Gut möglich, dass dieser Name schon in wenigen Jahren wohliges Schaudern hervorrufen wird: In Solitude vereinigen auf ihrem dritten Album SISTER das Beste aus Heavy Metal, Classic Rock und okkulter Geheimniskrämerei.
Text: Björn Springorum
Das einst bestgehütete Rockgeheimnis Schwedens ist keines mehr: Was anfangs unter der Hand herumgereicht
wurde als unpathetische Antwort auf Ghost, hat sich binnen zwei Alben zu einer ernsten Macht im düster-klassischen Metal gemausert, steht seit 2011 entsprechend bei Metal Blade im Stall. Hier erscheint auch SISTER, auf dem die Schweden all den Vorschusslorbeeren gerecht werden. Das angeblich karrieredefinierende dritte Werk ist von einer unheilvollen Melodik, mit der sie sich unsterblich machen könnten. Zeitlos und griffig sind die Stücke, wollen gar keiner Epoche angehören und entfalten einen eigentümlichen Zauber. „Die Stücke griffiger zu gestalten, wie du sagst, war tatsächlich unser Anliegen“, nickt Gitarrist Henrik Palm. „Das zweite Album war aus heutiger Sicht zu überladen, hatte zu lange Stücke. Diesmal ließen wir nur unser Bauchgefühl entscheiden.“
Dass dabei so etwas wie SISTER herauskommt, erfreut die spirituellen Nordländer ungemein. Mit einer Produktion, die Henrik als „Mischung aus Black Sabbaths SABOTAGE und Rainbows RISING“ bezeichnet, zielten In Solitude auf ein schrankenloses Metal-Album ab. Dass dabei auch Freunde von Krautrock, Doom und Post Punk auf ihre Kosten kommen, liegt an der originären Aura, die die verwaschene Gitarrenarbeit in Verbindung mit Pelle Åhmans dunklem Gesang erzeugt. Der klingt auf SISTER wie der junge Garm (Ulver, Arcturus) und betet die gewohnt spirituellen Litaneien herunter. Das fängt schon beim Titel des Albums an: „Schon das Wort weckte bei uns allen tief liegende Assoziationen“, äußert sich der Sänger. „Etwas lag in diesem Wort, dem wir unbedingt folgen mussten. Uns war klar, dass es uns irgendwohin führen würde und dass wir dort etwas Besonderes finden würden.“
Was das ist? In Solitude geben sich geheimniskrämerisch. In sich gekehrt sind die neuen Stücke, persönlicher denn je und auf der Suche nach all jenen essentiellen Antworten der Menschheit. Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, aber auch unerklärliche Geschehnisse an einem verlassenen Leuchtturm. Deutlicher werden sie nicht, als wiederkehrendes Symbol schleicht sich aber der Tod in viele Stücke. „Der Tod beherrscht alles. Die Art, wie, wann und wo er sich zeigt, übersteigt alles. Es liegt allerdings an dir, ob du dich davor fürchtest oder nicht“, so Pelles Sicht der Singe.
Die Schwester im Albumtitel, der Tod in den Details, biblische Referenzen… kein Wunder, dass In Solitude von jeher einen guten Draht zur Black-Metal-Bewegung haben. So gut, dass Watains Gitarrist Pelle Forsberg in der abschließenden Überhymne ›Inmost Nigredo‹ zu hören ist. „Irgendetwas an seiner Persönlichkeit ist verstörend unerbittlich“, erinnert sich der Namensvetter an die Zusammenarbeit. „Dieser Eindruck spiegelt sich in seinem Gitarrenspiel, das wir in der Nummer verewigen konnten.“ Ein sehr besonderer Auftritt ist auch der von Swans-Sängerin Jarboe. „Ihre Stimme ist eine der beunruhigendsten, schönsten und gruseligsten auf der ganzen Welt“, schwärmt Henrik. „Ihre stimmliche Anwesenheit allein verhilft dem Song zu einer Tiefe, die wir nie hätten erzeugen können.“ Manchmal sind es eben die Nuancen, die ein Meisterwerk ausmachen.