Die Guillotine ist frisch geschärft, die Schlangen gefüttert – alle warten nur noch auf die Ankunft des Meisters: Und da kommt er: Alice Cooper. Und der Schockrock-Gott sagt: WELCOME 2 MY NIGHTMARE, meine Freunde…
Wer mit Alice Cooper in den Kampf um den Rockstar-Thron eintreten will, hat einiges vor sich. Denn im Grunde kann man als Musiker kaum einflussreicher werden als Vincent Damon Furnier. Die Leistungen, die Cooper im Verlauf seiner 45-jährigen Karriere im Zeichen der Riffs erbracht hat, sind derart außergewöhnlich, dass ihm wohl in absehbarer Zeit niemand das Zepter streitig machen wird. Die Liste der Errungenschaften von Furnier ist länger als die Boa Constrictor, die sich die Rock-Ikone so gerne um den Hals drapiert. Nicht nur eine oder zwei, sondern eine ganze Latte seiner Platten hat die Musikhistorie nachhaltig geprägt. Die Art und Weise, in der Alice Cooper Musik mit Schauspiel vermengt, zeigt nicht nur seine Vorliebe für das Schauerliche, sondern auch seinen unnachahmlichen Sinn für Humor, der vor allem von einem feinen Gespür für Ironie dominiert wird. Damit konnte der 63-Jährige nicht nur das Herz der Rock-Gemeinde erobern und über 50 Millionen Platten verkaufen, sondern auch Fans in Promi-Kreisen gewinnen. Vor allem extravagante Persönlichkeiten identifizier(t)en sich mit Cooper: Salvador Dalí liebte die theatralische Bühnenshow, ebenso Groucho Marx. Marilyn Manson und Lady Gaga tun es noch heute.
In wenigen Tagen erscheint nun das neue Album von Alice Cooper. Es trägt den Titel WELCOME 2 MY NIGHTMARE und ist, wie der Name bereits verrät, die Fortsetzung des 1975er-Klassiker WELCOME TO MY NIGHTMARE. Auf der aktuellen Platte nimmt Cooper nicht nur thematisch, sondern auch personell den Siebziger-Faden wieder auf. Bob Ezrin hat die Scheibe produziert, zudem sind drei Mitglieder der damaligen Alice Cooper Band mit an Bord. Und natürlich Heerscharen an Gästen, die mit ihren Beiträgen für noch mehr Farbenpracht auf dem Album sorgen. Was auch der Horrorchef persönlich im Gespräch mit CLASSIC ROCK bestätigt…
Alice, wie sind die Kollaborationen zu Stande gekommen, von denen das neue Album lebt?
Eigentlich wollte ich an einer Fortsetzung von ALONG CAME A SPIDER arbeiten (Coopers 2008er-Album, Anm.d.Red.). Denn am Ende des Albums weiß niemand sicher, wer nun der Serienmörder ist. Daher plante ich, die Story weiterzuspinnen und erzählte Bob Ezrin Anfang vergangenen Jahres davon. Er sagte daraufhin: „Alice, die Idee ist gut. Aber bist du dir auch der Tatsache bewusst, dass WELCOME TO MY NIGHTMARE 35 Jahre alt wird. Willst du das Jubiläum nicht feiern?“ Ich antwortete nur: „Ehrlich? 35 Jahre? Ich frage mich, wie die Albträume von Alice wohl heute aussehen würden…“ So kam eines zum anderen. Wir redeten darüber, und ehe wir uns versahen, stand das Grundgerüst für vier Songs! Es lief so gut, dass ich schließlich sagte: „Bob, lass uns die Sache durchziehen, nur so zum Spaß, vielleicht kommt etwas Cooles dabei heraus!“ Er war einverstanden und meinte: „Komm nach Nashville. Ich kenne diesen Typen namens Tommy Henriksen, der schon mal als Techniker für dich gearbeitet hat. Er produziert auch und schreibt Songs. Vielleicht passt ihr beiden ja gut zusammen. Wir sollten mal ein paar Lieder aufnehmen.“ Bob und ich hatten zu dem Zeitpunkt ewig nichts mehr zusammen gemacht, doch die Idee gefiel mir. Und es lief wirklich wie am Schnürchen, wir ergänzten und motivierten uns gegenseitig. Nach und nach steigerte ich mich richtig rein in die Arbeit, freute mich schon direkt nach dem Aufwachen darauf, mich wieder in Alices Visionen hineinversetzen zu können. Meine zentrale Frage lautete: Was macht ihm heutzutage immer noch Angst, nach 30 Jahren ohne Kontakt zur Außenwelt? Discomusik, ganz klar – nur eben mit einem anderen Sound: HipHop. Moderne Technologien, auch logisch. Denn Alice war stets ein „organischer“ Charakter, der nichts Kaltes, Mechanisches an sich hatte. Doch trotz der Unterschiede durfte sich die Persönlichkeit nicht verändern, Alice sollte Alice bleiben. Um das zu verdeutlichen, schlugen wir einige Bögen zum ersten Album, nicht nur inhaltlich, sondern auch in musikalischer Hinsicht, zum Beispiel mit Adaptionen aus ›Steven‹ oder ›The Awakening‹.
