Doro Pesch feiert mittlerweile 40 Jahre im Rockbusiness und erzählt uns hier vom Mixtape ihres Lebens. Als Kleinkind hörte sie Little Richard, mit ihrer ersten Gruppe Snakebite überlebte sie die Punkokalypse, bevor sie mit Warlock und schließlich als Solokünstlerin zur Hohepriesterin des Heavy Metal wurde. (Text: Jo Kendall)
DIE ERSTE MUSIK, AN DIE ICH MICH ERINNERE: Als ich drei war, hörte ich ›Lucille‹ von Little Richard. Da wusste ich, dass ich mal Sängerin werden wollte.
DER ERSTE SONG, DEN ICH LIVE SPIELTE: Meine erste Band hieß Snakebite und unser erster Gig fand in einem Punkclub in Düsseldorf statt. Da kamen 30 Metalheads und etwa 120 Punks. Damals verstanden sie sich nicht, also herrschte totales Chaos. Der erste Song, den ich sang, hieß ›Shakedown‹. Ich tat mein Bestes …Dann hatten die Punks genug von uns, weil sie Punkrock hören wollten, also kamen sie auf die Bühne und zerstörten unsere Verstärker und Instrumente. So lief mein erster Gig! Harte Arbeit.
DAS BESTE ALBUM ALLER ZEITEN: In meinen Teeniejahren, als ich noch zur Schule ging, stand ich auf WISH YOU WERE HERE von Pink Floyd. Meine beste Freundin hieß Angie, wirgingen immer zu ihr in die Wohnung, zogen die Vorhänge zu und hörten es uns an. Wir wurden high, ohne Alkohol oder sonst etwas. Es ist eine Platte, die mich auch heute noch in andere Sphären transportiert.
DER GITARRENHELD: Ich liebe das Spiel von Randy Rhoads so sehr, aber ich hatte nie die Chance, ihn kennenzulernen. 2019 nahm ich an einem Tribute teil undsang ›Goodbye To Romance‹, neben einigen anderen hervorragenden Gitarristen. Randy war wundervoll, er hatte diese unglaubliche Aura, und wann immer man ihn sah, lächelte er.
DIE STIMME: Darf ich drei nennen? Mein erstes Konzert war David Coverdale, und er überwältigte mich mit seiner Stimme, seiner Performance, seiner Sexyness. Rob Halford war mein zweites Konzert, er konnte so hoch singen und war so Metal! Und dann ist da Ronnie Dio, den ich viele Male gesehen habe. Ich liebte die Verbindung, die er zu den Fans hatte.
DER SONGWRITER: Ich wuchs mit Glamrock auf: Suzi Quatro, Sweet, Slade, T. Rex. Mein Lieblings-Songwriter-Team waren Chapman und Chinn. Ich dachte immer: „Oh, ich würde gern mal mit ihnen zusammenarbeiten“, doch dann trennten sie sich. Für ›Ballroom Blitz‹ werde ich sie für immer lieben.
DER KULTHELD: Lemmy! Er bleibt total einzigartig. Eine tolle Stimme, und er spielte den Bass mit so viel Wucht. Wir wurden Freunde. Er sah zwar ziemlich rau und furchteinflößend aus, doch er war eine so liebe, sensible Seele, sehr intelligent, und ihm war nicht einfach alles egal. Als ich ihn kennenlernte, wurde ich ein noch größerer Fan von ihm.
DIE BESTE PLATTE, DIE ICH JE GEMACHT HABE: Aus der Zeit mit Warlock wäre es TRIUMPH AND AGONY, das bringt die Leute immer noch zum Durchdrehen, wenn sie es hören. Aus der Doro-Ära möchte ich die neue nennen (lacht), aber auch CALLING THE WILD [2000]. Darauf sind meine ersten beiden Duette überhaupt, und zwar mit Lemmy: ›Love Me Forever‹ und eine Akustiknummer, ›Alone Again‹, die sehr emotional ist.
DIE SCHLECHTESTE PLATTE, DIE ICH JE GEMACHT HABE: Ein Track aus TRUE AS STEEL – das ein ziemlich gutes Album ist, aber das Label wollte damals etwas Kommerzielleres als Single. Wir sagten:„No fucking way!“ Doch wir mussten Kompromisse eingehen. Ich schrieb einen Song namens ›Heaven‘s Like Hellfire‹, doch man stellte mir einen Co-Autoren zur Seite, der sagte: „Ich kann ihn noch ein bisschen bessermachen.“ Das drehte mir den Magen um. Es wurde dann ›Igloo On The Moon‹ daraus. Welcher Metalhead sollte diesen Titel verstehen? Ich musste es singen, mit Tränen in den Augen. Aus dieser Erfahrung habe ich gelernt, nichts zu machen, womit ich mich nicht gut fühle.
MEIN GUILTY PLEASURE: Ich wuchs mit klassischer Musik auf. Jahre später ging ich ständig in dieses italienische Restaurant und hörte dort dieses Stück, das mir gefiel. Niemand wusste, was es war, bis es mir eines Tages ein Kellner verriet: ›Caruso‹ von Luciano Pavarotti. Ich musste es mir kaufen, und dann auch selber aufnehmen! Die Version erschien als Bonustrack auf meinem Album FOREVER WARRIORS, FOREVER UNITED [2018].
DIE UNTERBEWERTETSTE BAND ALLER ZEITEN: Rock Goddess und ihre Sängerin Jody Turner haben mich stark beeinflusst. Einer meiner Lieblingstracks war ›My Angel‹. Zum ersten Mal hörte ich das im UK-TV. Daraufhin hörte ich es mir immer und immer wieder an. Diese fantastische Gruppe, komplett aus Frauen, davon zweiSchwestern, hätte viel größer sein müssen.
MEIN SAMSTAGABEND/PARTYSONG: Der ultimative Partysong ist ›Living After Midnight‹ [von Judas Priest]. Denn es macht einen wirklich glücklich. Auf meiner neuen Platte CONQUERESS habe ich ihn jetzt zusammen mit Rob Halfordgecovert!
DER SONG, DER MICH ZUM WEINEN BRINGT: ›Nothing Compares 2 U‹ von Sinéad O‘Connor. Ihre Version ist sowunderschön, so bewegend. Ich habe es mal als Duett mit Xavier Naidoo [2017] gesungen und diese Emotion richtig gespürt.
DER SONG, DER BEI MEINER BEERDIGUNG LAUFEN SOLL: ›Für immer‹ von TRIUMPH AND AGONY. Die Fans sind tief in meinen Gedanken verwurzelt und ich habe diese Tätowierung: „The one who loves the fans … für immer.“ Das Stück würde ihnen sagen: „Seid nicht zu traurig, wir sehen uns auf der anderen Seite wieder.“ Das ist etwas, woran ich fest glaube.