Den Großteil seines Musikerlebens hat Mick Rogers als Gitarrist und Sänger in Manfred Mann’s Earth Band verbracht. Nun will er verlorenen Boden gutmachen. Den Anfang markiert sein just erschienenes Soloalbum SHARABANG.
Mick Rogers genießt den ersten sonnigen Tag des Frühlings im Kreise seiner Familie, als wir ihn daheim in England anrufen. 67 Jahre alt wird der Brite in wenigen Monaten, doch an einen Rückzug ins Privatleben denkt er noch lange nicht. Im Gegenteil, derzeit ist er so aktiv wie nie zuvor. Neben ausführlichen Touraktivitäten mit der Earth Band wird er dieses Jahr auch mit seiner Rockabilly/Blues-Band The Bad Apples unterwegs sein und Uwe Ochsenknechts neue All-Star-Band unterstützen. Außerdem trägt er sich mit dem Gedanken, unter dem Namen Solar Fire ein Trio zusammenzustellen, um sein neues Soloalbum auch live auf die Bühne zu bringen. „Sonst passiert nicht viel“, sagt er augenzwinkernd.
Der Grund für Rogers’ derzeitige Arbeitswut ist denkbar simpel: Er bereut es, dass er sich lange Zeit nur auf eine Band konzentriert hat. „Ja, das ist in der Tat so”, bestätigt er freimütig. „So fantastisch die Gruppe auch ist, manchmal habe ich schon das Gefühl, zu lange am Rockzipfel der Earth Band gehangen zu haben.“ 1971 gründete er die Band gemeinsam mit Manfred Mann, doch schon lange davor stand für ihn fest, dass ein regulärer Job für ihn nicht infrage kommen würde. „Bei mir drehte sich von Anfang an alles um die Musik“, erzählt der Spross einer Musikerfamilie. „Als ich die Jazz-Platten hörte, die mein Onkel immer spielte, und begann, in unserer Familienband mitzuspielen, war klar: Nichts anderes will ich machen! Ich habe mal sechs Monate in einem Schuhladen gearbeitet, aber das war der einzige normale Job, den ich je hatte.“
Auch die Sessions zu seinem neuen Solowerk dürften sich kaum wie Arbeit angefühlt haben, entstand SHARABANG doch vor dem Urlaubspanorama der österreichischen Alpen. Nachdem Rogers die Demos zu Hause noch allein am Computer programmiert hatte, machte er bei den Aufnahmen gemeinsame Sache mit Könnern wie Keyboarder Matt Rollings und dem Drum’n’Bass-Brüderpaar Gregg und Matt Bissonette. Vor allem die Zusammenarbeit mit Schlagzeug-Legende Gregg machte ihn sehr glücklich. Er muss immer noch grinsen, wenn er daran denkt, wie ihn die Zusage des Trommlers im Tourbus erreichte. „Das war einer der besten Anrufe, den ich je bekommen habe“, erinnert er sich.
Das Herzstück von SHARABANG sind metallisch-progressiv schimmernde Songs wie ›Cutting Me To Pieces‹, bei denen sich Rogers als Instrumentalist richtig austoben kann. Doch auch eingängige Coverversionen, wie sie ihn bei der Earth Band sein ganzes Musikerleben lang begleitet haben, finden sich auf der Platte. Er selbst hätte zwar am liebsten obskuren Songs aus den 50ern einen Psychobilly-Anstrich verpasst oder Stücke von Jazzer Ornette Coleman in ein neues Licht gerückt, letztlich beugte er sich aber den Wünschen des Labels und interpretierte Klassiker von den Doobie Brothers, Marvin Gaye, Hall & Oates und der Steve Miller Band neu. Dabei diente ihm vor allem viel Jamming als Basis. „Sobald ich den Song draufhatte, habe ich das Original vollkommen ausgeblendet“, verrät er. „Das haben wir bei der Earth Band auch immer so gemacht. Als Manfred etwa ›Blinded By The Light‹ aufnahm, hatte er nur noch eine vage Idee davon, wie die Nummer ursprünglich geklungen hatte. Wenn du einem Song wirklich deinen Stempel aufdrücken willst, hörst du dir das Original am besten nicht allzu oft an.“