Blues, ja, und noch so viel mehr.
Vieles hat sich verändert, seit Gary Clark Jr. erstmals außerhalb seiner Heimatstadt Austin auf sich aufmerksam machte und die Rufe nach dem „Retter des Blues“ begannen, eine Bezeichnung, die ihm seit nunmehr einem Jahrzehnt anhaftet. Er ist heute Vater von drei Kindern mit seiner Frau, dem australischen Model Nicole Trunfio. Die Familie lebt auf einer wunderschönen 20-Hektar-Ranch in Texas. Letztes Jahr waren Clark, Trunfio und ihre Kinder in einer Kampagne für den Herrenmode-Designer John Varvatos zu sehen. Und doch scheint das künstlerische Ethos des 36-Jährigen erstaunlich unverändert geblieben zu sein, auch wenn sein musikalischer Stil und sein Ansatz sich so kompetent wie faszinierend weiterentwickelt haben. Clark sah schon in jungen Jahren den kreativen Werdegang, der sich vor ihm entfalten sollte, und hat sich seither nicht davon abbringen lassen.
Es war dieser Fokus, der ihn in seinen frühen Zwanzigern Plattenverträge ablehnen ließ, wo die meisten seiner Zeitgenossen sofort beim erstbesten zugegriffen hätten. Mit demselben Selbstbewusstsein ging er beim „Crossroads Guitar Festival“ 2010 als völlig Unbekannter mit Eric Claptons All-Star-Line-up auf die Bühne und machte sich umgehend international einen Namen. „Das war der Moment, wo ich dachte: ,Okay, das war all die Mühen wert gewesen‘. Dass diese Typen sagen: ‚Das war ziemlich gut‘. Mehr wollte ich gar nicht. Da rauszugehen und dann von Keb’ Mo’, Eric Clapton, Robert Cray – alles Leute, mit denen ich aufgewachsen bin – gelobt zu werden, das war ein Wendepunkt. Ich begriff, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, dabei zu bleiben.“ Zu jener Zeit unterschrieb Clark einen Major-Vertrag bei Warner. „Das Timing war perfekt. Ich war 26. Zeit, aufzubrechen und dieser Mann zu sein, den mein Vater in mir sah. Raus in die Welt ziehen, etwas erreichen!“
Die meisten Künstler lassen sich nur ungerne in eine Genreschublade stecken, doch der Blues bildet die Ausnahme dieser Regel. Viele Bluesmusiker möchten irgendwie den Wurzeln treu bleiben, selbst wenn sie dafür die Chance verpassen, ihre kreativen Flügel auszubreiten. Und das trotz der Tatsache, dass so viele der großen Blueshelden sich in vielen Genres versuchten, von Claptons Reggae-Exkursionen über B.B. Kings Hang zum Country bis hin zu Jack White, der frühen Blues mit modernsten Klängen verband.
Wenn Clark sich an jemandem orientiert, dann wohl an dem einstigen White-Stripes-Gründer, denn er geht bisweilen so weit über die konventionellen Eckpfeiler des Blues hinaus, dass man es gar nicht mehr als solchen bezeichnen kann. Zumindest nicht aus der Sicht der Puristen. Sein drittes Studiowerk, THIS LAND von 2019, vermischte den Blues mit Garage, Soul, Funk, Pop, R’n’B und mehr zu einem kraftvollen, selbstbewussten Cocktail aus Musik und Politik. „Ich weiß noch, wie ich mich mal mit [dem Südstaaten-Indie-Soul-Rebellen] Cody Chesnutt unterhielt und ihm erzählte, dass ich damit zu kämpfen hatte, geradlinigen Blues zu spielen“, sagte er 2015. „Ich hatte diese Demos, die in Richtung Soul, Funk und R’n’B gingen, you know? Er meinte nur: ‚Du musst es einfach veröffentlichen, Mann. Was nützt es, wenn das in der Schublade verstaubt? Du musst es veröffentlichen und dir treu sein‘. Und das habe ich mir wirklich zu Herzen genommen.“