Stelle doch mal die Stimme nach vorne!
Ich brauche nicht zu erwähnen, dass die Irin aus Dublin seit dem vorangegangenen Album LIFE. LOVE. FLESH. BLOOD ihr Rockabilly-Erscheinungsbild entsorgt hat, da die letzten Jahre das Gefühl überhandnahm, sie würde nur noch in eine Rolle schlüpfen. Was geblieben ist? Ihre großartige Allzweckwaffe, die Stimme, die zwischen verletzlich, lasziv und rockig alles im Halfter stecken hat, was man für internationalen Erfolg halt so braucht. Auf ihrem neuen Album ist von Vampartiger Helen Schneider (›Just One Kiss‹) bis nüchterner Marianne Faithfull stimmlich alles vertreten und shreddernde Indiegitarren treffen auf Piano oder Cellos (›Breathe‹) und Cardigans-Autofahrsongs (›Made To Love‹). Eines dieser Alben, die man sich erst erarbeiten muss, und als deutsche Kartoffel auch mal bei den Texten genauer hinhören sollte.
Man muss ihr ihr echt dankbar sein, dass 11 PAST THE HOUR keines dieser Lockdown-Therapie-Singer-Songwriter-Alben zum Frustabbau geworden ist. Auch wenn es der gleichnamige Opener zunächst vermuten lässt. Die Tracks waren nämlich alle schon vor „C“ fertig. Eine Perle ist natürlich die Single ›Just One Kiss‹ mit Noel Gallagher, ansonsten sind neben Ronnie Wood wieder zahlreiche Gaststars anwesend. Schlechte Songs? Fehlanzeige. Lediglich der musikalische rote Faden fehlt mir etwas, wobei ich Blödmann ja vergesse, dass alles durch ihre Ausnahmestimme
zusammengemörtelt ist.
8 von 10 Punkten
Imelda May, 11 PAST THE HOUR, DECCA/UNIVERSAL