Auf ihren neuen Album ROAD SALT ONE mischen Pain Of Salvation Rock, Blues und Gospel. Der eindringliche Sound ist das Ergebnis von Homerecording.
Text: Matthias Mineur
Es gibt nur wenige Vergleiche, die Band-Chef Daniel Gildenlöw so sehr hasst wie die mit der typischen Progressive Metal-Fraktion um Fates Warning oder Queensrÿche. „Das Problem dabei ist: In dem Moment, in dem du dieser Szene zugerechnet wirst, hören bestimmte Leute auf, sich für dich zu interessieren“, schimpft der Macher von Pain Of Salvation. „Unsere Musik könnte weitaus mehr Menschen ansprechen. Ich kann mich noch gut an ein einschneidendes Erlebnis Mitte der Neunziger in unserer Heimatstadt erinnern. Nach einem Konzert kam eine ältere Frau zu mir und sagte: „Ich höre normalerweise nicht diese Art von Musik, aber es war wirklich unglaublich beeindruckend.“ Um auch solche Leute zu erreichen, muss man Festivals und TV-Shows spielen, denn in den regulären Konzerten trifft man sie nicht an.“
Gesagt, getan: Im vergangenen Herbst bewarben sich Gildenlöw und seine Mitstreiter beim Melodifestivalen, der schwedischen Vorausscheidung zum Eurovision Song-Contest, und schafften es prompt bis ins Finale. Vor einem Millionenpublikum präsentierten Pain Of Salvation das Stück ›Road Salt‹ und damit den Titelsong ihrer neuen Scheibe, die seit wenigen Wochen in den Geschäften steht. So viel Aufmerksamkeit hatte die Band in den zurückliegenden knapp 20 Jahren nie erlangt. „Jeder in Schweden schaut den Wettbewerb oder nimmt zumindest Notiz davon“, erklärt Keyboarder Fredrik Hermansson, dem das Wagnis vorher durchaus bewusst war, denn wer sich bei einem solchen Event blamiert, kann die Karriere anschließend vergessen. Pain Of Salvation jedoch überzeugten, ohne sich zu verbiegen. Hermansson: „Wir durften einen eigenen Song präsentieren, und zwar in der Form, wie wir auch normalerweise klingen. In Schweden gibt es deshalb bei diesem Wettbewerb zunehmend mehr ernsthafte Künstler.“ Die Teilnahme am Melodifestivalen könnte sich also als medialer Geniestreich herausstellen, zumal Pain Of Salvation mit ROAD SALT ONE eine stilistische Wundertüte geöffnet haben, in der tatsächlich für fast jeden Geschmack etwas dabei ist. Gekonnt mischt die Band Rock, Blues und Gospel, fügt Anleihen aus Metal und Sleaze hinzu, um vor allem in punkto Intensität kaum Wünsch offen zu lassen. Verantwortlich für diese prickelnde Eindringlichkeit ist unter anderem die von technischem Schnickschnack befreite, ungemein authentisch klingende Produktion. Aus Kostengründen hatten Pain Of Salvation ein reguläres Tonstudio gegen ihren Proberaum getauscht, hatten Mikrofone sowie einen leistungsstarken Laptop angeschafft und ROAD SALT ONE in Eigenregie aufgenommen. „Wir wussten nicht, ob dieses Experiment gelingt“, gibt Hermansson zu, „aber wir haben aus einer wirtschaftlich schwierigen Situation das Beste gemacht und unser bislang persönlichstes Album aufgenommen.“