Ein ganz dickes Ding: 75 Jahre Macca auf 976 Seiten.
Darauf, dass über jeden einzelnen Beatle bereits Milliarden von Worten geschrieben worden sind, verweist der Journalist und Autor Philip Norman gleich zu Anfang seines fast 1000-seitigen Werks. Doch immerhin bietet Norman etwas, das selbst die bislang beste McCartney-Biographie, Barry Miles‘ „Many Years From Now“ aus dem Jahr 1998, in den Schatten stellt: die ganze Geschichte. Statt sich vornehmlich auf Sir Pauls Wirken bei den Beatles zu konzentrieren, werden hier auch die Jahre nach 1970 angemessen breit behandelt, was sowohl musikalische Aktivitäten als auch private Befindlichkeiten – und Katastrophen – umfasst.
Normans Biographie ist autorisiert, und natürlich spricht aus seinen Worten Bewunderung und Respekt für McCartneys Lebenswerk. Ein Gefälligkeitsgutachten zum demnächst anstehenden 75. Geburtstag ist es erfreulicherweise dennoch nicht geworden, denn auch McCartneys Hang zur Gefallsucht, sein mitunter streberhaft wirkender Ehrgeiz und seine manipulativen Winkelzüge werden durchaus thematisiert. Man lernt aber auch, dass dieser wohlerzogene Mann mit den Bambi-Augen und den weichen Gesichtszügen eben doch mit wesentlich mehr Tiefgang, Intelligenz und künstlerischem Mut gesegnet ist, als die kritische „Silly-Love-Songs-Fraktion“ ihm gemeinhin zuzustehen bereit ist.
Normans Werk stellt aber auch in anderer Hinsicht lohnenswerte Lektüre dar: Seit im Sommer 1957 John Lennon und Paul McCartney bei einem Kirchenfest in Woolton einander vorgestellt wurden, „so steif und förmlich“, laut Norman, „wie es nur Teenager hinbekommen“, sind immerhin genau 60 Jahre vergangen. Jahrzehnte, in denen die Welt u.a. Elvis, Hippies, Disko und den Punk erlebte, in denen sich aber nicht nur Konzert- und Plattenbusiness nachhaltig wandelten, sondern – zumindest in manchen Aspekten – auch radikale gesellschaftliche Veränderungen vonstatten gingen. Weshalb Normans Biographie nebenbei auch als (Pop)-Geschichtsbuch funktioniert, in dem Dr. Martin Luther King und Stanley Kubrick vorkommen, Karl Lagerfeld und Mao Zedong, Michael Jackson und Benjamin Netanjahu. Unter anderem. Es war ja auch eine Menge los in den letzten 60 Jahren.
8/10
Paul McCartney
Von Philip Norman
Piper Verlag