour weitergehen kann, holen Maiden Nicko Mc-Brain von den französischen Metallern Trust als Ersatz ins Team. McBrain ist ein Kumpel von Burr. „Ich kannte ihn“, so Clive. „Netter Kerl, guter Drummer!“ Nicko erlaubt sich gerne einen Spaß – so hat er sich bereits früher bei einigen Maiden-Shows als Eddie verkleidet, um das Publikum zu terrorisieren. „Er liebte die Band, er liebte es, ein Teil von Maiden zu sein. Und der Rest der Band mochte ihn.“ Clive wird noch herausfinden, wie sehr…

GEPLATZTE TRÄUME
Doch zunächst geht er zur Beerdigung seines Vaters, verbringt ein bisschen Zeit mit seiner Familie und fliegt zwei Wochen später zurück in die Staaten zu Maiden, die als Support für Rainbow, die Scorpions, .38 Special und Judas Priest kreuz und quer durch Amerika fahren. „Ich kam in den Backstageraum und wusste so-fort, dass etwas nicht stimmte“, erinnert sich Clive. Es gibt ein Meeting, die Atmosphäre ist angespannt. Veränderung liegt in der Luft, und Clive, obwohl er noch immer benommen ist vom Verlust seines Vaters, kann sie riechen. „Wir denken, dass es Zeit für eine Pause ist“, sagen sie Clive. Das ist alles. Nach beinahe vier Jahren und drei Alben, die viele Maiden-Fans als die besten der Band betrachten, platzt Burrs Traum – gerade dann, als er endlich wahr geworden ist. Aus, vorbei.

Clive Burr muss sich erst einmal den Staub abklopfen und ganz von vorne anfangen. Er trauert nun nicht nur um seinen Vater, sondern auch um seine Band und den Job, von dem er geträumt hat, seitdem er das erste Mal Ian Paice mit Deep Purple ›Highway Star‹ spielen sah. In Großbritannien grassieren die Gerüchte: Er soll aufgrund seines Drogenkonsums rausgeworfen worden sein, vielleicht ist es aber auch die Sauferei gewesen. Überhaupt: Kann es sein, dass Clive Bier, Sex und Rock’n’Roll ein kleines bisschen mehr zugeneigt ist als die anderen? Hat er nicht manchmal einen Eimer mit auf die Bühne genommen und neben den Drum-Hocker gestellt, wenn ihn der Kater mal wieder überwältigt hat? Clives Freuden am Rock’n’Roll-Leben sind es, die seiner Band im Weg gestanden haben. Darauf einigt man sich schließlich.

Alle, nur Clive nicht. 30 Jahre später schmerzt es ihn immer noch, diese Gerüchte zu hören. Er trinkt nie viel, hat es nie getan. Klar, vor dem Gig gibt es gern mal Brandy und Cola – „mein Roadie hat mir das früher vor dem Gig gebracht“, lacht er – aber er übertreibt es nicht. Nicht weniger oder mehr als die anderen Bandmitglieder. „Wir waren wie Schulkinder“, schildert Burr die ersten US-Erlebnisse. „Niemand von uns war je in den Staaten gewesen, die Erfahrung öffnete uns die Augen. Es gab eine Menge Partys, bei denen sich uns die Mädels an den Hals warfen. So etwas hatten wir bis dahin nicht erlebt.“ Clive (der vom Teenie-Magazin „Oh Boy“ im Juli 1980 sogar zum „Adonis des Monats“ gekürt wird) kostet das aus: „Natürlich habe ich das genossen. Wir alle.“

