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Barry Burns (Mogwai)

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Barry Burns (Mogwai)

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Mogwai 2011 @ Steve Gullick (4)

 

Auf ihrem siebten Album HARDCORE WILL NEVER DIE BUT YOU WILL lassen es sich Mogwai gutgehen. Den Schotten ist wohl in ihrer Haut: Sie wissen, was sie können; wissen, was sie wollen. Zeit für Veränderung, oder?

Die einzige Band, die noch etwas bedeutet!“ – „Mogwai bringen Frieden und Farbe in meine Welt.“ – „Mogwai will never die, but you will!“ – Unter ihren Fans inspirieren Mogwai eine Art religiöser Hingabe, während Fremde sich verwundert die Ohren reiben. Mogwai: eine Band mit so wenig Gesang, dass man sie getrost als Instrumentalkombo bezeichnen kann, ein Quintett aus Fußballfans, Nerds und Fricklern, die mit ihrer Verachtung für „Musikprodukte“ nicht hinterm Berg halten. Mogwai: die unwahrscheinlichste Supergruppe der Welt, die bei ihrer Gründung 1995 beschloss, den Zirkus nicht mehr mitzumachen. Was folgte, war ein anderer Zirkus. Erst unter „Ambient“ sortiert, wurden Mogwai bald zu Bannerträgern des Postrock: überlange Songs mit einer oszillierenden Dynamik anstatt ­Strophe/Refrain? Das muss Postrock sein! Mogwai-Keyboarder, Pianist, Flötist und Gitarrist Barry Burns kann darüber eigentlich nur lachen. Schließlich ­pflücken er, Dominic Aitchison, Stuart Braithwaite, Martin Bulloch und John Cummings sich instinktiv Melodien aus dem Nabel. Nicht immer alle auf einem Song. Nicht immer unter der Maßgabe von Takten. „Wir reden wenig über unsere Musik“, erklärt Burns. „Wir lassen einfach alle durch ihre Teile wurschteln.“ Den Albumtitel verdanken sie diesmal einem schottischen Asi (schottisch: „ned“), dem ein Ladenbesitzer keinen Alk verkaufen wollte: „Hardcore will never die, but you will“, soll der junge Tunichtgut darauf gesagt haben.

Barry, das neue Album ist nicht so sehr Folge des 2008er THE HAWK IS HOWLING, sondern eher Abkehr von dessen Härte, oder?
Uns schwebte tatsächlich ganz was anderes vor. Erst hatten wir Bedenken, dass der Wandel zu drastisch wäre, aber dann merkten wir, dass wir die neuen Songs ins Herz geschlossen hatten. Mittlerweile sind wir ausgesprochen stolz auf sie!

Den letzten Sommer habt ihr am Schleifstein verbracht. Werdet ihr obsessiv, sobald es losgeht?
Kein Witz, HARDCORE WILL NEVER DIE BUT YOU WILL war harte Arbeit, vom Songwriting über Wochen des Probens bis hin zu einem zweimonatigen Studioaufenthalt. Aber wir sind eng befreundet; wenn wir uns übereinander aufregen, rückt irgendeine Form von Alkohol das schnell wieder zurecht.

Mal düster, mal feierlich, introspektiv und aufgedreht, streng und üppig – HARDCORE verortet euch fest in der Beethoven School of Rock. Ergeben Klassikbezüge für Mogwai Sinn, oder ist es eher ein Zufall, dass ›Too Raging To Cheers‹ an Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ erinnert?
Seltsam, das ist mein liebstes Klassikstück! Ich kann mich nicht daran satt hören. Sollte es den Song irgendwie beeinflusst haben, wäre ich entzückt. Dieses Album ist sehr abwechslungsreich ausgefallen, finde ich, selbst im Vergleich zu HAPPY SONGS FOR HAPPY PEOPLE – und das empfand ich schon als bemerkenswert.

