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The Who: Leben für die Bühne – die legende LIVE AT LEEDS

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The Who: Leben für die Bühne – die legende LIVE AT LEEDS


Nichtsdestotrotz dürften sich die meisten Fans erstaunt die Augen gerieben haben, als sie LIVE AT LEEDS das erste Mal in den Händen hielten. Schließlich waren The Who damals gerade von ihrer Welttournee zu TOMMY zurückgekehrt und hatten in Woodstock für Furore gesorgt. Man sollte also denken, dass sie bei ihren zahlreichen Auftritten genug Material für eine umfassendere Live-Veröffentlichung hätten sammeln können. Was auch der Fall war, wie Townshend berichtet: „Wir hatten über 80 Stunden auf verschiedenen Tapes aufgenommen. Doch nachdem ich und unser Soundmann Bob Pridden die Recordings beide durchgehört hatten – und zwar unabhängig voneinander –, kamen wir zum selben Ergebnis: Alles klang passabel, aber keine Show stach heraus. Da war klar, dass aus der Sache nichts werden würde. Das frustrierte mich total, und ich ärgerte mich außerdem wahnsinnig. Deshalb wies ich Bob an, alle Tapes zu verbrennen, damit sie nicht später als Bootlegs durch die Weltgeschichte kursieren könnten. Und sagte ihm, dass er für die Gigs in Leeds und Hull, die am zweiten Februarwochenende 1970 stattfinden sollten, einen Acht-Spur-Recorder auftreiben sollte. Ich wollte die Aufnahmen dann später bei mir zu Hause mischen, da ich einiges Equipment besaß, weil ich dort bereits an Demos für die Small Faces und Thunderclap Newman gearbeitet hatte. Bob schwor mir jedenfalls, dass alle Tapes vernichtet worden seien, aber ich denke, dass er einige behalten hat. Zumindest hoffe ich das!“

Doch trotz der alles andere als optimalen Umstände, unter denen LIVE AT LEEDS entstanden ist: Die Platte selbst zeugt von der unbändigen Kraft der Band, aber auch von einer Präzision, wie sie The Who davor und auch danach nie wieder er-reicht haben. Die TOMMY-Tournee hat dazu ihren Teil beigetragen, aber auch das intuitive Verständnis der Musiker, was die eigene Rolle und die der Kollegen in der Band anbelangt. Schlüsselfigur für den Erfolg: Keith Moon – darin sind sich Townshend und Roger Daltrey bis heute einig. „Keith hielt damals die perfekte Balance, auf der einen Seite war er entfesselt durch die Drogen, auf der anderen Seite jung und damit fit genug, um die Show ohne Einbruch durchzuhalten. Fünf Jahre später sah die Sache schon ganz anders aus. Damals jedoch war er der Motor der Band, er hörte auf das, was John und ich spielten, und auch Roger empfand das so“, berichtet Townshend. „Genau“, übernimmt Daltrey. „Wir befanden uns auf dem Höhepunkt unserer Karriere, zumindest was unsere Live-Qualitäten angeht. Denn dadurch, dass wir TOMMY fast komplett auf die Bühne gebracht hatten, waren wir perfekt aufeinander eingespielt. Diese Dynamik, die sich damals zwischen uns entwickelt hat, ist nie wieder völlig verschwunden. Und sie hat damals eine Menge cooler, neuer Entwicklungen erst möglich gemacht. Denn dadurch bekamen wir Selbstvertrauen, probierten Dinge aus. Irgendjemand in der Band fing an zu improvisieren, und die anderen stiegen nach und nach ein, es lief fast wie von selbst und passierte bei beinahe jedem Gig.“

Ursprünglich sollte die Show in der Leeds University gar nicht veröffentlicht werden – das Augenmerk der Band lag auf dem Gig in der Hull City Hall. Der Leeds-Auftritt war nur als Notnagel gedacht, für den Fall, dass in Hull etwas schief gehen sollte. Und wie es immer so ist, ging natürlich et-was schief. Die ersten Songs der Hull-Aufnahme enthielten keinerlei Bass-Spuren von John Entwistle. Pete Towns-hend hörte dies, als er sich ans Mischen machen wollte – und legte die Tapes sofort entnervt zur Seite. Er wagte sich stattdessen direkt an die Leeds-Masters, die jedoch ebenfalls alles andere als perfekt waren. „Es gab jede Menge Störgeräusche. Etliche habe ich mit einer Rasierklinge aus dem Tape herausgeschnitten“, erinnert sich Townshend mit Schaudern zurück und ergänzt: „Heutzutage ist es dank der Computertechnik wirklich wesentlich einfacher geworden, Aufnahmen nachzubearbeiten.“