Aber das ist nun Geschichte. Clive reist zu-nächst nach London und von dort aus mit seiner Mutter weiter nach Deutschland. Dort taucht er unter. „Ich war zu aufgeregt, um wütend zu sein“, sagt er. „Ich durchlebte vielmehr eine Trauerphase, habe um meinen Vater und um meine Band getrauert. Doch dann putzte ich mich heraus und machte weiter.“ Einfach so? „Mehr oder weniger, ja. Ich war nicht ernsthaft verbittert. Dafür ist das Leben zu kurz. Aber es tut gut, die Dinge ins rechte Licht zu rücken, nun meine Version der Geschichte zu erzählen“, so Clive weiter, „denn nur wenige Leute kennen diese Seite der Story. Denn ich denke nicht, dass es der beste Zeitpunkt ist, jemanden abzuservieren, wenn derjenige kurz zuvor seinen Vater verloren hat. Aber wahrscheinlich hatten sie ihre Gründe.“

LAUTSTARKE KINDHEIT
Nach seiner Zeit bei Maiden trommelt Clive Burr in relativ schneller Abfolge bei einer Reihe von Bands: bei Graham Bonnets Alcatrazz (da hält er es gerade mal eine Woche aus), Trust (Nicko McBrains alter Band), Stratus, Gogmagog (einer New Wave Of British Heavy Metal-Supergroup), Elixir und Dee Sni-ders Desperados. Keine dieser Gruppen kann Iron Maiden auch nur annähernd das Wasser reichen. Für Clive Burr ist das jedoch nicht wichtig: „Ich wollte nur spielen. Als ich aus Deutschland zurückkam, versteckte ich meine Haare unter einem Hut, trug dunkle Sonnenbrillen und trommelte für jeden, der mich haben wollte, in den Pubs von London.“

Eine Rückkehr zu den glücklichen Tagen der Kindheit, in denen er unbelastet drauflos spielen kann. Burr ist in einer Sozialwohnung in Manor Park, dem Herzen von Londons East End, groß geworden. Zu seiner Schulzeit baut sich Clive dort ein behelfsmäßiges Schlagzeug. „Er drosch auf alles ein, was um unser Haus herum zu finden war“, entsinnt sich seine Mutter Klara. Als er Ian Paice bzw. Deep Purple für sich entdeckt, erreicht seine Obsession eine neue Dimension. Daher bekommt er mit 15 von seiner Familie sein erstes richtiges Schlagzeug geschenkt. Für ihn ein Segen, für die Nachbarn ein Fluch. „Die Anwohner hatten nichts gegen das Drumkit an sich, sie wollten es nur nicht hören“, so Klara. „Immer wenn ich aus unserer Wohnung kam, konnte den Leuten kaum in die Augen zu sehen, weil Clive beim Trommeln wieder mal einen Riesenkrach gemacht hatte.“ Aber selbst Klara, die nie selbst ein Instrument gelernt hat, erkennt, dass es Clive drauf hat. Und zwar richtig. Er nimmt keinen Unterricht, sondern sieht anderen Drummern beim Spielen zu und imitiert sie anschließend. Und er übt und übt und übt.
1979 wechselt Burr von seiner Band Samson zu Iron Maiden, wo er den Platz von Doug Sampson einnimmt. Maiden stehen kurz da-vor, beim Majorlabel EMI zu unterschreiben. Für Clive ist der Abschied von Samsons traditionellem Bluesrock hin zum kernigen Metal ein Aufstieg in eine andere Liga. Maidens Proben laufen geordnet und ernst ab – und sie finden auch statt. Abgesagt wird nichts. Die Songs sind schneller und trickreicher, zudem gibt es zahlreiche Tempowechsel. Bei dieser Band zu trommeln ist kein Anfänger-Job. Doch dank etlicher Auftritte wird Burr besser und besser. Als der Vertrag mit der EMI kurz vor dem Abschluss steht, kann Clive auch endlich seine Arbeit als Laufbursche in der Stadt hinwerfen und sich auf die Musik konzentrieren.

