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Titelstory: Roger Daltrey – „Ich bin kein braver Junge“

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Titelstory: Roger Daltrey – „Ich bin kein braver Junge“

Abgesehen von den beiden eigenen Songs, über die wir gerade gesprochen haben, oder einzelnen Beispielen aus der Vergangenheit hast du dein Leben lang die Songs anderer Leute interpretiert. Hast du jemals da­rüber nachgedacht, einmal ein komplettes Album selbst zu komponieren?
Vielleicht passiert das eines Tages. Durch AS LONG AS I HAVE YOU habe ich diesbezüglich auf jeden Fall mehr Zuversicht gewonnen als je zuvor. Das habe ich im Wesentlichen Pete zu verdanken. Zwischendurch hatte ich das Vertrauen in die Platte komplett verloren, weil alles so lange gedauert hat. Mit den Aufnahmen hatte ich bereits vor über vier Jahren begonnen. Zwischendurch machte ich eine Pause, weil Pete das 50. Who-Jubiläum mit einer Tournee feiern wollte, die wir dann ja auch gemacht haben. Wir waren zweieinhalb Jahre auf Tour und direkt danach erkrankte ich an einer Meningitis. Ich lag über vier Wochen im Krankenhaus, mein Leben stand auf der Kippe und danach brauchte ich lange Zeit, um mich zu erholen. Das ist eine schreckliche Krankheit, die ich niemandem wünsche. Jedenfalls konnte ich da­­nach sehr lange Zeit nicht ins Studio gehen, und als ich die Arbeit dann endlich wieder aufnehmen konnte, gefielen mir die Aufnahmen überhaupt nicht mehr. Ich wollte das Projekt abbrechen und war davon überzeugt, mich mit diesem Album komplett auf dem Holzweg zu befinden.

Roger Daltrey Interview

Und dann kam Pete Townshend?
Ohne mein Wissen schickte mein Ma­­nager ihm die Aufnahmen. Pete rief mich ganz aufgeregt an und war vollkommen begeistert: „Du musst das fertig machen, ich würde supergerne auf einigen Songs Gitarre spielen!“ Dieses Angebot hat mich mit einem Schlag aufgeweckt. Pete ist sehr geschmackssicher und hat eine gute Urteilskraft. Wenn er sagt, das Material sei gut, dann ist es das auch. Der beste Gradmesser für die Qualität von AS LONG AS I HAVE YOU war dann die Tatsache, dass die Platte mich selbst bewegt hat, als sie fertig war. Nach den Aufnahmen hatte ich das Album einen Montag lang ru­­hen lassen und mich gar nicht mehr da­­mit beschäftigt, um es dann mit einem gewissen Abstand wieder zu hören. Dadurch konnte ich diese Musik so hören, als habe sie jemand anderes ge­­sungen. Es fällt mir immer noch sehr schwer, meiner eigenen Stimme zu lauschen, also muss ich mich da immer ein bisschen austricksen.

Nun ist Pete Townshend bei sieben von elf Songs dabei …
Pete ist für mich der beste Gitarrist überhaupt. Keiner kommt an ihn heran, er hat einen völlig eigenen Stil, der mit nichts vergleichbar ist. Was er mit diesen Songs gemacht hat, bestätigte mei­ne Haltung zu ihm: Er hat mich total überrascht, seine Beiträge waren vollkommen anders als erwartet, aber sie haben diese Platte enorm nach vorne gebracht. Man weiß bei Pete nie, was er spielen wird. Er ist nicht berechenbar, und genau das macht ihn als Musiker so besonders.

Wir sprachen vorhin über Heimat: Pete Townshend muss für dich ebenfalls ein Stück Heimat verkörpern. Ihr kennt einander seit frühester Ju­­gend und habt Unfassbares miteinander erlebt.
Er ist mein allerbester Freund, das steht fest. Wir kennen uns, seit wir 15 Jahre alt waren, das ist eine verdammt lange Zeit.

