Schlagzeug-Tausendsassa Mikkey Dee (aktuell bei den Scorpions, zuvor bei Motörhead, King Diamond, u.v.m.) über die Platten, Künstler und musikalischen Credos, die ihn durchs Leben begleiten.
Für Mikkey Dee ist es nicht einfach, die Fragen nach seinen Lieblingsalben und Künstlern mit nur wenigen Sätzen zu beantworten. „Das ist wie mit Essen, klar mag ich Hamburger, aber eben nicht jeden Tag. Mit Musik ist es ähnlich, ich bin sehr offen und finde eine große Bandbreite toll.“, so erklärt der Schlagzeuger einen Tag vor dem Startschuss der Las-Vegas-Shows der Scorpions die nicht immer ganz eindeutigen Ausführungen über seinen Musikgeschmack. Macht nichts, schließlich geht es ja um Mikkeys persönlichen Bewusstseinsstrom.
Die erste Musik, an die ich mich erinnern kann
Die erste Musik, die mich bewegt hat, kam von The Hep Stars aus meiner Heimat Schweden. Da war Benny Andersson von ABBA dabei. Sie hatten einen Song namens ›Cadillac‹ gemacht, von dem meine Eltern die Single zuhause hatten. Den mochte ich damals mit vier oder fünf Jahren sehr gern.
Der erste Song, den ich jemals live gespielt habe
Meine ersten Songs waren vor allem Cover von Cream, Johnny Winter, Jimi Hendrix und den Rolling Stones. Ich war sieben Jahre alt, als ich meinen ersten Auftritt im Jugendtreff hatte. Da standen einige Instrumente herum und ich spielte mit ein paar Älteren zusammen. Die waren damals neun Jahre alt, das war ziemlich cool. (lacht)
Die unterbewertetste Band aller Zeiten
Für mich nur schwer zu sagen. Alle Bands, die ich mag und mochte, hatten an irgendeinem Punkt in der Geschichte ihre Blütezeit, als es ihnen echt gut erging. Sie alle bekamen etwas vom großen Rampenlicht ab. Wenn man sich heute nicht mehr überall an sie erinnert, heißt das automatisch, dass sie unterbewertet sind?
Der Schlagzeugheld
Da gibt es einige. Seit meinem sechsten Lebensjahr bin ich ein großer Fan von Deep Purple, Ian Paice muss in diesem Fall also an erster Stelle stehen. Aber auch Neil Peart von Rush oder Brian Downey von Thin Lizzy finde ich toll. Außerdem liebe ich Journey und somit auch Steve Smith. Dann muss ich noch meinen guten Freund Cozy Powell erwähnen, ich liebte es, wie kräftig er zuschlug.
Der Sänger
Ganz klar Ian Gillan. Ronnie James Dio, Steve Perry, Geddy Lee von Rush mag ich auch, all diese besonderen Typen eben. Und Phil Lynott – was legte er doch für ein großartiges Gefühl in seine Gesangsperformance.
Der Songwriter
Schwierig, sich auf einen festzulegen, es gibt schließlich so viele von ihnen. Viele tolle Songs wurden ja nicht von den Bands selbst geschrieben, so etwas fällt einem aber oft erst später auf. Ich finde das jedoch nicht schlimm, oft fungiert ein Songwriter ja nur als Starthilfe. Ich als Künstler, der Songs schreibt, kenne das selbst. Manchmal befanden wir uns mit Motörhead in einer kreativen Sackgasse, alle drei von uns, Lemmy, Phil und ich. Wir kamen einfach nicht weiter. Vielleicht wäre da manchmal ein bisschen Hilfe von außen gar nicht schlecht gewesen, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. (lacht)
Das beste Album aller Zeiten
Ach was sind das nur für Kategorien! (lacht) Für mich ist es nicht möglich, darauf zu antworten. Das variiert bei mir ständig, wie mit dem Essen auch. Ich kann schließlich nicht den ganzen Tag Hamburger futtern. Aber gut, spontan würden mir gerade die ersten zwei Van-Halen-Platten einfallen, weil sie die Rockmusik nachhaltig verändert haben. Ich höre aber auch sehr viel Soul, Funk, Fusion, da würden mir Level 42 und Mark King einfallen. Klassik mag ich auch, dann wieder sehr schweren Hard Rock, aber nur, wenn ich gerade selbst nicht auf Tour bin.
