A ustin‘s Finest melden sich mit dem kaleidoskopartigen Meisterwerk WILDERNESS OF MIRRORS zurück. Das sechste Album der Black Angels macht endgültig klar, dass die Texaner die derzeit wichtigste Psych-Rock-Band sind. Manchmal beginnt auch ein Zoom-Interview wie ein Trip: Als sich Sänger, Bassist und Organist Alex Maas in das Gespräch einwählt, setzt er gerade ein wildes Gürteltier aus. „Die sind echt niedlich, aber wenn du nicht aufpasst, verwüsten sie deinen ganzen Garten.“ Probleme, die man als Texaner eben so hat. Seine Kollegin, Schlagzeugerin Stephanie Bailey, sitzt derweil bei sich zu Hause und sieht amüsiert zu. „Wart’s nur ab. Zu Hause wartet es wieder auf dich.“ Beide wohnen in Austin, dieser lebendigen texanischen Musik-Metropole, in der die Barista ebenso in einer Band spielt wie der Typ in der Wäscherei. „Es gibt hier unglaublich viele unfassbare Musiker“, berichtet Maas. „Jeder war, ist oder wird morgen in einer Band sein.“ Bailey nickt, betont aber, dass auch Austin nicht vor Gentrifizierung verschont geblieben ist. „Vor 15 Jahren wohnten wir noch für 300 Dollar zur Miete. Heute kostet dieselbe Wohnung 2.000.“ Dennoch bleiben The Black Angels Austin treu. Diesmal haben sie hier sogar ihr neues Album aufgenommen. Nachdem sie für ihr letztes Meisterwerk DEATH SONG (2017) bis nach Seattle gepilgert waren, gönnten sie sich mit ihrem langjährigen Tontechniker Brett Orrison einfach drei herrlich kreative, libertäre Monate in einem Studio ihrer Heimatstadt. „Wir hatten einen groben Plan, gönnten uns aber viel Zeit für Experimente“, erinnert sich Bailey, und Maas ergänzt: „Durch die Pandemie hatten wir dann plötzlich noch mehr Zeit zur Verfügung. Und kosteten das voll aus. Ich denke mal, das erzählen viele Bands, aber diese Zwangspause hat für WILDERNESS OF MIRRORS wirklich den Unterschied gemacht. Viele der Songs wären gar nicht auf dem Album gelandet oder würden komplett anders klingen.“
Seit DEATH SONG ist viel passiert. Global wie auch privat. Alex Maas ist Vater geworden, hat ein Soloalbum veröffentlicht, die ganze Band hat sich verändert, spirituell wie personell, der Sound mäandert immer noch voller Fuzz und psychedelischer Verschrobenheit, aber deutlich abwechslungsreicher, verspielter. „Fuzz-Songs wird es immer geben, aber wir wollten unsere Formel ein bisschen erweitern“, erklärt der Sänger. Also gibt es eine Menge Mellotron, französische Barock-Pop-Sprinkler, Wah-Wah-Riffs und groovige Shuffles. Bailey dazu: „Es war schön zu sehen, dass die Black Angels immer nach den Black Angels klingen, egal mit welchen Instrumenten. Wir haben unsere DNA mal ein wenig untersucht.“ Geboren in einer unsteten Zeit, reflektiert WILDERNESS OF MIRRORS das Chaos in der Welt, die nagende Ungewissheit einer Pandemie, das aufgeheizte Klima in den USA. Zugleich steht ein Song wie das expressive, betörend schöne, leiernde ›The River‹ für die ungebrochene Liebe der Band zu The Velvet Underground, Syd Barrett, Roky Erickson und allen anderen Poeten der Seltsamkeit. „Diese Geister heraufzubeschwören steht schon sehr lange auf meiner Liste“, bemerkt Maas zufrieden. „Der Song klingt geheimnisvoll und auch ein wenig gespenstisch. Wie eine Anrufung.“ Am Ende hat vielleicht genau diese Nummer das neugierige Gürteltier angelockt …