Auch LIVE AT LEEDS ist heute nicht mehr dasselbe Album wie damals, als es erstmals auf den Markt kam. Die 1985er-CD-Veröffentlichung enthielt zwar noch ebenso viele Tracks wie die Originalversion der Scheibe, doch zehn Jahre später kam der Mitschnitt erneut in die Läden – diesmal je-doch neu gemischt und zudem mit etlichen weiteren Songs versehen, nämlich ›Heaven And Hell‹, ›I Can’t Explain‹, ›Fortune Teller‹, ›Tattoo‹, ›Happy Jack‹, ›I’m A Boy‹ und ›A Quick One While He’s Away‹. Zudem enthielt diese Edition stärkeren Live-Charakter, indem z.B. die Song-Einleitungen in die Aufnahme integriert wurden. „An den Lead-Vocals haben wir allerdings nichts verändert“, betont Roger Daltrey, der sich schon des Öfteren der Kritik stellen musste, dass bei dieser Auflage starke Nachbesserungen vorgenommen worden sind. „Overdubs gibt es nur bei den Backing Vocals, sonst nirgends. Denn ich bin in dieser Hinsicht ein ziemlicher Sturkopf. Ich finde es nicht schlimm, wenn man auf einer Live-Platte ein paar Fehler hört. Das ist jedenfalls besser als eine perfekte Aufnahme, die hat doch kein Leben, ist nicht authentisch. Ich sehe das wohl ähnlich wie ein Maler: Keiner pinselt nachträglich über sein eigenes Gemälde.“

Im Jahr 2001 ist LIVE AT LEEDS ein weiteres Mal rereleast worden – diesmal mit einer Bonus-CD, auf der das TOMMY-Set der Leeds-Show zu hören ist. Nun, knapp eine Dekade später, ist das Album noch einmal in neuer Aufmachung erschienen. Und in einem noch exklusiveren, dickeren Paket. Der komplette Leeds-Gig plus die eigentlich für unbrauchbar befundenen Hull-Mitschnitte sind darin verewigt – die fehlenden Entwistle-Spuren wurden aus den Leeds-Aufnahmen extrahiert und anschließend in die vier Hull-Songs, denen der Bass fehlte, integriert. Zudem enthält die „Super Deluxe 40th Anniversary Collector’s Edition“ (zum stolzen Preis von ca. 100 Euro) noch eine Reproduktion der Original-Vinyl-Ausgabe, ein 64 Seiten starkes Buch und etliche weitere Sammler-Kleinode. „Wir haben im Vergleich zu vielen anderen Band nur recht wenige Alben veröffentlicht“, setzt Townshend zu einer Erklärung an, warum die Menschheit eine weitere Edition von LIVE AT LEEDS braucht. „Daher ist es logisch, dass unser Backkatalog stets aufs Neue geplündert wird. Aber es bedeutet auch, dass es eine Nachfrage gibt. Die Leute interessieren sich für The Who, und zwar nicht nur diejenigen, die schon seit unseren Anfängen dabei waren, sondern auch viele junge Menschen. Sie stoßen auf unsere Songs, weil sich etliche Bands auf uns beziehen, seien es nun Supergrass, Oasis oder Pearl Jam. Das macht die Fans neugierig, und dann besorgen sie sich eben unsere Alben.“

Die Fähigkeit, auch diejenigen zu begeistern, die nicht von Beginn an Teil des Who-Kollektivs sein konnten, war seit jeher ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Band. Denn die Vier sind nie stehen geblieben. Obwohl die treue Mod-Anhängerschar den Musikern zum Aufstieg verholfen hat, erkannten The Who die Zeichen der Zeit und veränderten sich. Denn sie waren, wie Townshend anfangs bereits betonte, ein Spiegel der damaligen Subkultur, sie reflektierten das, was die Leute dachten und fühlten. Und nur deshalb gelang es ihnen auch, souverän den Bogen zu schlagen – als der „Summer Of Love“ anbrach, waren The Who vorne mit dabei. Dass ihnen das nur wenige krumm nahmen, lag an ihrer natürlichen, lockeren Art, aber freilich auch daran, dass viele Mods selbst den psychedelischen Verlockungen nachgaben.

LIVE AT LEEDS ist das Resultat dieses Wandels. Mit den The Who aus Londoner Marquee-Zeiten hat die Band zu diesem Zeitpunkt nur noch wenig gemein. Sie sind nicht mehr der Geheimtipp, sondern ein Act, den plötzlich jeder sehen will, erst Tausende, dann Zehntausende – das ambitionierte TOMMY-Projekt tut das Seine dazu. Ihr Rock ist endgültig den verräucherten Clubs entwachsen. Sie sind Stars, sodass Keith Moon problemlos seine Freizeit damit verbringen kann, Hotelzimmer in ihre Einzelteile zu zerlegen oder Autos in Swimming Pools zu versenken.
Der Rest ist Geschichte. Eine Geschichte, deren Ende noch nicht feststeht – denn 2011 wollen es Townshend und Daltrey noch einmal wissen. Es soll gemeinsame Auftritte geben, die Rede ist von einem QUADROPHENIA-Set. Zudem komponiert Pete Townshend neue Songs. Ob diese unter dem Banner von The Who erscheinen werden, steht noch nicht fest. Unwahrscheinlich ist es jedoch nicht. Denn Daltrey betont: „Ich spitze meine Ohren und bin gespannt, was dabei rauskommt. Seine Arbeit begeistert mich stets, ich bin wirklich ein Townshend-Fan.“ Und der Gelobte setzt nach: „Wenn Roger und ich zusammenspielen, verwandeln wir uns in Godzilla. Oder besser: in Hulk. Das lässt sich einfach nicht vermeiden. Nach wenigen Minuten auf der Bühne färbt sich unsere Haut grün, und die Muskeln schwellen an. Dann ist alles möglich.“

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