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Black Stone Cherry – Am Abgrund des Zauberbergs

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Black Stone Cherry – Am Abgrund des Zauberbergs

Black Stone Cherry 2014Black Stone Cherry, vier bescheidene Rocker aus Kentucky, entwickelten sich durch fleißiges Touren und Alben-Produzieren zu einer Attraktion unter Amerikas Nachwuchsbands. Mit BETWEEN THE DEVIL AND THE DEEP BLUE SEA gelang es ihnen, sich auch in Europa in die vorderste Riege zu spielen. Alles lief perfekt, wie es schien. Nun veröffentlichen sie ihre vierte Studioplatte. Warum MAGIC MOUNTAIN einem Wunder gleicht und sich wie ein Neubeginn für Black Stone Cherry anfühlt, verrieten Frontmann Chris Robertson und Schlagzeuger John Fred Young im Interview.

Verschiedener könnten zwei Interviewgäste kaum sein. Wie zwei entgegengesetzte Pole wirken der aufgedrehte Wuschelkopf John Fred auf der einen und der ruhige, mit zurückhaltend gedämpfter Stimme sinnierende Chris auf der anderen Seite. Dass hinter diesem ersten Eindruck sehr viel mehr steckt als bloß unterschiedliche Charakterzüge zweier Bandkollegen, wird sich erst im Laufe des Gesprächs herausstellen.
In einer Sache ticken sie zunächst einmal total gleich: Chris und John Fred sind mächtig stolz auf ihr im Mai erscheinendes Album MAGIC MOUNTAIN. Doch was haben sie in den vergangenen Monaten Neues erreicht, das sie nun so zuversichtlich stimmt? „Ich weiß nicht ob ‚neu’ das passende Wort ist. Vielmehr haben wir uns zurückbesonnen auf die Zeit, als wir 16 Jahre alt waren und die Band einige ihrer besten Songs geschrieben hat. Damals ging es nur um unsere Liebe zur Musik, die Lieder mussten keine riesigen Kreationen werden“, erklärt Chris, der im letzten Jahr deutlich einige Pfunde verloren hat. „Ja, irgendwie ist es wirklich eine Rückbesinnung zu unserem ersten Album, aber der Sound ist jetzt so viel besser. Damals waren wir vier Kids, die noch nichts erlebt hatten. Dafür waren wir ziemlich gut. Ich finde, diese Platte hatte sehr viel Magie“, ergänzt John Fred. Dennoch ist für ihn eine deutliche Weiterentwicklung erkennbar, auch wenn die äußerst sympathische Quasselstrippe immer noch Luft nach oben für Black Stone Cherry sieht. „Das neue Album zeigt sehr gut, was wir in all den Jahren gelernt haben. Die guten, die schlechten Erfahrung, das Touren und all das kann man auf MAGIC MOUNTAIN hören. Und klar lernen wir noch immer dazu. Bei unserem nächsten Album werden wir bestimmt wieder sagen: ‚Das ist das beste Album, das wir je gemacht haben!’ So wie das jede Band tut“, macht er sich über die beliebte Musiker-Floskel lustig und deutet dabei zum ersten Mal an, dass für BSC der Himmel über Kentucky nicht immer nur sonnig war.