Auf WELCOME 2 MY NIGHTMARE sind auch drei Mitglieder der Original-Band zu hören, Gitarrist Michael Bruce, Bassist Dennis Dunaway und Drummer Neal Smith…
Das ist richtig. Glen Buxton lebt ja leider nicht mehr (Der Gitarrist verstarb 1997 an den Folgen einer Lungenentzündung, wenige Tage vor seinem 50. Geburtstag – Anm.d.Red.), ich hätte ihn so gern gefragt, ob er mitmachen möchte, denn er besaß einen wirklich einzigartigen Stil. Doch zumindest konnte ich mit Neal, Dennis und Mike zusammenarbeiten. Ich bat sie, je einen Song zu komponieren, den wir dann gemeinsam in das Gesamtkonzept einbetteten. Auf dem 1975er-Album haben sie nämlich nicht mitgewirkt, daher war es großartig, dass sie diesmal die Gelegenheit hatten, sich einzubringen.
Dein Gitarrist Steve Hunter spielt ebenfalls eine wichtige Rolle auf der Platte, nicht wahr?
Allerdings. Und in ›I Am Made Of You‹ gibt es ein Solo von ihm, das vielleicht das beste Solo ist, das ich je gehört habe. Er ist ein Meister darin, eine Stimmung zu erfassen und umzusetzen. Ich sagte zu ihm: „Steve, es wäre toll, wenn du diese Melodie spielen könntest. Aber sie soll sich leidend anhören.“ Er setzte sich hin und legte los – und es klang exakt genauso, wie ich es mir gewünscht hatte. Steve weiß einfach, wie man das Essenzielle in einem Lied herausarbeitet und betont. Das ist seine große Stärke. Er unterscheidet sich in dieser Hinsicht keinen Deut von einem George Harrison oder Jeff Beck. Und er weiß auch, wann es an der Zeit ist, auch mal eine Note auszulassen und den Song als Ganzen wirken zu lassen. Das macht einen großen Gitarristen aus.
Es hat ziemlich lange gedauert, bis WELCOME 2 MY NIGHTMARE fertig war – weshalb eigentlich?
Die Platte ist in Nashville entstanden, wo Bob lebt. Ich hingegen wohne in Phoenix – und musste daher mehrfach hin- und herfliegen, um die Lieder einzuspielen. Ich bin insgesamt sechs Mal von Arizona nach Tennessee gereist und jedes Mal rund eine Woche geblieben. Einige Song-Elemente, die nun auf dem finalen Produkt zu hören sind, stammen noch aus der Demo-Phase, wir mussten sie überhaupt nicht verändern. So ist das heute – denn die eigentlich nur als Provisorium gedachten ersten Takes sind qualitativ so gut, dass sie es aufs Album schaffen können. In Sachen Energie haben diese ersten Recordings oft ohnehin die Nase vorn, denn man ist noch mit voller Leidenschaft bei der Sache. Diese Emotionalität zu erhalten, ist sehr wichtig für einen Song. Lieber kraftvoll und rau als glatt und nichtssagend, das ist mein Motto.
Wie würdest du die Rolle von Bob Ezrin beschreiben?