›Hunted By A Freak‹, ›Stop Coming To My House‹, ›I Am Batman‹ und nun ›How To Be A Werewolf‹ und ›You’re Lionel Richie‹: Mogwai haben bekanntermaßen die besten Songtitel, sind allerdings unwillig, über die Verbindungen zwischen Song und Titel zu sprechen… weil es keine gibt. Aber was steckt hinter ›You’re Lionel Richie‹?
Na, Lionel Richie! Ein völlig verkaterter Stuart hat ihm das am Flughafen ins Gesicht geblökt, auf dem Heimweg von einem DJ-Gig. Tja, Alkohol und Promis sind ein Rezept für Desaster.
Am Anfang von ›You’re Lionel Richie‹ rezitiert jemand etwas auf Italienisch…
Das ist unser guter Freund Dr. Kiko! Er liest aus einem Aufsatz vor, den er mit acht oder neun Jahren in der Schule verfasst hat. Die Kinder sollten beschreiben, was sie werden wollten, als Erwachsene. Die meisten sagten sowas wie Arzt, Pilot… Kiko hingegen erklärte, er wolle am liebsten Sklave werden.

›George Square Thatcher Death Party‹ klingt wie eine Schlagzeile aus der Boulevardpresse – ein paar Ausrufezeichen dahinter und fertig. Wie könnte so eine Anti-Party für die „Eiserne Lady“ aussehen?
Es wäre eine absolut grandiose Affäre, die ich selbstverständlich am Fernseher mitverfolgen würde. Vielleicht flöge ich dafür sogar von Berlin aus nach Hause! Thatcher hat Schottland damals übers Knie gefickt, sie verdient nichts als Verachtung. Wobei die neue britische Regierung wahrscheinlich noch übler ist.

Was ist dir aus der Thatcher-Ära 1979 bis 1990 noch in Erinnerung?
Der Streik der Minenarbeiter und jede Menge Trostlosigkeit. Aber zum Glück auch Skateboards!

John Niven, Musikjournalist und Autor von „Kill Your Friends“, nahm Mogwai dereinst als A&R-Mann unter Vertrag und beschwert sich noch heute, dass ihr ihn als Initiation zu Celtic Glasgow geschleppt habt. 2006 steuerten Mogwai dann den Soundtrack zu „Zidane, A 21st Century Portrait“ von Douglas Gordon bei. Sind Fußball & Mogwai eine himmlische Verbindung?
Stuart, John und Martin sind halt riesige Celtic-Fans. Wir Schotten haben eine Leidenschaft für Fußball, obwohl wir miserabel kicken. Die Zidane-Sache war, glaube ich, eher ein glücklicher Zufall. Mir ist immer noch nicht klar, ob Douglas ahnte, wie wichtig Fußball damals für uns war. Ich bin da ein bisschen rausgewachsen, aber wenn St. Pauli ausnahmsweise gewinnen, bin ich nicht unfroh!

Du hast in Berlin eine Kneipe eröffnet, während John Cummings sich nach New York aufgemacht hat. Warum bei dir Berlin?
Meine Frau und ich suchten die Veränderung, und aus unerfindlichen Gründen ist Berlin oft die erste Wahl für Glaswegians. Ja, es ist kälter in Berlin, aber es gibt eine Menge Platz und Freiheit, die ich in Schottland vermisst habe. Weniger aggressive Leute. Ich nehme lieber den muffeligen Busfahrer in Berlin als einen wutgeladenen Teenager in Glasgow, weißt du?

Da wir hier bei CLASSIC ROCK sind: Wie weit in die Rock- und Blues­geschichte reicht eigentlich dein Musikgeschmack?
BLOOD ON THE TRACKS von Dylan ist in jeder Hinsicht perfekt. Und ich liebe STANDING ON THE VERGE OF GETTING IT ON von Funkadelic: Das war das erste Mal, dass ich so eine Produktion gehört habe. An das Erlebnis erinnere mich genau; ich konnte mein Glück gar nicht fassen. Eine große Schönheit ist auch EGE BAMYASI von Can – das erste Krautrock-Album, das ich mir je gekauft habe. Ich bin kein großer Blues-Fan, aber Stuart hat mir Abner Jay weitergereicht, den ich seither vergöttere – was für ein Fund!

Die letzten Jahre haben uns eine Schwemme an „Postrock“-Bands beschert. Geben Mogwai jemanden die Daumen hoch?
Nee, ist mir eigentlich egal. Ich höre sowas privat nicht. Vermutlich auch besser so.

Ist der Begriff Postrock für Mogwai überhaupt noch relevant?
Sagen wir so: Ich hasse ihn heute mehr als gestern. Wir machen IMFS – Instrumental Music from Scotland! Blöd nur, dass „imfs“ so schwer auszusprechen ist, nicht wahr?

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