Eine Mammutaufgabe
Die Melvins unplugged? Eigentlich fast unvorstellbar, leben ihre Konzerte doch von Buzz Osbournes Gitarren-Gewittern und der brachialen Wucht, mit der Dale Crover seine Drums bearbeitet. Aber wer die Melvins kennt, weiß, dass sie nur allzu gerne die Erwartungen ihrer Fans auf den Kopf stellen. So auch bei ihrer ersten Retrospektive in fast 40 Jahren Bandgeschichte, FIVE LEGGED DOG. Mit 36 Songs auf vier CDs hat die Werkschau monumentale Ausmaße angenommen. Alte Melvins-Klassiker wie ›Honey Bucket‹ oder ›Night Goat‹ vom Album HOUDINI oder ›Revolve‹ von STONER WITCH hat man akustisch bisher so noch nicht gehört. Neben ›Revolve‹ ist das verspielte ›Pitfalls In Serving Warrants‹ einer der Höhepunkte des Albums, wie auch die Neuinterpretation des Fred-Neil-Klassikers ›Everybody’s Talking‹ mit Jeff Pinkus von den Butthole Surfers. Als Bassisten holten sich Buzz und Dale dieses Mal Steven McDonald von Redd Kross, der für das Rolling-Stones-Cover ›Sway‹ sogar das Gesangsmikro übernehmen durfte.
Das Experiment ist gelungen. Auch ohne Strom klingen die Melvins nie weichgespült oder gar gefällig. Das liegt nicht zuletzt an Dale Crover, der sich bei der Wahl der Waffen zwar für Jazzbesen entschieden hat, trotzdem jeden Schlag perfekt platziert. Für Die-Hard-Fans sicher ein echtes Muss, im Gesamtbild ist FIVE LEGGED DOG eventuell ein wenig zu monumental geraten.
7 von 10 Punkten
Melvins, FIVE LEGGED DOG, IPECAC/PIAS/ROUGH TRADE
Text: Tobias Wullert