Der Erfolg der Band ist nach Burrs Ansicht fast ausschließlich auf Bassist Steve Harris zurückzuführen. „Er war der Anführer, er schrieb die Songs, er buchte die Shows und setzte die Probentermine an. Steve war sehr zielstrebig. Er wusste, wo das alles hinführen sollte – und wir folgten ihm.“ Hingabe ist alles, und so strengt sich die Rhythmussek-tion an, feilt am perfekten Zusammenspiel. „Anfangs passte nicht immer alles hundertprozentig zusammen“, gesteht Clive. „Steve sagte zu Beginn oft, dass ich die Lieder zu schnell spielen würde. Er forderte ständig, dass ich langsamer starten solle. Das ist eine der bleibenden Erinnerungen an die NUMBER OF THE BEAST-Aufnahmen: Steve sagt mir, dass ich langsamer spielen muss!“ Dennoch: Es gibt nie einen ernsthaften Disput zwischen den Musikern, so Clive. „Wir kamen gut miteinander aus, und es herrschte ein tolles Gemeinschaftsgefühl.“

SPÄTE WÜRDIGUNG
Daran ändert sich selbst nach der Trennung von Burr und Maiden nichts. Clive trifft sich sogar gelegentlich mit Gitarrist Adrian Smith zum Fischen. Als die Band erfährt, dass ihr Ex-Drummer an MS leidet, fasst sie sich an die eigene Nase – und hilft Clive mit dem, was sie am besten kann: Tribute-Konzerten. Mit dem Geld, das Iron Maiden zu seinen Gunsten gesammelt haben, kann Clive sein Leben managen, es einfacher gestalten. „Sie haben mir ein Auto gekauft…“, setzt er an. „Meeeeeeeemes, was für ein Auto ist das noch?“, ruft er. „Wir nennen es das Clive-Mobil. Es ist ein Volkswagen Caddy mit schwarz getönten Scheiben – sieht aus wie eine US-Gangster-Karre. Außerdem konnten wir auch einen Treppenlift im Haus einbauen lassen. Manchmal fahre ich hoch und runter und schaue mir die Platin-Schallplatten an, die bei mir im Treppenhaus hängen. (lacht) Der Erlös der Konzerte kommt übrigens nicht nur mir, sondern auch anderen Menschen mit Multipler Sklerose zu Gute.“

Doch noch weitaus mehr als diese Erleichterungen im Alltag bedeutet es Clive, dass er nicht allein ist. „Iron Maiden beziehen ihn mit ein“, berichtet Mimi in einer ruhigen Minute, als Clive außer Hörweite ist. „Sie sagen zu ihm: ‚Wenn du irgendetwas brauchst, egal was, dann ruf einfach an!‘“, verrät Burrs Lebensgefährtin. „Und Clive weiß, dass er nur zum Handy greifen und sie anrufen muss, wenn er die besten Tickets für eine Iron Maiden-Show haben möchte. Das hört sich vielleicht nicht nach einer großen Sache an, aber für Clive ist es das. Er hat das Gefühl, dass seine Leistungen gewürdigt werden und er ernst genommen wird – als Person wie als Drummer.“

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3 Kommentare

  1. Clive Burr war in den 80ern einer der besten Metal Drummer. Sein Drumming war einzigartig. Da konnten nur wenige mithalten. Egal, wo du jetzt Clive, lass es dir gut gehen. Du bist für ein Held.

  2. Clive Burr war in den 80ern einer der besten Metal Drummer. Sein Drumming war einzigartig. Da konnten nur wenige mithalten. Egal, wo du jetzt bist Clive, lass es dir gut gehen. Du bist für ein Held.

  3. Toller Artikel!

    Es war gar nicht so einfach, ein paar Infos über Burrs Leben zu finden, obwohl man ihn doch als Tausendsassa anerkennen muss, wenn man bedenkt, bei wie vielen Bands er an den Drums erstklassig abgeliefert hat.

    Welt, vergiss diesen Menschen und sein Vermächtnis nicht. Klassischer Metal hat ihm viel zu verdanken. Danke, Clive!

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