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Bob Dylan – ROUGH AND ROWDY WAYS

Dylans 39. Album ist ein meisterhaftes, spätes Konzentrat seiner künstlerischen Vision

In der Karriere eines großen Rockkünstlers kann ein Punkt kommen, an dem er nach Spott und Häme in der Mitte seiner Laufbahn als erhaben und jenseits aller Kritik angesehen wird. So erging es Leonard Cohen, Paul McCartney und David Bowie. In den 80ern wurde Bob Dylan ähnlich wie Bowie nicht immer allzu ernstgenommen und stattdessen als etwas tattrig und angestaubt abgetan. Doch nach TIME OUT OF MIND von 1997 wurde er wieder respektiert. Er muss nichts mehr beweisen, es gibt keine nennenswerten neuen Entwicklungen im Rock, mit denen er mithalten müsste – er existiert nun einfach in einer majestätischen Stratosphäre, weit entrückt von schnöden Betrachtungen der „Relevanz“, altert, aber hat seine uralten Tassen nach wie vor allesamt im Schrank. Sein neues Album ROUGH AND ROWDY WAYS bestätigt dies. Ja, dies ist ein alter Mann, ein wesentlich langsamerer Mann, der von seiner rückblickenden Einsicht lebt. Er klingt nicht mehr wie er selbst, eher wie der Sänger, den Tom Waits nachahmen will, mit einer rauen Stimme aus jahrelang angesammelter Weisheit. Seine einst so unverzichtbare Mundharmonika ist kaum noch anwesend, unterstützt wird er dagegen von seiner Hausband und Gastmusikern wie Fiona Apple, die sich unterwürfig und makellos in seinen Dienst stellen. Das klingt wie das Mobiliar aus brauner Eiche einer innig geliebten Bar, in der Dylan in einem Sessel eine Audienz abhält. Auf ROUGH AND READY WAYS herrscht aber auch eine filmische Atmosphäre. Immer wieder gibt es Referenzen an das Kino: „Der Pate“, „Indiana Jones“, „Nightmare“. Ganz generell erinnert die Stimmung an „The Irishman“, an Scorsese und die Comebacks von Pacino und DeNiro, nur dass Dylans Alter hier ein Vorteil ist und nichts, das per CGI entfernt werden müsse. Und ganz wie bei einem Film, aber ungewöhnlich für Musik, zögert man hier, allzu viel über die textlichen Wendungen zu verraten, weil man nichts spoilern will. Bei all der Offenbarung und Klarheit ist jedoch auch offensichtlich, dass Dylan seinen Spaß mit uns hat. „Do it with laughter and do it with tears“, singt er auf ›My Own Version Of You‹, wo er sich vorstellt, Leichenhallen und Klöster zu plündern, „looking for body parts“, also auf der Suche nach Körperteilen, um jemanden zum Leben zu erwecken. Und das ist die Einstellung, mit der er dieses Album angegangen ist, verspielt und paradox, mit hübsch verpackten textlichen Geschenken in Songs wie ›False Prophet‹, die bei näherem Zuhören erst noch ausgepackt werden müssen. Gleichzeitig blickt er auf die lange Reise durch sein Tal der Tränen zurück und macht sich, wie so oft in jüngerer Vergangenheit, über die Sterblichkeit Gedanken. Es finden sich aber auch Momente echter Bescheidenheit und Grazie, etwa auf ›I’ve Made Up My Mind To Give Myself To You‹, wo er klingt, als würde er mit Gehhilfe die Hochzeit von 80-Jährigen besuchen.

Oder ›Mother Of Muses‹, auf dem er flehend den Geist von Martin Luther King heraufbeschwört. ROUGH AND READY WAYS deckt chronologisch wie geografisch ein weites Feld in Dylans Geschichte ab, mit Hinweisen auf Italien oder den Osten von L.A. ROUGH AND READY WAYS ist einzigartig, ein wertvolles Zeugnis eines gealterten Rock’n’RollÜberlebenden, der bei allen Spielchen, die er spielt, dennoch ein Seher ist. Und das, was er vor seinem geistigen Auge gesehen hat, hat sonst niemand gesehen und wird sonst niemand jemals
sehen.

9 von 10 Punkten

Bob Dylan, ROUGH AND ROWDY WAYS, COLUMBIA/SONY

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