Vor den Arbeiten an MAGIC MAOUNTAIN hatte sich mit einem Label-Wechsel und Joe Barresi (Queens Of The Stone Age, Backyard Babies) als neuem Produzenten einiges geändert, was dazu beitragen sollte, die angesprochene Leichtigkeit aus Jugendzeiten wieder zu erlangen. „Ich finde, die Aufnahmen mit Barresi waren fantastisch! Da war niemand, der uns Anweisungen gab, mehr oder weniger „southern“ zu klingen. Die letzte Platte – und ich liebe BETWEEN THE DEVIL AND THE DEEP BLUE SEA – war sehr viel glattgebügelter“, gesteht John Fred. „Ja, wir haben das bewusst gemacht, um im Radio gespielt zu werden. Sicher mag ich die Songs. Allerdings haben wir damals im Studio bei jedem Track versucht, ihn so radiokompatibel wie nur möglich zu machen. Klar, wer möchte keinen Radio-Hit landen? Doch der Schreibprozess beim letzten Album war wirklich aufreibend, denn wir haben so viele Lieder komponiert und mit so vielen externen Songwritern gearbeitet. Im Gegensatz dazu waren wir diesmal ganz entspannt und begannen, die Arbeit wieder zu genießen“, erklärt Chris in sonorem Brummen. „Joe besuchte uns auf unserer Farm in Kentucky. Dort hingen wir einfach nur zusammen ab und spielten ihm ein paar Songs vor. Er ermutigte uns, die Soli länger zu machen und unsere Jams voll zu entfalten. Das waren immer Dinge, die wir üblicherweise live machten, aber doch nicht auf Platte!“, so John Fred. Und Barresi, der die Band daraufhin mit in sein kleines, garagenartiges Studio im kalifornischen Pasadena nahm, setzte einen klaren, deutlich puristischeren Plan um, als es die vier Jungs aus Edmonton von ihrem letzten Studioaufenthalt gewohnt waren. John Fred: „Nichts an diesem Album ist ‚Copy/Paste’. Wir haben alles auf Zwei-Zoll-Tonband aufgenommen. Zum allerersten Mal, Mann! Und wir haben alles live gemeinsam eingespielt. Ich weiß, dieses Wort wird so oft gebraucht. Aber wirklich, es ist alles so organisch geworden und dabei sind viele coole Lieder entstanden.“
Nicht nur den Sound und den Stil des Albums betreffend, beweisen Black Stone Cherry auf MAGIC MOUNTAIN gehörig Mut. Einige der neuen Texte von Chris Robertson lassen tief blicken. Darauf angesprochen, senkt er seine Stimme und findet erst nach kurzem Stammeln die richtigen Worte: „Mann, die Band hat düstere Zeiten hinter sich. Vor ein paar Jahren hatte ich mit einigen privaten Problemen zu kämpfen. Viele der neuen Lieder greifen auf diese Phase zurück. Sie handeln vom Kampf gegen Sucht, Depressionen und andere Schwierigkeiten im Leben, allerdings enden sie alle positiv, denn ich habe gelernt, dass man eigentlich gar nicht allein ist. Deshalb gibt es auch echte Party-Nummern auf MAGIC MOUNTAIN. Denn weißt du Mann, ich sehe das so: Die besseren Zeiten, die da erst noch kommen, wären nicht so hell, wären da nicht die dunklen Tage gewesen, durch die ich erst durch musste.“ Kaum ist diese erste Hemmschwelle bei Chris überwunden, sind Nachfragen nicht mehr nötig, er spricht offenherzig über die Gründe seiner jahrelangen Krise: „Ich musste so eine lange Zeit Pillen nehmen. Das war nötig, weil ich seit meiner Kindheit alles, was mich belastet hat, in mich hinein gefressen habe. Jeder erlebt Dinge, die er vergeben muss. Das habe ich getan, nur habe ich das mit dem Vergessen nie geschafft. Das hat mich kaputt gemacht.“ Dass diese Zeit auch seine Band an den Rand der Selbstzerstörung geführt hat, ist ihm bewusst, weshalb er seinen Freunden dankbar ist für den besonderen Zusammenhalt:

„Das Coolste an dieser Sache ist, dass vermutlich jede andere Band aufgegeben und sich aufgelöst hätte. Als ich mich selbst schon aufgegeben hatte, haben sie mich nicht fallen lassen. Sie und meine Frau waren so großartig zu mir. Sie meinten nur: ‚Es mag viel Zeit brauchen, aber die Dinge werden wieder besser.’“ Robertson scheint der offene Umgang mit seinen persönlichen Angelegenheiten gut zu tun. Jedoch motiviert ihn ein weiterer Grund zu diesem Seelen-Striptease. „Ich hatte sehr viel Glück, wenn man betrachtet, wie sich alles für mich entwickelt hat. Für mich ist dieses Kapitel abgeschlossen und ich genieße jetzt diesen wundervollen Neuanfang. Wenn ich als Künstler offen darüber spreche und dadurch nur einer Person helfen kann, dann ist es das wert.“
Der ausschlaggebende Wendepunkt, der Chris geholfen hat, wirkt beinahe klischeehaft für einen typischen, einfachen jungen Mann aus dem Süden Kentuckys. „Für mich hat sich alles verändert, als Ben (Wells, Anm. d. Red.) mich in die Kirche einlud. Ich war bestimmt seit 15 Jahren nicht mehr dort, denn ich dachte, wenn es wirklich einen Gott gibt, warum bitte muss ich das alles durchmachen? An diesem ersten Sonntag dauerte es nicht lange und ich verstand, dass ich dort für mich war. Und ja, Jesus hat mein Leben verändert. Durch ihn kann ich jetzt alles genießen. Ich bin so zufrieden wie noch nie zuvor und ich war noch nie so begeistert von Musik wie heute.“ Dass er seine Texte und seinen Bekanntheitsgrad nicht zu missionarischen Zwecken nutzen möchte, ist Chris dabei dann aber doch sehr wichtig. Er verspricht, dass sein Glaube keine Auswirkung auf die Ausrichtung der Band hat und haben wird: „Nein, nein! Unsere Texte sind nicht religiös. Wir sind ja keine Christen-Rocker. Ich bin auch kein allzu religiöser Typ. Diese Kirche, in die ich da gehe, ist eine nicht-konfessionelle Kirche. Ich bin also kein Baptist oder sowas“, erklärt er.
