Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: die Kunst des Konzeptwerks.
Savatages verwegen-verworrene Band-Biografie, mehrere Stilwechsel und der Tod eines wichtigen Gründungsmitglieds bo-ten im Laufe von 30 Jahren reichlich Stoff für die Legendenbildung. Nach SIRENS, THE DUN-GEONS ARE CALLING, EDGE OF THORNS, THE WAKE OF MAGELLAN und der Best-Of-Zusammenstellung STILL THE ORCHESTRA PLAYS erscheinen nun weitere Neuauflagen der Originalalben.
Ein Paradigmenwechsel steht 1987 an, als mit HALL OF THE MOUNTAIN KING das dritte von insgesamt neun Werken für das Label Atlantic und das erste mit gezeichnetem Cover-Artwork von Gary Smith erscheint. Fortan begibt sich das Ensemble unter die Fittiche von Produzent Paul O’Neill, der in den kommenden Jahren zum Mentor und Bandmitglied avanciert und maßgeblichen Anteil daran hat, dass das bislang bevorzugte Schwermetall-Stilgemisch rasch künstlerisch hochwertigerem Progressive Power Metal weicht. Wesentlich komplexer und mit Anleihen bei der Klassik spricht die Band aus Tampa, Florida, mit Hymnen wie ›24 Hours‹, ›Beyond The Doors Of The Dark‹ und ›White Witch‹ nun ein deutlich reiferes Publikum an. ›Prelude To Madness‹, das ›Mars, The Bringer Of War‹ von Gustav Holsts PLANETEN-Zyklus verarbeitet, sowie der Titelsong, angelehnt an Edvard Griegs ›In The Hall Of The Mountain King‹ aus der PEER GYNT SUITE, funktionieren fabelhaft als Metal-Classic-Hybriden.
Für HANDFUL OF RAIN aus dem Jahr 1994 teilen sich Keyboarder Jon Oliva, der seinen Sängerposten aufgrund von Stimmproblemen mittlerweile an Zachary Stevens abgetreten hat, und Paul O’Neill den Produzentensessel. Savatage, die nach dem fremdverschuldeten Unfalltod von Gitarrist Criss Oliva noch unter Schock stehen, widmen sich mit dem neuen Gitarristen Alex Skolnick eher nachdenklichen bis düsteren Themen. Etwa dem japanischen Diplomaten Chiune Sugihara (›Chance‹), der während des zweiten Weltkriegs Tausende jüdischer Flüchtlinge mit Ausreise-Visa vor dem sicheren Tod rettete. In ›Castles Burning‹ setzen sie dem 1992 von der Mafia liquidierten Politiker Giovanni Falcone ein Denkmal, mit ›Alone You Breathe‹ verabschieden sie sich schließlich von Criss Olivs.
POETS AND MADMEN, Savatages elftes und letztes Studioalbum und das erste für Nuclear Blast, basiert auf der Biografie des schwarz-afrikanischen Journalisten Kevin Carter, der leidenschaftlich gegen die Apartheid kämpfte und sich 1994 im Alter von 33 Jahren das Leben nahm. Erstmals seit STREETS: A ROCK OPERA übernimmt nach dem Ausscheiden von Zak Stevens wieder Jon Oliva den Gesang. Ebenfalls zum ersten Mal empfiehlt sich Gitarrist Chris Caffery, der den zu Megadeth übergewechselten Al Pitrelli auf hochwertigen Songs wie ›Man In The Mirror‹, ›Morphine Child‹ und der Sing-le-Auskopplung ›Commissar‹ ersetzt, die aber noch in Teilen von Pitrelli selbst eingespielt wurden. Zum Paket zählen auch zwei Konzertmitschnitte:
Mit der letzten Show ihrer HANDFUL OF RAIN-Tour, aufgezeichnet am 12. November 1994 in Kawasaki, präsentiert LIVE IN JAPAN Savatage auf dem kreativen Zenit mit einem ausgezeichneten Zak Stevens im Mittelpunkt. GHOST IN THE RUINS, das nur wenige Monate später im Dezember 1995 aufgelegt wird, trägt den programmatischen Untertitel A TRIBUTE TO CRISS OLIVA. Die ausschließlich in den USA mitgeschnittenen Songs stammen aus den Jahren 1987 bis 1990.
HALL OF THE MOUNTAIN KING: 9
HANDFUL OF RAIN: 9
POETS & MADMEN: 9
LIVE IN JAPAN: 7
GHOST IN THE RUINS: 6