Bob Seger war in den 70er Jahren ein Underdog aus der ehemaligen Auto-Metropole Detroit, der mit hemdsärmligen Texten und straightem Middle-of-the-road-Rock seine Nische fand. Thin Lizzy (mit ›Rosalie‹) und Metallica (mit ›Turn The Page‹) coverten seine Tracks, selbst Lemmy Kilmister war begeistert von vielen Seger-Songs, welche oft nachdenkliche Geschichten über Midlife-Krisen und Identitätsprobleme erzählten. „Er konnte gleichzeitig rough und subtil sein“, sagte Lemmy einmal über Bob Seger in einem Interview. Diese zweigleisige Mechanik trägt der Mann aus kleinen Verhältnissen in Songs wie dem 1983 erschienen ›The Famous Final Scene‹ vor – hier sind Freude und Enttäuschung gleichwertig verteilt.
Seger erklärt: „Ich wollte damit ein Lied schreiben, das meine Konzerte mit ihrer Sensibilität zum Erliegen bringt. Während eines guten Konzerts herrscht immer Vollgas-Rock’n’Roll-Stimmung – und das wollte ich mit einem dramatischen Moment aufbrechen“. Mit getragenem Piano und melancholischem Riffing erstrahlt die heisere Stimme von Seger dabei noch intensiver. „Sowas zu schreiben dauert schon sehr lange und dabei darf man nicht die Geduld verlieren“, erklärt Bob. „Gefühlt musst du manchmal tagelang aus dem Fenster starren und darauf warten, dass die Muse dich küsst und der Text irgendwie angeflogen kommt. Die Musik finde ich eigentlich ziemlich schnell, weil ich das schon lange so mache.“ Es sei jedoch für ihn viel schwieriger, die richtigen Text-Fragmente zu finden, „um etwas zu schreiben, das auf seine Weise einzigartig und universell ist“. Im Jahr 1976 erschien die gleichnamige Singleauskopplung vom Album NIGHT MOVES und katapultierte den Songwriter in eine neue Liga.
„Vorher fuhren wir – um es mal symbolisch zu sagen – auf einem lahmen Güterwagon, aber plötzlich saßen wir im Düsenjäger.“ Es war ziemlich berauschend, aber es gab für den bodenständigen Bob nicht die Chance, sich im Größenwahn zu verlieren. „Ich habe in den letzten 50 Jahren eigentlich immer wieder dieselben Dinge auf den Weg gebracht“, sagt Bob und zählt dann auf: „Zuerst dauert etwa es drei bis fünf Monate, neue Songs zu schreiben. Dann drei oder vier Monate, um ein Album im Studio zu produzieren. Im Anschluss darauf folgt eine Tour für vier bis sechs Monate. So verlief mein Leben in den 70er- und 80er-Jahren. Als ich in den 90ern meine Kinder um mich hatte, wollte ich das Musikerdasein an den Nagel hängen, weil es mir wichtiger war, ein guter Vater zu sein“. Mit zehn Alben, ungefähr 30 Singleauskopplungen und 57 Millionen verkauften Tonträgern konnte er sich dieses Leben erlauben. Sein erfolgsreichster Hit ist dabei ein absolutes Zufallsprodukt. Die Rede ist von dem Song ›Shakedown‹, der 1987 auf dem Soundtrack der Eddie-Murphy-Kriminalkomödie BEVERLYHILLS COP II erschienen ist.
Die musikalische Ausrichtung dieses humorvollen Action-Streifens wird in erster Linie von Harold Faltermeyer und Giorgio Moroder vorgegeben, hinzuaddiert werden grellbunte Pop-Klassiker wie ›I Want Your Sex‹ von George Michael oder ›Be There‹ von den Pointer Sisters. So ist es nicht verwunderlich, dass ›Shakedown‹ mit einer Faltermeyer-Produktion mit Sequenzer-Beats, aufheulenden „Miami Vice“-Gitarren und einer Synthie-Basslinie ausgestattet wird. „Eigentlich sollte ja Glenn Frey von den Eagles das Stück einsingen“, sagt Bob Seger. Denn der hatte für den ersten Teil dieser Filmreihe bereits Songs wie ›The Heat Is On‹ beigesteuert. Doch kurz vor den Aufnahmen verlor das Eagles-Mitglied seine Stimme und so wurde der Vocal-Part an seinen alten Kumpel übergeben. Seger änderte noch ein paar Zeilen am vorgegebenen Text.
So konnte er nicht nur einen Credit als Co-Autoreinheimsen. Nein, am Ende gab es sogar noch eine Oscar-Nominierung obendrauf und in der Folgezeit entwickelte sich diese Singleauskopplung zu einem echten Dauerbrenner. Der Track schob sich in den Billboard-Charts auf den ersten Platz und verweilte in vielen Ländern wochenlang in den Hitlisten. Über sein Leben als Musikerresümiert Bob Seger mit einem zwinkernden Auge: „Mit 20 wollte ich genug Geld verdienen, um mir mit 25 ein Motorrad kaufen zu können, mit dem ich dann quer durch Europa fahren wollte. Ich dachte, wenn ich 30 werde, würde ich wieder aufs College gehen und anschließend in einem richtigen Job arbeiten“. Wie gut, dass doch alles anders gekommen ist.