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Rückblende: Fleetwood Mac mit ›The Chain‹

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Rückblende: Fleetwood Mac mit ›The Chain‹

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Ein Song, der aus allen möglichen Versatzstücken zusammengesetzt wurde, wurde zum Symbol für die Jahrzehnte umspannende Widerstandsfähigkeit und das Durchhaltevermögen von Fleetwood Mac.

Ich glaube, jeder kreative Mensch wird dir sagen, dass es schwer ist, völlig linear zu arbeiten, um das zu erreichen, was dir vorschwebt“, hat Lindsey Buckingham über ›The Chain‹ gesagt. Es ist das einzige Lied, bei dem alle fünf Mitglieder des Line-ups von 1977 als Autor*innen genannt sind, und es wurde aus disparaten Verbindungen und Ersatzteilen mit reichlich Geschick für Arrangements zusammengebaut. Aufgenommen wurde der Track in einer Zeit der zerfallenden Beziehungen und schlimmen Spannungen innerhalb der Gruppe, seither steht er sinnbildlich für das beachtliche Durchhaltevermögen einer der turbulentesten Formationen der Rockgeschichte.

Seinen Anfang nahm ›The Chain‹ 1976 bei den Sessions zu RUMOURS. Christine McVie brachte einen noch unfertigen Song namens ›Butter Cookie (Keep Me There)‹ mit. Auf der Super-Deluxe-Edition des Albumklassikers kann man hören, wie das Stück sich in frühen Demos und Instrumentals entwickelte. Ein federleichter Groove im Stil von Van Morrison weicht einem markigeren Wummern, während die Band nach dem richtigen Gefühl sucht und Christine mit Worten experimentiert. Doch das Stück wächst nie über etwas hinaus, das bestenfalls ein solider Albumtrack geworden wäre. In der letzten Minute erwacht es dann plötzlich furios zum Leben, befeuert von John McVies denkwürdig tieftönendem Bassriff.

Schlagzeuger Mick Fleetwood bezeichnete dieses Riff später als „einen wichtigen Beitrag“. Er sagte: „›The Chain‹ entstand im Wesentlichen aus einem Jam. Es wurde zusammengestückelt, statt dass sich jemand tatsächlich hin- setzte und einen Song schrieb. Es ist in jeder Hinsicht eine kollektive Bandkomposition.“ Als Produzent nannte Buckingham zwei Inspirationen für den Entstehungsprozess. Zum einen Brian Wilson und seinen Beach-Boys-Klassiker ›Good Vibrations‹. Die andere ist überraschender. „Alfred Hitchcock arbeitete offenbar nach einem ähnlichen Verfahren“, erklärte Buckingham 1981 gegenüber BAM.

„Er konzipierte jede Szene komplett im Voraus und versuchte dann, dieser Vorstellung so nah wie möglich zu kommen. In gewisser Weise tue ich das auch. Man hört etwas in seinem Kopf und versucht, sich dem so weit wie möglich anzunähern. Andererseits, je mehr man im Bereich Musik – oder auch Kunst – arbeitet, desto mehr lernt man, dass man sich bis zu einem gewissen Grad auch leiten lassen muss. Es ist ein Geben und Nehmen, und es wird immer unbe- kannte Faktoren geben, mit denen man fertigwerden muss.“ Die Band zählte vom Einsatz von McVies Bassriff ausgehend rückwärts und skizzierte zuerst einen neuen Anfang, Takt um Takt, mit Fleetwoods Basstrommel als Metronom.

Buckingham übernahm dann ein gezupftes Riff aus ›Lola (My Love)‹, einem Stück von BUCKINGHAM-NICKS (der Platte von 1973, der er und Stevie Nicks es praktisch zu verdanken hatten, dass sie überhaupt bei Fleetwood Mac landeten). Das funktionierte perfekt mit dem Four-on-the-floor-Puls und schuf einen offenen Raum für den markanten dreistimmigen Harmoniegesang – „Listen to the wind blow …“ „Aber ein Song wurde erst so richtig daraus, als Stevie einige Worte dazu schrieb“, so Fleetwood. „Lindsey arrangierte und machte ein Stück aus all den Einzelteilen, die wir auf Tonband bannten. Und als es dann arrangiert war und wir wussten, was wir taten, gingen wir ins Studio und nahmen es auf. Aber letztendlich ist es sowieso ein Band-Ding, denn wir haben alle einen so individuellen Stil, unseren je eigenen Stempel, der den Sound von Fleetwood Mac ausmacht.“

Aber weil wir hier von Fleetwood Mac reden, gibt es natürlich eine gegensätzliche Erzählung von der Entstehung des Stücks. In einem Interview mit Variety sagte Nicks 2020, dass sie nicht nur „einige Worte“ einbrachte, sondern einen fertigen Song. „Lindsey fragte mich: ‚Weißt du noch, das Lied, das du geschrieben hast, mit ‚If you don’t love me now, you will never love me again‘? Können wir das nehmen? Denn wir haben dieses großartige Solo am Ende, wenn John mit der Basslinie einsetzt. Aber wir haben dazu im Grunde keinen richtigen Song. Könntest du dir vorstellen, uns den zu geben?‘“ Nicks: „Ich hatte eigentlich schon komplett ausformulierte Pläne für das Original, bevor ich es Fleetwood Mac gab. Aber ich sagte mir: Na ja, okay, ich mache das fürs Team und überlasse ihnen den Track. Klar, ich bin froh, dass es so gelaufen ist, denn daraus wurde eines unserer besten Lieder. Aber es war auch schon äußerst gut, bevor sie es einspielten.“

Nicks sah darin auch eine wertvolle Songwriting-Lektion: „Man kann daran gut sehen, wie es Songwritern gehen kann, nicht wahr? Sie haben da etwas, das sehr schön ist, und sind auf dem besten Weg, es fertigzustellen, und dann kommt etwas anderes daher und es wird ein Teil davon.“ Die Albumversion von ›The Chain‹ wurde kein Hit, doch 20 Jahre später schaffte es eine Live-Fassung auf THE DANCE in die US-Rock-Charts. In Großbritannien erreichte der Track auf anderem Weg Berühmtheit, als die BBC das Ende mit dem Bassriff als Melodie für ihre Formel-1-Sendung nutzte (von 1978 bis 1996 und erneut von 2009 bis 2015). 2017 hörte man ›The Chain‹ dann im Marvel-Blockbuster „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“, zudem ist es Teil der Soundtracks zu den HBO-Serien „Family Bonds“ und „Our Flag Means Death“.

Auf ihrer Tournee im Jahr 2019, bei der Lindsey Buckingham durch Neil Finn und Mike Campbell ersetzt wurde, eröffneten Fleetwood Mac jeden Abend mit ›The Chain‹. Was die fehlende Verbindung („Never break the chain“) als Folge von Buckinghams unerwarteter Entlassung noch akzentuierte. Es gab zwar zwischenzeitlich noch mal die zaghafte Hoffnung, dass die Original-„Kette“ für eine letzte Fleetwood-Mac-Tour wiederhergestellt würde, aber mit Christine McVies Tod 2022 war es damit vorbei. Doch der Song wird uns immer erinnern, dass – wie McVie 1977 sagte – „es eine starke Verbindung zwischen der Band und ›The Chain‹“ gibt. Oder wie Stevie Nicks es einmal auf den Punkt brachte: „Wenn du in einer Band bist, bist du Teil eines Teams.” (Aus CLASSIC ROCK #125)

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