In den – „Gott sei Dank“ – vergangenen Tagen seiner Depressionen wurde ein Hauptbestandteil des Bandalltags zu einem beinahe unüberwindbaren Problem. „Nach Konzerten ging ich immer direkt zum Tourbus und versuchte allen Menschen möglichst aus dem Weg zu gehen. Ich wollte vermeiden, dass sie dieses falsche Bild von mir sehen, das nur deshalb entstand, weil ich Medikamente nehmen musste, um mich einigermaßen gut zu fühlen. Für mich war es eine Qual, Musik machen und auf Tour gehen zu müssen! Jetzt kommen so viele Leute, die mich vor zwei Jahren gesehen haben, nach den Shows zu mir und meinen: ‚Es ist unglaublich, wie sehr du jetzt die Musik liebst.’ Sie können den Unterschied gar nicht fassen.“ Nun, da sich der Kopf der Band derart befreit dem Konzert-Trubel stellen kann, hatten sich Black Stone Cherry für ihre eben beendete Europa-Tour etwas besonderes ausgedacht, um die Nähe zu ihren Fans zu pflegen. Während der Shows legten Chris und Co. immer wieder Pausen ein, in denen das Publikum Fragen an die Band stellen konnte. „Ich hatte mich eigentlich darauf gefreut, das auch in Deutschland und den anderen Ländern zu machen, aber unsere Leute hatten wohl die Befürchtung, die Fans könnten uns nicht verstehen. Also gab es das nur in Großbritannien“, lacht er. „Das eigentliche Problem dabei sind aber eigentlich wir. Weißt du, wir haben so einen starken Akzent. Und auch für uns war es schwer, etwa die schottischen oder englischen Fans zu verstehen“, erklärt John Fred. „Eigentlich wäre es bei euch sogar einfacher. Wirklich jeder, mit dem ich in Deutschland geredet habe, spricht besseres Englisch als ich. Ich fühle mich bei euch so richtig ungebildet! Wir hatten ein bisschen Spanisch in der Highschool. Als ich aufwuchs, hätte ich nie geglaubt, dass ich jemals Fremdsprachen brauchen würde“, schämt sich John Fred gekonnt in deutsche Fan-Herzen. Darauf hingewiesen, dass er als Teenager natürlich nicht wissen konnte, dass er irgendwann als Rockstar die Welt bereisen würde, wird John Fred – unglaublich aber wahr – beinahe etwas kleinlaut: „Nein, aber es wird wirklich Zeit, dass ich Deutsch lerne. Jetzt komme ich schon seit sieben Jahren hierher und das einzige Wort, das ich kenne ist ‚Hefeweizen’. Klar ist das ein wichtiges Wort“, schmunzelt er, „aber es liegt mir am Herzen, diese Sprache zu lernen. Wir spielen hier so viel und ich fühle mich einfach nur dumm!“
Nachdem John Fred seinen Exkurs über seine Weiterbildungspläne beendet hat, erinnert sich Chris an die für ihn beste Frage, die ihm in England gestellt wurde: „Ich wurde gefragt, was mich dazu gebracht hat, singen zu wollen. Und die überraschende Wahrheit ist: ‚Absolut rein gar nichts!’ Ich wollte nie der Sänger in einer Band sein. Ich wollte nur Gitarre spielen, aber wir konnten keinen Sänger finden, also musste ich das lernen“. Die peinlichste Frage ging natürlich unter die Gürtellinie beziehungsweise einige Zentimeter darüber. „Ein Mädchen wollte wissen, ob wir amerikanische oder englische Brüste schöner finden. Ben hat gut reagiert und meinte nur, dass wir als Gentlemen weder die einen noch die anderen gesehen haben. Da haben alle im Publikum gelacht.“
