Mit Sicherheit kein Retortenprojekt. Mit VITTJAR liefern Kaipa ein Album voller Atmosphäre.
Hans Lundin gehört nicht zu jener Spezies Mensch, für die früher alles besser war. Der schwedische Musiker weiß die Errungenschaften moderner Technologien zu schätzen, gleichwohl gehören die 1970er für ihn zu den aufregendsten Epochen der Musikgeschichte: „Damals kamen Un-mengen an neuen Instrumenten, Effektpedalen und Equipment auf den Markt“, schwärmt er, „für mich als Keyboarder war dies eine riesige Herausforderung.“
Mittlerweile, so Lundin, habe sich das Tempo der Entwicklung verlangsamt und fokussiere sich vor allem auf Computer und digitaler Technologie. Auf VITTJAR, dem neuen Album seiner Band Kaipa, ist von dieser raumgreifenden Digitaltechnik jedoch nur wenig zu hören. Kaipa zelebrieren ihren tiefmelodischen Prog Rock ähnlich archaisch wie zu Beginn ihrer Karriere vor 40 Jahren. Da wirkt nichts gehetzt, nichts gegen den Strich gebürstet oder pseudoprogressiv dem vermeintlichen Zeitgeist geschuldet. VITTJAR ist ein Album voller Atmosphäre, schöner Momente und sphärischer Klangwelten. „In meinem Hirn fließt ein endloser Strom von Worten, Ideen, Bildern und Melodien, es fühlt sich mitunter an, als ob eine stumme Band in meinem Kopf spielt“, erklärt Lundin die Entstehung seiner Songs. Bis 2008 hatte er in einem Plattenladen in Uppsala gearbeitet und ist seit der Schließung quasi Privatier. Doch auch der unfreiwillige Vorruhestand als CD-Verkäufer hat sein Gutes, findet der Tastenvirtuose: „So bleibt mir mehr Zeit, mich noch stärker auf Kaipa zu konzentrieren.“