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The Rolling Stones: HACKNEY DIAMONDS

Das erste Album mit Jagger/Richards-Originalen seit 18 Jahren ist ein Schaulaufen – es reicht zurück bis an den Anfang dieser größten Karriere der Rockmusik.

Letztes Jahr spielten die Rolling Stones ihr bis jetzt letztes Konzert, auf der Waldbühne in Berlin. Und ja, an diesem Sommerabend waren sie noch einmal: die größte Rockband von allen. Mick Jagger: altersloser Frontmann-Superheld; Keith Richards – weiß ja jeder – coolster Gitarrist der Welt. Jetzt, nach 18 Jahren – 59 Jahre nach der ersten Platte – wieder ein Album mit neuen Liedern. Es dürfte ihr letztes sein: Auch abgesehen davon, dass die beiden Chefs um die 80 sind, gibt es auf HACKNEY DIAMONDS einen Hinweis darauf. Aber genug der Vorrede. Den ersten Song, die Single ›Angry‹, dürften viele schon gehört haben. Ganz okay, oder? Geradliniger Riff-Rock mit allerdings gutem Gitarrensolo, das entfernt an das in ›Sympathy For The Devil‹ erinnert.

In eine ähnliche Richtung geht ›Get Close‹, mit bluesigen Licks und Saxofonsolo. Die erste – sehr schöne – Ballade dann mit ›Depending On You‹: akustische Gitarre, Streicher, Ooh-ooh-Chöre. „I’m too young for dying, and too old to lose“, schmachtet Jagger. „Cause I was depending, relying on you!“ Typisches Terrain bis hierhin. ›Bite My Head Off‹, eine fiese Garage/Bluesrock-Nummer mit Fuzz-Bassgitarre, ist erwähnenswert vor allem wegen des von Jagger reingerufenen „Come on, Paul, let’s hear something“. Genau, der Paul. Der von der Konkurrenz. Der spielt hier nämlich den Bass (dass die Stones und die Beatles trotz ihrer Rivalität eigentlich ganz gut miteinander auskamen, ist ja bekannt).

Etwas arg auf modernen Pop macht der Refrain im ranschmeißerischen ›Mess It Up‹, das mittendrin in Richtung Disco abbiegt, bis der Gesang ins Falsett kippt. Gehört nicht zum Substanziellsten, was die Stones je gemacht haben, aber catchy ist es. Dass HACKNEY DIAMONDS auch so was wie ein
Schaulaufen ist, auf dem Jagger/Richards noch mal zeigen, was sie im Repertoire haben, wird bei ›Dreamy Skies‹ klar – einem Countryrock-Schunkler, wie es sie ja unter anderem auf den Großtaten STICKY FINGERS und EXILE ON MAIN ST gab. Eine Aussteigerfantasie, und aus dem Radio tönt „Hank Williams and some bad Honky Tonk“. ›Live By The Sword‹ ist ein Bar-Boogie mit Klimperklavier (von Elton John), der Bass kommt von Bill Wyman, das Schlagzeug noch von Charlie Watts (also die Stones-Besetzung der mittleren Phase). Auf dem empfindsam-bluesigen ›Tell Me Straight‹ („Is my future all in the past?“) darf Keith ans Mikro – auch das Tradition –, bevor es mit den beiden letzten Stücken denkwürdig wird. ›Sweet Sounds Of Heaven‹ ist ein über sieben Minuten langes Monster aus Rock und Gospel, ein Gebet an die heilende Kraft der Musik, das die Energie von ›Shine A Light‹ und ›Gimme Shelter‹ anzapft und in dem Mick Jagger sich mit Lady Gaga battelt.

„Let us sing, let us shout, let us all stand up proud“ – „Let us all still believe that we’re young“. Nach fünf Minuten scheint es vorbei, Gaga lacht, Jagger sagt „play me something, Stevie“, worauf Stevie Wonder kurz ein Klaviersolo spielt (!), bevor alles wieder abhebt und Jagger und Gaga sich die
Oh-yeahs entgegenschmettern. Beim ›Rolling Stone Blues‹, einem originalgetreuen Cover des Muddy-Waters-Klassikers, von dem Brian Jones damals den Bandnamen klaute, bläst zum Abschied die Blues-Harp. Und vor dem inneren Auge sieht man die Credits runterfahren. Hört da, wo alles angefangen hat, auch alles auf? So genau weiß man das nie bei den Stones. Aber es würde freilich zu gut passen.

8 von 10 Punkten

The Rolling Stones/HACKNEY DIAMONDS/POLYDOR/UNIVERSAL

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2 Kommentare

  1. Mick Jagger hat in einem Interview gesagt, dass sie genügend Material für ein weiteres Album haben-wie kommt ihr also darauf,dass Hackney Diamonds ihr letztes Output sein wird?Vor allem unter dem Aspekt,dass sie 2024 wieder auf Welttournee gehen……

  2. Die aktuellen neuen Songs sind meiner Meinung nach Kontinuität so wie man es von den Stones seit ihrer Gründung ( 1962 !! ) mit wenigen Schwächen gewohnt ist.

    Es gibt oder gab viele Bands aus der damaligen Rock – Ära ( Anfand 1960 – bis ca. Mitte der 1980ziger Jahre ) die gute Songs kreiert haben, ich vermeide die abgenutzte Bezeichnung des ,,Song-Schreibens,,

    Viele dieser bands existieren nicht mehr.

    Die Stones als Urgesteine des Blues-Rock sind immer noch kreativ, kreativ ohne sich den Veränderungen im Musik- Business jemals angepasst oder untergeordnet zu haben.

    Wenn man musikalische Kontinuität im Blues-Rock sucht dann ist man bei den Stones an der ersten Adresse.

    Das schreibe ich als Gelegenheits-Hörer der Stones-Songs der niemals Fan von dieser Truppe war.
    Das aktuelle und vielleicht letzte Stones-Album ist und wäre ein grandioses musikalisches Finale einer der bedeutendsten Blues – Rock-Bands unserer Zeit-Epochen.

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