Der wilde Mann und sein bestes Werk seit vielen Jahren.
Das Internet mag Iggy nicht so gerne: Am Ende von ›Paraguay‹, dem letzten Titel von POST POP DEPRESSION, ergeht er sich in einer nicht enden wollenden Tirade gegen „fucking laptops“ und den Dummsprech der dauereuphorischen Netzgemeinde: „There’s nothing awesome here, there’s nothing wow“. Doch keine Angst. Den Wüterich gibt Jim Osterberg auf diesem Album nur in kleinen Dosen. Und wenn er das tut, dann pointiert, spitzfindig, selbstironisch. Eine gute Entscheidung: Seine frühere Paraderolle als dauerwütendes Rumpelstilzchen ist längst zur Pose geronnen. Stattdessen macht sich Iggy genau diesen Umstand zunutze: POST POP DEPRESSION ist eine Meditation über das Altern im Pop. Darüber, was bleibt, wenn das Meiste vorbei ist, oder, um mit Iggy zu sprechen: „I’ve nothing but my name.“ (›American Valhalla‹). So gelingt Iggy Pop mit Unterstützung von Josh Homme, Matt Helders (Arctic Monkeys) und dem QOTSA-Gitarristen Dean Fertida ein großartiges Alterswerk. ›German Days‹ und ›Gardenia‹ sind durchweht vom Geist jener Alben, die Pop einst mit David Bowie produzierte, THE IDIOT und LUST FOR LIFE. Hinzu kommt der Trademark-Sound von Josh Homme, der sich ansonsten zurückhält. In den 70ern hätte man auf die Wette, dass Iggy Pop Lou Reed und Bowie überlebt, eher eine mittelgute Quote bekommen. Nun ist das Unwahrscheinliche geschehen, doch nicht nur deshalb ist der Albumtitel konsequent gewählt: Iggy hat zuletzt außerdem die Asheton-Brüder und den Stooges-Saxofonisten Steve Mackay verloren, da kann man schon mal depressiv werden. Nun bäumt sich Iggy Pop, der große wilde Mann der amerikanischen Rockmusik, ein letztes Mal auf. POST POP DEPRESSION ist sein bestes Album seit NEW VALUES von 1979. Gott sei Dank!
Iggy Pop
POST POP DEPRESSION
CAROLINE/UNIVERSAL
9/10