Er kennt Alice Cooper besser als irgendjemand sonst. Als wir ihn kennenlernten, waren wir zwar eine Band, hatten aber keine eigene Identität, was unseren Sound anbelangte. Bob ist es zu verdanken, dass sich das geändert hat. Als wir begannen, miteinander zu arbeiten, setzten wir uns zusammen und besprachen, wie wir vorgehen wollten. Bob Ezrin sagte zu mir: „Okay, es gibt sechs verschiedene Arten von Gesang bei Alice Cooper. Ich möchte, dass wir jederzeit von der einen zur anderen Stimme wechseln können. Wenn ich sage: ‚Ich will jetzt den punkigen Alice hören, danach den furchteinflößenden und später den sanftmütigen, solltest du in der Lage sein, das sofort umzusetzen.‘“ Also legten wir die Charakteristika der einzelnen Persönlichkeiten fest und koppelten sie dann an verschiedene Gesangstechniken. Dasselbe passierte dann auch in Bezug auf die Gitarren und die Drums.
Regiert Ezrin mit harter Hand?
Oh ja! Er lässt einem nichts durchgehen. Es kommen nur Parts aufs Album, die im Gesamtkontext Sinn ergeben. Ein Beispiel: Mir kommen im Studio häufig neue Ideen, ich improvisiere dann, spiele mit ihnen herum und fragte Bob dann: „Hey, das klingt doch toll, oder? Wollen wir das nicht nehmen?“ Er sagt dann meist: „Ja, das klingt toll. Aber wir nehmen es nicht.“ Ich will dann wissen, was daran nicht passt, und er antwortet meist: „Weil es nicht passt. Du willst damit nur angeben und den Leuten beweisen, wie hoch du singen oder wie böse du klingen kannst. Mit dem Song an sich, also mit der Kernaussage des Stücks, hat das aber rein gar nichts zu tun.“
Einige Songs der neuen Platte sind stark in den Siebzigern verwurzelt, nicht nur inhaltlich, sondern auch in punkto Sound. War es schwierig, den heute noch so hinzubekommen?
Nein. Nachdem Neal, Dennis und Mike für ›When Hell Comes Home‹ die Instrumental-Parts eingespielt hatten, hörte ich mir das Material an und dachte mir: „Wahnsinn!“ Denn es war kein Kalkül, dass der Track sich so anhören sollte, als wäre er 1973 entstanden – es passierte einfach so. Dieser Sound liegt ihnen im Blut, anders kann man es nicht sagen.
Musikalisch passte also alles sofort wieder – war das auf der persönlichen Ebene denn auch direkt so?
Wir haben uns nicht im Streit getrennt, es gab keine Gerichtsverhandlungen, keine Anwaltstermine, keine Anschuldigungen in Interviews. Der Grund, warum wir nicht mehr miteinander gearbeitet haben, war ein rein künstlerischer. Ich wollte verstärkt mit Theater-Elementen arbeiten, was ich bei WELCOME TO MY NIGHTMARE ja auch getan habe – die Jungs hingegen hatten Lust auf etwas anderes, so einfach ist das. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir uns jemals angeschrien hätten. Es herrschte lediglich Uneinigkeit über die musikalische Richtung, in die wir gehen wollten. Diese Uneinigkeit hat man allerdings deutlich gemerkt, und zwar schon auf MUSCLE OF LOVE (1973er-Cooper-Album und direkter WELCOME TO MY NIGHTMARE-Vorgänger, Anm.d.Red.). Hätte Bob Ezrin an der Platte mitgearbeitet, wäre vermutlich alles anders gekommen. Ihm wäre es mit Sicherheit gelungen, einen roten Faden einzuflechten, der das Ganze zusammengehalten hätte. Doch ohne ihn funktionierte einfach nichts, wir drifteten immer weiter auseinander. Das ist auch der Grund, warum ich mich dazu entschlossen habe, auf WELCOME TO MY NIGHTMARE wieder mit ihm zusammenzuarbeiten.
Wie hast du es geschafft, für WELCOME 2 MY NIGHTMARE die alte Crew erneut zusammenzutrommeln?