Das beste Live-Album
Von den 70er Jahren bis Mitte der 80er liebte ich Live-Alben abgöttisch. MADE IN JAPAN ist da ganz weit vorne bei mir, auch ALIVE AND DANGEROUS von Thin Lizzy, CAPTURED von Journey, ON YOUR FEET OR ON YOUR KNEES von Blue Öyster Cult, NO SLEEP ‚TIL HAMMERSMITH von Motörhead oder die TOKYO TAPES der Scorpions. Damals gab es so viele großartige Live-Platten, die kann man gar nicht alle aufzählen.
Die beste Platte, die ich je gemacht habe
In solchen Kategorien denke ich nicht. BASTARDS beispielsweise war ein echter Gamechanger für Motörhead, es trug uns in eine neue Ära. Das Album ist also fantastisch, weil es so viel für uns als Band getan hat, es war sehr wichtig. Ähnliche Gefühle hege ich gegenüber ROCK BELIEVER von den Scorpions, diese Platte führt uns auf einen neuen Pfad. Sie sprüht eine ganz andere Energie aus als die Scorpions-Veröffentlichungen der letzten 20 Jahre, deswegen empfinde ich sie als ähnlich wichtig. Manche der Journalist*innen sagen: ‚Das ist das beste Album seit BLACK OUT.‘ Ich frage mich, wie man so etwas behaupten kann. BLACK OUT hatte schließlich 40 Jahre Zeit, um mit den Hörern zu wachsen. Darüber könnte man wohl stundenlang diskutieren. Manche werden sagen, meine besten Platten habe ich mit Motörhead gemacht, andere wählen das Dokken-Album, wieder andere meine Arbeiten mit King Diamond.
Die schlechte Platte, die ich je gemacht habe
Es gibt keine. Klar, manche Alben haben weniger auf mich eingewirkt als andere, das macht sie aber noch lange nicht schlecht. Ein Beispiel: Als wir HAMMERED mit Motörhead aufnahmen, hatten wir ein bisschen zu wenig Zeit eingeplant. Außerdem geschahen damals die schrecklichen Ereignisse des 11. Septembers. Der Entstehungsprozess wurde also von einem sehr unguten Gefühl begleitet, was das Ergebnis nicht zu meinem absoluten Liebling macht. Trotzdem sind auch dort fantastische Songs zu finden.
Mein Samstagabend-Song
Rockklassiker wie beispielsweise ›Strange Kind Of Woman‹ oder ›Burn‹ von Deep Purple. Wobei es auch hier so viele Antworten gibt. Ich könnte aus dem Stegreif 500 Lieder aufzählen, die mich glücklich machen.
Mein Credo
Als Drummer spiele ich alle Arten von Musik und das ist mir auch besonders wichtig. Früher fühlte ich mich nicht wohl, weil ich nur eine Richtung wirklich drauf hatte, ich war sehr technisch. Also habe ich mir vorgenommen, mich weiterzubilden, ich wollte ein Allround-Schlagzeuger werden, der mit allem und zu allem trommeln kann. Heute könnte ich mit einer Big Band jammen, mit einer Pop-Truppe, mit einer Extreme-Metal-Band – ich will mit meinem Schlagzeug Musik spielen, nicht nur Schlagzeug. Ich liebe das verdammt noch mal. Viele Künstler machen sich selbst klein, weil sie sich in ihrer Blase verstecken. Diese Engstirnigkeit finde ich schrecklich.
Der Song, der bei meiner Beerdigung laufen soll
Das würde ich meinen Liebsten überlassen. Als meine Mutter 1991 sehr früh verstarb, wählte ich den Song ›Wind Beneath My Wings‹ von Bette Midler. Denn genau das war sie für mich, der Wind unter meinen Schwingen. Sie half mir mein ganzes Leben lang, unterstützte mich mit meiner Karriere. Ich denke also, dass diese Wahl wirklich jene Menschen treffen müssen, die dir nahe stehen, die dich begleiten.
Der Mann ist ein Hellseher !!! 1963 geboren und schon mit 6 Jahren ACDC Fan! Das muss man erstmal schaffen, da ACDC erst 1973 gegründet wurden. Respekt!!! Er hat aber auch eine Menge Humor…