Als Gründer von Forbidden genießt Craig Locicero Thrash-Metal-Ikonenstatus. Mit SpiralArms zeigt der Gitarrist seit 2004 sein zweites Gesicht: Die von ehemaligen Systematic-, Vicious-Rumors- und Esseness-Mitgliedern komplettierte Heavy-Rock-Band fühlt sich zwischen den 70ern und der Moderne, zwischen Black Sabbath, Bad Company, Free, Led Zeppelin, Alice In Chains, Soundgarden und Down pudelwohl.
Hatten SpiralArms ihr Debüt HIGHEST SOCIETY (2010) noch über vier Jahre hinweg in unregelmäßigen Abständen zusammengebastelt, entstand der FREEDOM betitelte Nachfolger in einem kürzeren, in sich geschlossenen Zeitrahmen. „Weil ich 2010 und 2011 ständig mit Forbidden unterwegs war, stammt das meiste FREEDOM-Material aus Tims Herz und Seele: Er hatte eine Vision, der er folgte“, verweist Craig auf Sänger, Produzent und Jugendfreund Tim Narducci. „Dass ich nicht so oft im Proberaum sein konnte, war für mich und die anderen Jungs schwierig. Doch als wir ins Studio gingen, waren wir alle umso besser vorbereitet, hatten präzise Vorstellungen und knieten uns mit vollem Enthusiasmus in die Aufnahmen.“
Die aus der Not geborene Vorgehensweise schlägt sich positiv auf FREEDOM nieder: Das Album wirkt in sich stimmiger als sein Vorgänger, verfügt über einen fokussierteren Grundcharakter. „In erster Linie wollte ich fernab jeglicher Komfortzonen komponieren und die Musik in der Tradition alter Blues-Platten so naturbelassen wie nur möglich anlegen“, klinkt sich Narducci ein. „Ich strebte Simplizität an. Die größte Hürde bestand darin, nicht zu überanalysieren.“
Um diese Gefahr zu vermeiden, griffen die Kalifornier auf süßlich duftende Hilfsmittel zurück – der Songtitel ›Drugs & Alcohol‹ sowie die FREEDOM umhüllenden Stoner-Rauchschwaden kommen nicht von ungefähr. „Es klingt vielleicht ein wenig bescheuert, doch wir bringen unsere rechten Gehirnhälften gerne mit ein wenig THC auf Trab. Fast alle meiner Stücke entstanden in diesem Geisteszustand“, gibt Craig grinsend zu. „Nicht als Buchhalter zu arbeiten, sondern Rock‘n‘Roll zu spielen, kann eben auch kleine Vorteile mit sich bringen.“
Zu dieser Geisteshaltung passt auch der unpolierte, erdige 70er-Klang der Platte. Der Trick: SpiralArms spielten die FREEDOM-Basisspuren gemeinsam in nur 16 Stunden ein. „Ich denke, viele Leute fühlen sich gelangweilt von den vermeintlich makellos klingenden Produktionen der Gegenwart. In 99 Prozent aller Fälle ist es menschlich nicht einmal möglich, so unglaublich perfekt zu spielen“, findet Narducci. „Einige der besten Momente der Musikgeschichte basieren auf Unvollkommenheiten, auf Situationen, in denen das Gefühl über Technik siegte. Man denke nur an kleine Bruchstellen in Robert Plants Stimme oder Keith Richards’ verstimmte Gitarre. So etwas hört man auf heutigen Veröffentlichungen nicht mehr.“
Das authentische Äußere steht nicht nur den neun eigenen Kompositionen, sondern auch der süffigen Black-Sabbath-Interpretation ›Tomorrow’s Dream‹ bestens zu Gesicht. „Es besteht kein Zweifel: Sabbath üben von jeher riesigen Einfluss auf harte Musik jeglicher Couleur aus“, weiß Craig nur allzu gut. „›Tomorrow‘s Dream‹ prägte unser heutiges Tun maßgeblich: Der Song ist simpel, hart, melodisch, authentisch und bietet schlichtweg ein überwältigendes Hörerlebnis. Die von unserem Keyboarder Brad eingeflochtene Klavierpassage klingt typisch nach SpiralArms. Gleichzeitig erhielten wir den Geist des Originals zu hundert Prozent. Es ist einfach ein verdammt großartiges Lied.“
Dominik Winter