Die Dynamik eurer Freundschaft hat immer auch von Spannungen gelebt, die sich besonders früher in kreativen und zwischenmenschlichen Kon­flikten entladen haben. Seit einigen Jahren sprecht ihr beide deutlich respektvoller voneinander als früher.
Für die öffentliche Wahrnehmung mag das stimmen, aber eigentlich hat sich nichts geändert. Man darf nicht vergessen, dass wir anfangs sehr jung waren. Das muss man vor dem Hintergrund der damaligen Zeit betrachten. Wir waren geltungsbewusst, fies und gemein, ha­­ben uns einen Spaß daraus gemacht, in Interviews besonders arrogant aufzutreten und Konflikte künstlich zu inszenieren. Alles vollkommen harmlos im Vergleich zu dem, was heute im Internet passiert.

Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie es gewesen wäre, hätte es das Internet damals schon gegeben?
Das hätte alles zerstört! So etwas wäre heute gar nicht mehr möglich. Wir waren uns damals jedenfalls der Tatsache bewusst, dass wir in unseren öffentlichen Auftritten vieles inszeniert ha­­ben, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Im Grunde waren das Schaukämpfe, ein bisschen wie beim Wrestling. Heute könnte man das in dieser Art nicht mehr machen, Statements, wie wir sie damals abgegeben haben, über Twitter? Vergiss es!

Gerade bei Twitter geht es aber ja ausschließlich um Aufmerksamkeit.
Bei uns hatte das immer eine spielerische Komponente. Im Internet ist der Ton verroht, das ist außer Kontrolle geraten, eine zerstörerische, böse Kraft. Eine traurige Entwicklung, wenn du mich fragst.

the who my generation

Zerstörerische Kraft hatten auch The Who. Woher kam die gewaltige Aggression, die schon früh zu einem Teil eurer Musik und Inszenierung wurde?
Ich weiß es nicht, irgendwie war sie von Anfang an in der Musik. Wir hatten schon immer diesen ganz speziellen musikalischen Antrieb, mit dieser Attitüde haben wir gespielt, es ging immer um Attacke.

Im Grunde eine Punk-Attitüde.
Exakt.

Trotzdem war die Aggression nicht nur in der Musik: „Wer sich mit Ro­­ger angelegt hat, bekam direkt ein paar in die Fresse“, hat Pete Towns­hend einmal gesagt.
Ach ja, wir waren jung und eine Zeitlang ziemliche Idioten. (lacht laut)

Nachdem du Keith Moon verprügelt hast, weil er Townshend und John Entwistle Drogen verkauft hatte, haben die anderen dich eine Zeitlang aus der Band geschmissen. Einige Jahre zuvor bist du von der Schule geflogen: Du warst ein Rebell und stecktest ständig in irgendwelchen Schwierigkeiten. Das war doch kei­­ne Inszenierung.
Ach ja, diese ganzen legendären Ge­­schichten. Du kannst sie im Internet und in alten Zeitschriften recherchieren und jedes Wort ist wahr.

Trotzdem warst du in einer Hinsicht der Vernünftige in der Band: Du hast nie harte Drogen genommen. Für die damalige Zeit und die Szene, in der ihr euch bewegt habt, durchaus beachtlich. Bist du nie in Versuchung geraten?
Doch, durchaus. Aber ich kann dir sagen, wie ich dieser Versuchung widerstanden habe: Als wir 1967 zum ersten Mal nach San Francisco kamen und im Fillmore West gespielt haben, traf ich den LSD-Produzenten Owsley Stanley. Wir freundeten uns an. Der Typ war Chemiker und produzierte sämtliche Pillen, die damals an der Westküste im Umlauf waren. Stanley hatte mehr Ah­­nung von Drogen als alle Leute, die ich je getroffen habe. Eines Abends kam er zu mir und sagte: „Was auch immer du machst, Roger, lass die Finger von den Chemikalien, das würde dich umbringen. Kiff so viel, wie du willst, aber lass die harten Sachen aus dem Spiel.“ Ich weiß bis heute nicht, warum er das ausgerechnet zu mir gesagt hat, vielleicht war ihm klar, dass mir das mit meiner besonderen Energie nicht guttun wür­de. Aber an diesen Rat habe ich mich bis zum heutigen Tag gehalten.

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