Es sieht aus wie das „schwarze Album“ einer Band, die in den letzten 20 Jahren eine der unwahrscheinlichsten Musikrichtungen, mittelalterlichen Folk-Rock oder -Metal, in die obersten Chartsregionen geführt hat. Aber SCHWARZ IN SCHWARZ, das neue Subway To Sally-Werk, ist das genaue Gegenteil von Metallicas berühmtem Album: eine Rückbesinnung auf alte Tugenden, eine Abkehr von der ewigen Suche nach mehr Erfolg – was keineswegs heißt, dass er sich nicht doch einstellt, betrachtet man die Güte der neuen Songs.
„Es sind nach dem BASTARD ein paar Dinge geschehen, die aus unserem Haufen wieder mehr eine Band gemacht haben“, erklärt Sänger Eric Fish. „Heute herrscht mehr Intimität, mehr Freundschaft unter uns. Ausschlaggebend war unter anderem unsere China-Reise. Da waren die ganzen Frauen auch mit dabei, wir verbrachten viel Zeit miteinander, ohne jeden Abend ein Konzert zu spielen. Dabei ist viel gesprochen worden – und diese Offenheit und Diskussionsfreude haben wir in die Produktion für dieses Album retten können.“
Diskussionen, die zu klaren Ergebnissen führten: „Es ist unser elftes Album, wir werden nicht jünger, also mussten wir neu festlegen, wer wir sind und was wir wollen. Heraus kam nicht etwa eine klare Zielvorgabe – mal wieder ein richtiges Subway To Sally-Album machen –, sondern vielmehr der Wille, es einfach fließen zu lassen und, ganz wichtig, nicht mehr darauf zu schielen, wie wir größer und erfolgreicher werden könnten.“ Der Fluch des Erfolges, den man nie erreicht hat: Subway To Sally sind beileibe keine kleine Band, aber Eric ist da ganz offen: „Wir sahen uns immer in Stadien spielen, weil wir glaubten, dass wir das verdient haben. Das war Gift für die Kreativität.“
SCHWARZ IN SCHWARZ klingt nicht nur extrem nach klassischen Subway To Sally (also ca. HOCHZEIT), es steckt auch extrem viel Subway To Sally drin, denn alle Songs entstanden in Kollaboration. Den einen Mann, der die Richtung vorgibt (zuletzt in der Regel Gitarrist Ingo Hampf), gibt es in dieser Form nicht mehr. „Ingo bleibt unser musikalischer Mastermind“, erklärt Eric, „aber seine Handschrift ist nicht mehr so dominant. Andererseits wäre es idiotisch, seine Kenntnisse an der Gitarre und was etwa Stimmsatz betrifft, nicht zu nutzen. Ingo ist aber niemand, dem man einfach einen Auftrag erteilen kann, so nach dem Motto ,Mach das mal schön!‘ Der muss schon Feuer fangen!“
Begeisterung und Harmonie, selten gehörte Worte zum Thema Bandchemie, trieben die Songs von SCHWARZ IN SCHWARZ zur Vollendung, so Eric. Dabei trafen sich immer wieder kleine Kreativgruppen aus zwei oder drei Musikern, um an Details zu tüfteln. Die Logistik der Aufnahmen ist deutlich komplexer als das Klischee des „Erst im Proberaum üben, dann ab ins Studio“. „Wir sind mittlerweile unsere eigenen Herren, haben eine eigene Plattenfirma“, erläutert Eric. „Es klingt vielleicht aufwendig, dieses Arbeiten in Kleingruppen und verschiedenen Studios, aber es war die effektivste Methode, dieses Album in der von uns vorgegebenen Zeit abzuschließen.“
Kristallisationspunkt des neuen bzw. alten Subway To Sally-Sounds, erklärt Eric, war der Opener ›Das schwarze Meer‹: „Damit hatten wir ein Statement und eine Richtlinie für die ganze Platte. Bei uns kommen ja meist die Texte zuerst, und der Text von ›Das schwarze Meer‹ beendete eben genau dieses Schielen nach Erfolg, sondern machte uns klar, dass wir wissen, wo wir hingehören: in die schwarze Szene. Der Song beschreibt, wie es ist, auf der Bühne zu stehen und auf diese Fans herunterzublicken.“
Was nun aber nicht bedeutet, dass alle Stücke auf SCHWARZ IN SCHWARZ der Verbrüderung frönen. Im Gegenteil: „Wir waren noch nie eine Schunkelband – und werden auch gewiss nie eine werden“, betont Eric. „Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, merkt sicher, dass es wenig Fröhliches zu besingen gibt, also tun wir es auch nicht. Sicher, die Liebe bleibt immer, aber wir sind erwachsene Menschen und sehen den ganzen Mist, der sich überall auftürmt. Das Album ist düster, düsterer sogar als unsere anderen Alben – und es war nicht immer einfach für mich, diese Worte zu singen. Bei ›Mir allein‹ etwa, dem Song über diesen wahnsinnigen Typen, der ein Kind entführt, einsperrt und missbraucht, habe ich mich erst gesträubt, das in der Ich-Perspektive zu singen. Aber anders hat es keine Kraft.“