Um herauszufinden, was die Fans außerhalb der USA eigentlich an ihrem Southern Rock finden, drehten Black Stone Cherry bei dieser Gelegenheit den Spieß auch gleich um. „Wir haben bei unseren UK-Shows die Leute gefragt, warum sie BSC eigentlich so sehr mögen und ihre Antwort war ziemlich einfach: ‚Ihr seid normale Typen und ihr seid ehrlich!’,“ erinnert sich Chris. Die Anmerkung, dass besonders MAGIC MOUNTAIN ja ohnehin nicht so stark Southern-Rock-lastig sei, stößt bei den beiden auf unerwartet großes Gefallen. „Cool Mann! Das ist wirklich cool, denn wir hatten uns nie das Ziel gesetzt, eine Southern-Rock-Band zu werden. Klar sind wir mit Gruppen wie Lynyrd Skynyrd aufgewachsen, aber wir sind definitiv Musiker mit einem weiter reichenden Geschmack als nur Südstaaten Rock. Wir ziehen unsere Inspiration aus Blues, Motown, Country, Metal, Rap und allen möglichen Musikrichtungen. Ja, wir sind eine Rock’n’Roll-Band, aber uns wirklich einzuordnen, ist nicht möglich. Und das ist echt cool“, sprudelt es aus John Fred.
Black Stone Cherry sind und wollen also gar nicht das Aushängeschild des zeitgenössischen Southern Rock sein. Deswegen, das betonen sie deutlich, seien sie in ihren Herzen aber nicht weniger Südstaatler. Ganz im Gegenteil, wie Chris über die Eigenheiten seines „Stars And Bars“- Völkchens philosophierend erklärt: „Unsere Musik ist gar nicht so südstaatlerisch. Wir als Personen sind es dafür um so mehr. Weißt du, wir sind ehrliche und anständige Dudes. Das kommt von der Art, wie wir aufgewachsen sind. ‘Yes, Ma’am. Yes, Sir.’ So war das bei uns. Und deshalb wirst du niemals erleben, dass einer von uns einem Menschen mit Ablehnung begegnen würde. Ich zum Beispiel – obwohl ich meine Probleme hatte – war immer höflich. Ich war nur eben kein John Fred, der dir sofort beide Ohren abkaut“, lacht er. Ein weiterer zentraler Wesenszug eines jeden „good ol’ boy from the South“ sei die tiefe und stolz nach außen getragene Verbundenheit zur Heimat. „Sagen wir mal so. Wenn du mit mir redest, wirst du sofort erkennen, dass ich nicht aus New York City komme. Und ja, unsere Heimatstadt ist alles für uns. Zeit meines Lebens wohne ich jetzt in Edmonton. Dort habe ich meine besten Freunde gefunden, angefangen Musik zu machen und meine Frau getroffen. Ohne mein Städtchen wäre ich niemand. Ich weiß noch, damals in der Schule konnten es alle gar nicht erwarten, endlich wegzuziehen. Ich, der das große Privileg hat durch die Welt reisen zu dürfen, kann sagen: ‚Gott, ich kann es nicht erwarten heimzukommen!’“
Black Stone Cherry wirken dermaßen geerdet, dass man sich fragt, ob sie mit MAGIC MOUNTAIN überhaupt noch weiter hinauf auf den Gipfel des Rock-Geschäfts stürmen wollen. „Wir haben ohnehin schon so viel erreicht“, so Chris. „Ganz ehrlich, der größte Erfolg ist es, wenn ich die Leute im Publikum sehe, wie sie lächeln und unsere Lieder mitsingen. Ich hoffe, dass besonders die tiefgründigeren Songs einigen Leuten durch ihre schwierigen Zeiten helfen. Das ist eigentlich schon alles.“

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