Der Frontmann von The Gaslight Anthem goes Springsteen
Viel mehr Bruce Springsteen geht dann auch nicht. Es sei denn, der Boss steht selbst auf der Bühne. Tut er aber nicht, sondern sein New-Jersey-Kumpel Brian Fallon, hauptberuflich bei The Gaslight Anthem für Gitarre und Gesang zuständig. Die machen aber derzeit eine schöpferische Pause und Fallon hat deshalb sein Solodebüt PAINKILLERS vorgelegt, was es derzeit livehaftig zu promoten gilt. Das ist musikalisch eine ganze Ecke gemäßigter als die punk-rockigen Gaslight Anthem, eher im Dunstkreis von Fallons und Ian Perkins’ Side-Projekt The Horrible Crowes.
Sechs Mann stark ist die Live-Truppe, darunter derer gleich drei, die auch bei The Gaslight Anthem musizieren. Neben Fallon nämlich noch Gitarrist Alex Rosamilia (heute ungewöhnlicherweise hauptsächlich an den Tasten beschäftigt) sowie Gitarrist Perkins, der auch noch bei The Horrible Crowes mit gemischt hat. Von seiner musikalischen Vorliebe für den großen Buddy Springsteen aus Freehold, nur einen Steinwurf entfernt von Red Bank, wo Fallon aufwuchs, hat er nie einen Hehl gemacht. Fallon häutet sich und lässt seine Gaslight-Vergangenheit in der Garderobe. Konsequenterweise gibt es deshalb auch keine Songs der Stamm-Band zu hören, womit vermutlich auch niemand gerechnet hat. Er fokussiert sich auf die langsamen, intimen und akustischen Noten des Albums, der Punkrocker bleibt im Stall. Lediglich bei ›Mary Ann‹ und dem abschließenden ›Behold The Hurricane‹ zieht das Tempo mal leicht an, ansonsten bleibt die Handbremse angezogen, was positiv gemeint ist. Und was ›Among Other Foolish Things‹ und ›Painkillers‹ sehr gut zu Gesicht steht, denn live sind die Songs wesentlich kompakter (und besser) als auf dem Album. Fallon fühlt sich sichtlich wohl in seiner Rolle als Chef.
Er ist verdammt gut gelaunt und redet viel, philosophiert über Pot, darüber dass er davon in Amsterdam mal zuviel hatte und seitdem bei Burgern und zwei Bieren bleibt. Er wundert sich, warum alle Welt darüber spricht, dass Axl Rose jetzt bei AC/DC singt, sich aber keiner echauffiert, dass er ab Juli bei den Hives anheuern will. Charmant. Fast das gesamte neue Album wird gespielt (zehn von zwölf lautet die Quote), dazu gesellen sich sieben Songs von den Horrible Crowes sowie ›Teenage Dream‹, ein Katy- Perry-Cover, das sich hervorragend einpasst. Hamburg scheint zufrieden zu sein und lässt Fallon und seine Mannen nach 95 Minuten nur ungern ziehen.
William Miller