Das war einfach, denn wir sind regelmäßig in Kontakt. Immer wenn ich eine Show in Connecticut auf dem Plan habe, rufe ich Neal und Dennis vorher an und frage sie, ob sie nicht vorbeikommen und bei ›School’s Out‹ oder ›Under My Wheels‹ mitspielen wollen. Meistens tun sie das dann, und die Fans freuen sich jedes Mal tierisch darüber. Schade nur, dass Mike nie dabei war, das hat irgendwie nie geklappt. Aber jetzt, wo wir alle wieder beisammen sind, als richtige Band, fühlt sich das gut an. Und Steve Hunter fügt sich wirklich gut ein, auch wenn er natürlich nicht wie Glen ist.
Sprecht ihr, die alte Crew, eigentlich noch oft über Glen Buxton und die damalige Zeit?
Oh ja, und zwar ständig. Man darf ja nicht vergessen, dass ich diese Jungs schon kannte, bevor es die Band gab. Wir sind seit 1963 befreundet, da waren wir noch in der Highschool, und es gab noch nicht einmal die Earwigs (Coopers erste Band, die sich 1964 formierte – Anm.d.Red.).
Du bist schon seit über 40 Jahren im Musikgeschäft – und hast im Laufe der Zeit einige Höhen und Tiefen erlebt, warst mal angesagt, mal aus der Mode. Was hast du aus diesem Auf und Ab gelernt?
Die wichtigste Lehre: Man muss einfach gute Songs schreiben. Denn es hängt in erste Linie von der Qualität der Lieder ab, ob man „in“ ist oder eben abgemeldet. Wer es schafft, ein gutes Hardrock-Album zu schreiben, wird keine Probleme haben, sich an der Spitze zu halten – denn diese Art von Musik ist ziemlich beständig und nur bedingt abhängig von Trends. Nicht ohne Grund sind die Rolling Stones oder, um etwas kleiner anzusetzen, auch Bands wie Thin Lizzy immer noch an vorderster Front dabei. Und daran ändert sich in Zukunft wohl auch nichts. Selbst in 30 Jahren werden die Teenager noch in der Garage stehen und versuchen, unsere Songs nachzuspielen. Warum? Weil es einfach Spaß macht, mit seinen Kumpels abzuhängen und gemeinsam Musik zu machen. Die Lieder sind nicht allzu kompliziert, jeder, der sich ein bisschen Mühe gibt, kann sie lernen. Wir reden hier ja nicht von ›Bohemian Rhapsody‹ oder so, sondern von Klassikern wie ›Get Off Of My Cloud‹ von den Stones oder ›Train Kept A-Rollin’‹ von den Yardbirds. Und wenn man erst mal zehn Songs draufhat, kann man den nächsten Schritt tun und versuchen, einen Gig in irgendeinem Club klarzumachen.
Du bist relativ schnell bekannt geworden, hattest aber auch Durchhänger, z.B. in den Achtzigern. Wie denkst du heute über diese Zeit?
Es war schlimm, denn ich befand mich damals auf dem „Höhepunkt“ meiner Trinkerkarriere. Es ging rapide bergab mit mir. Eines Tages sagte mein Arzt zu mir: „Wenn du so weitermachst, stirbst du.“ Das gab mir zu denken, und so beschloss ich, mich ein Jahr zurückzuziehen, mir eine Pause zu gönnen und dann zu entscheiden, ob ich weiterhin Musik machen kann oder nicht. Denn ich wusste nicht, ob es mir gelingen würde, auch in nüchternem Zustand Alice zu sein. Das musste ich erst herausfinden. Doch es funktionierte, denn ich hatte ein gutes Gefühl dabei, wieder auf die Bühne zu gehen – also beschloss ich, die Lederklamotten und das Make-up aus dem Schrank zu holen und weiterzumachen. Zunächst war es gar nicht so einfach. Ich erinnere mich, dass ich drei Stunden lang in meinem Hotelzimmer herumtigerte, schon voll aufgedresst und geschminkt, und nur darauf wartete, dass Alice sich endlich zeigt. Doch plötzlich war es soweit: Ich fletschte die Zähne und sagte: „Auf geht’s!“ Das war die Geburtsstunde des „neuen Alice“. Davor gab es nur diesen abgewrackten Alkoholiker, der vielleicht ein Vorbild für andere Außenseiter war, aber keinerlei Selbstbewusstsein ausstrahlte. Damit war nun Schluss. Und mit der Zeit begann ich sogar, diesen starken, aber eben auch arroganten Charakter zu mögen.
Hast du während deiner krassen Alk-Zeit eigentlich auch andere Drogen genommen?
Nein, denn ich wollte keinen Ärger mit der Polizei haben. Wir tourten damals viel – und mussten ständig irgendwelche Grenzkontrollen passieren. Daher sagte ich immer zu meinen Jungs: „Leute, alles, was ihr dabei habt, gibt es auch auf der anderen Seite des Zauns.“ Ich schätze, da lief einiges, aber ich selbst war nie involviert. Mein Dämon ist allein der Alkohol, nichts anderes.
Wie sehr hast du den Triumph deiner Rückkehr genossen?
Es ist toll, wenn man merkt, dass die Leute einen mögen und schätzen – und zwar insbesondere dann, wenn man schon einmal abgeschrieben war. Wir mussten die Disco-Plage überstehen, das war nicht einfach. Andere Bands hatten ähnlich Probleme wie wir, Kiss zum Beispiel, Aerosmith ebenso. Im Radio lief keine Rockmusik mehr, sondern tanzbarer Kram. Das Einzige, was noch ankam, waren Balladen.
Eine davon, ›Only Women Bleed‹, ist sogar zu einer Frauen-Hymne geworden. Zumindest haben sie etliche Künstlerinnen gecovert…
Ich glaube, es gibt inzwischen 20 verschiedene Versionen des Songs. Tina Turner hat eine gemacht, ebenso Etta James und Lita Ford. Man kann zwischen einer Soul-, Jazz-, Pop und sogar einer Folk-Interpretation wählen. Diese Wandlungsfähigkeit besitzen nur wenige andere Alice Cooper-Songs.
Mit diesem Stück hast du eine Menge Geld verdient. Dennoch bist du kein reicher Rockstar, der mit Dollars um sich wirft, sondern wirkst bodenständig. Liegt das daran, dass du seit 35 Jahren mit deiner Frau Sheryl verheiratet bist?
Sicherlich. Ein Vorteil unserer Beziehung ist, dass sie selbst gut verdient und damit unabhängig von mir ist. Sheryl arbeitet als Ballett-Trainerin – sie zählt zu den Besten der Welt. Doch sie gibt ihr Geld nicht mit vollen Händen aus, sondern spart es. Nur ab und zu gönnt sie sich etwas Luxus. Wir stammen beide aus der unteren Mittelschicht, deshalb haben wir den Bezug zur Realität wohl auch nie verloren. 100 Dollar sind für mich immer noch 100 Dollar, und wenn mir etwas maßlos überteuert erscheint, dann kaufe ich es auch nicht.
Wenn du auf deine Karriere als Rocker zurückblickst: Auf was bist du im Nachhinein betrachtet besonders stolz?
Darauf, dass Alice Cooper schon so lange im Geschäft ist. Das Konzept, mit dem wir 1969 begonnen haben, funktioniert auch 2011 immer noch – so etwas ist selten im Musikbusiness. Die Fans lieben Alice Cooper, die Schrulligkeit seines Charakters. Manchmal amüsiere ich mich darüber, denn früher war ich ein wilder, gefährlicher Typ – und jetzt, da ich alt bin, finden mich die Leute liebenswürdig. Dabei sind die Shows heute energiegeladener und auch böser als damals.
Hast du ein Ritual, das zu praktizierst, bevor du auf die Bühne gehst?
Ich schaue mir die schlechtesten Kung Fu-Filme an, die ich auftreiben kann. Eines Abends kam Lemmy Kilmister in meinen Backstage-Raum und fragte mich, was ich mir da reinziehen würde. Es war ein fürchterlich schlecht gemachter Streifen mit einem Zwerg, der aus „007“ bekannt war. Einfach grauenhaft – und ich bin wirklich einiges gewohnt. Lemmy schauderte und meinte: „Das ist wirklich das Schlimmste, das ich je gesehen habe!“ Doch er blieb die gesamten verbleibenden 45 Minuten mit mir vor dem Fernseher sitzen.
Wie gehst du damit um, dass dich die Menschen als Ikone betrachten und als Rock’n’Roll-Helden verehren?
Ich versuche, nur die Musik und die Show ernst zu nehmen, nicht aber das Drumherum. Denn Alice ist und bleibt ein fiktiver Charakter.“